Hochzeit im Herbst
Ausnahme?”
Sie ließ ihn wüten, bis das Zimmer aufgehört hatte, sich vor ihren Augen zu drehen. Er drohte ihr, sie zum Arzt zu bringen, sie im Krankenhaus untersuchen zu lassen. Schließlich hob sie die Hand und legte sie ihm über den Mund.
„Ich bin noch nie zuvor in meinem Leben in Ohnmacht gefallen und habe nicht die Absicht, dies zur Gewohnheit werden zu lassen. Ich wäre dir dankbar, wenn du dich jetzt beruhigen und mich aufstehen lassen würdest, ich muss nämlich nach dem Hähnchen sehen, es verbrennt mir sonst noch.”
„Hähnchen? Was hast du angestellt?”, fragte er noch einmal, half ihr jedoch auf und führte sie zu einem Stuhl.
„Ich habe gekocht. Und ich habe das Gefühl, dass es ganz gut geworden wäre. Vielleicht lässt sich ja noch etwas retten.”
Er schnaufte ungehalten, ging zum Wasserhahn, ließ Wasser in ein Glas laufen und reichte es ihr. „Hier, trink erst mal.”
Sie wollte ihm sagen, dass er es dringender benötige als sie, entschied sich dann jedoch dagegen. Gehorsam nippte sie an dem Glas. „Ich habe gekocht”, wiederholte sie, „und dabei meinen Gedanken freien Lauf gelassen. Doch plötzlich waren es nicht mehr meine eigenen Gedanken.
Sie waren klar – sehr persönlich, könnte man sagen. Aber es waren nicht meine, sondern die von Sarah.”
„Du hast dich nur in diesen ganzen Unsinn hineingesteigert.”
„Shane, ich bin ein sensibler Mensch. Aber auch rational. Ich weiß sehr genau, was passiert ist. Sie hat ein Hähnchen gebraten.” Kopfschüttelnd stellte Rebecca das Glas ab. „Ist es nicht seltsam, dass ich ausgerechnet heute, am 16. September, beschlossen habe, Regans Rezept auszuprobieren? Sarah hat in der Nacht vor der Schlacht ein Hähnchen gebraten.”
„Dann weißt du jetzt wenigstens, was sie damals gegessen haben.”
„Ja”, erwiderte sie fest, ohne sich von seinem Sarkasmus beeindrucken zu lassen. „Jetzt weiß ich es. Sie hat es gebraten, und dabei dachte sie über ihre Familie nach und über das Baby, mit dem sie schwanger ging. Sie machte sich Sorgen. Überlegte, wer wohl am nächsten Morgen tot sein würde. Die Soldaten lagen nicht weit vom Haus entfernt in ihren Unterständen und warteten auf den Beginn der Schlacht. Sie bereitete das Abendessen vor, und ihr Mann war draußen bei dem Vieh. Sie wünschte sich, dass er endlich ins Haus kommen möge, damit sie abschließen könnten. Sie machte sich Sorgen um ihn. Sie hatte alles getan, was in ihrer Kraft stand, um ihn aufzuheitern, doch ohne Erfolg.”
„Mir scheint, du arbeitest einfach zu viel”, wandte Shane vorsichtig ein.
„Und wahrscheinlich hat die Tatsache, dass morgen der Jahrestag ist, deine Fantasie ein wenig überreizt.”
Da sie sich jetzt wieder sicher auf den Beinen glaubte, erhob sie sich.
„Du weißt, dass das nicht wahr ist. Ebenso wie du weißt, was hier in diesem Haus ist, aber du hast beschlossen, es nicht zur Kenntnis zu nehmen. Das ist deine Entscheidung, und ich respektiere sie. Ich weiß sehr genau, dass du manchmal in der Nacht davon träumst und dass diese Träume dich beunruhigen. Aber genauso, wie ich es respektiere, dass du es vorziehst, diese Dinge zu verdrängen, erwarte ich von dir, dass du meine Umgehensweise damit ebenso respektierst.”
„Meine Träume gehen nur mich etwas an.”
„Nichts anderes habe ich eben gesagt. Und ich habe dich nicht gebeten, mir etwas zu erzählen.”
„Nein, du bittest mich nie um etwas, Rebecca.” Er schob die Hände in die Hosentaschen. „Du wartest immer nur ab, und das macht mich ganz verrückt. Mir reicht es allmählich.”
„Willst du, dass ich gehe?”
Als er nicht antwortete, wurde ihr kalt, und sie umarmte sich selbst, um sich zu wärmen. Doch ihre Stimme klang ruhig. „Nun, ich vermute, dann muss ich dich jetzt um etwas bitten. Es ist wichtig für mich, bis morgen hierzubleiben. Warum, kann ich dir nicht sagen, es ist nur so ein Gefühl. Ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du mir in dieser Hinsicht entgegenkommen würdest.”
„Kein Mensch hat dich gebeten zu gehen, oder?”, erwiderte er, jetzt wütend auf sich selbst. Warum kam plötzlich diese Panik? „Wenn du bleiben willst, bleib. Es ist überhaupt kein Problem, aber halt mich bitte aus dieser Sache raus, klar? Ich habe noch kurz zu tun, und dann fahre ich in die Stadt.”
„In Ordnung.”
12. KAPITEL
S hane erwog die Möglichkeit, sich zu betrinken. Natürlich wusste er, dass das nicht die Lösung seiner Probleme war, aber es hatte
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