Hochzeit im Herbst
nun. Die Leute übertreiben. Ein bisschen.” Zehn Minuten, dachte er.
Nein, fünf, verbesserte er sich gleich darauf. Fünf Minuten brauchte er, dann hatte er sich wieder regeneriert. „Hör zu, warum können wir nicht… oh Rebecca, woher weißt du …”
Sie hob lachend den Kopf und schaute ihm tief in die Augen. „Ich habe ein schnelles Auffassungsvermögen.”
„Zweifellos. Doch wie auch immer. Was hältst du von einer Dusche und einem anschließenden Nickerchen? Ich glaube nicht, dass ich dir im Moment viel Gutes tun kann, so ausgelaugt, wie ich bin.” Als ihr Mund immer tiefer glitt, schnappte er nach Luft. „Ah, wer weiß, vielleicht komme ich jetzt doch noch zu Kräften.”
„Darauf möchte ich wetten.”
Später, viel später, standen sie unter der Dusche. Rebecca beobachtete Shane, wie er den Kopf unter den scharfen Strahl hielt. Sie legte von hinten die Arme um ihn und presste ihren Mund auf seinen nassen Rücken.
„Danke.”
„Wofür?” Er drehte sich mit der Shampoo-Flasche in der Hand zu ihr um, gab eine kleine Menge auf seine Handfläche und begann ihr mit langsam kreisenden Bewegungen das Haar einzuseifen.
Als ihr der Seifenschaum in die Augen rann, blinzelte sie. „Du musst müde und hungrig gewesen sein, als du vorhin ins Haus kamst. Aber es ist dir dennoch gelungen, mich auf andere Gedanken zu bringen.”
„Ja, es war ein verdammt schwieriges Unterfangen. Ich wundere mich noch immer, dass ich es geschafft habe.” Belustigt schob er ihren Kopf unter den Wasserstrahl.
„Ich meine es wirklich ernst.” Sie prustete und versuchte sich den Seifenschaum aus den Augen zu reiben. Ohne Erfolg. „Du warst großartig. Ich werde es nie vergessen.”
„Ja. Das sagen sie alle.” Er lächelte, als sie sich zu ihm umdrehte und ihn mit zusammengekniffenen Augen ansah. „Das war doch nur Spaß.”
„Ich nehme an, du weißt, dass die meisten Hausunfälle im Bad passieren.”
„Ich habe davon gehört. Also pass gut auf dich auf.”
„Du vor allem.”
Wieder lachte er und küsste sie. „Aber wenn ich jetzt nicht augenblicklich etwas Anständiges zwischen die Zähne kriege, falle ich tot um.”
„Was hältst du davon, wenn ich dir eine Suppe warm mache?”
Er verzog gequält das Gesicht. „Muss das sein?”
Sie schnaufte ungehalten, duckte sich unter seinem Arm hindurch und stieg aus der Duschkabine. „Dann koch dir doch dein Essen selbst.”
Sein Lachen verfolgte sie bis ins Schlafzimmer, wo sie eilig in ihre Kleider schlüpfte.
11. KAPITEL
R ebecca wusste, dass sie ihre Abreise nicht mehr lange würde hinausschieben können. Je länger sie blieb, desto mehr gewöhnte sie sich an Shane. Aber sie wusste auch, dass sie noch niemals in ihrem Leben irgendwo so glücklich gewesen war wie hier.
Würde sie es schaffen, diese herrliche Zeit einfach hinter sich zu lassen?
Sie würde, entschied sie, während sie durch den Wald hinüber zur Farm wanderte. Sie musste es, und zwar nicht um ihretwillen, sondern wegen Shane. Das war sie ihm schuldig. Die Unverbindlichkeit ihrer Affäre war von Anfang an Teil ihres unausgesprochenen Abkommens gewesen. Was allerdings sie selbst anbetraf, war ihr längst klar geworden, dass sie Shane nie in ihrem Leben vergessen würde.
Und doch wurde es jetzt Zeit zu gehen. Es würde wehtun, sehr weh, aber sie würde es überleben. An einem gebrochenen Herzen starb man nicht.
Trotz alledem würde ihr das Leben jetzt, nachdem sie die Liebe kennengelernt hatte, leichter fallen.
Sie kannte die griechischen Tragödien gut. Jedes Glück hatte seinen Preis. Bald würde auch ihr die Rechnung präsentiert werden.
Morgen war der Jahrestag der Schlacht bei Antietam. Rebecca verspürte den unwiderstehlichen Drang, diesen Tag und vielleicht den nächsten noch auf der Farm zu verbringen. Dann würde sie zu Regan zurückkehren und versuchen, sich langsam an den Gedanken zu gewöhnen, dass sie wieder nach New York zurückfahren musste.
Als sie aus dem Wald trat, tauchte die Farm vor ihr auf. Noch nirgends war sie so glücklich gewesen, und hier hatte sie die große Liebe ihres Lebens gefunden.
Dafür sollte sie wirklich dankbar sein. Es gab nichts zu bereuen.
Ein lautes Hupen riss sie aus ihren Gedanken. Vor dem Wohnhaus der Farm kam ein Auto mit quietschenden Bremsen zum Stehen, einen Moment später wurde die Tür aufgestoßen, und eine rothaarige Frau stieg aus.
Die Entfernung war nicht so groß, als dass sie, als Shane aus dem Haus trat, sein breites Lächeln
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