Hochzeit in Glenrae
sie. Sie sah sein ungläubiges Gesicht und berichtigte sich: “Oder besser gesagt, fast. Ich hatte heute ein Bewerbungsgespräch.”
Stuart nickte. “Falls du dir Gedanken wegen Fergusson machst, er hat Glenrae verlassen. Es heißt, er sei nach Edinburgh gegangen. Für immer.”
Sie wagte kaum, die kritische Frage zu stellen. “Ist Marianne mit ihm gegangen?”
Stuart zuckte mit den Schultern. “Wer weiß?”
Stuart blieb zwei Tage und schlief im Gästezimmer. Er ließ nichts unversucht, um Jenna zur Rückkehr zu bewegen, aber sie blieb hart.
“Denk darüber nach”, beschwor er sie, bevor er sie zum Abschied küsste. “Ihr beide seid die einzigen Verwandten, die Louise noch hat, und sie will doch nur euer Bestes. Also gib dir einen Ruck.” Er drückte ihre Hand. “Komm heim, Jenna.”
Während der Rückfahrt war Stuart nachdenklich. Seine Gedanken kreisten um Duncan Fergusson.
Seltsamerweise schien Fergusson gar nicht zu merken, wie er auf Frauen wirkte. Marianne war wütend abgefahren, und Jenna … Stuart sah ihr trauriges Gesicht vor sich. Wusste Fergusson nicht, wie es um sie stand?
Stuart steigerte sich in seine Verbitterung hinein und verwünschte den Rivalen.
Die Dämmerung brach herein, als Stuart über die felsige Bergstraße fuhr, auf der Jenna den Unfall gehabt hatte. Nach einer Kurve sah er auch die Stelle, an der Sharon gestorben war. Die Erinnerung daran quälte ihn jetzt nicht mehr so wie früher. Die alte Rastlosigkeit stieg plötzlich wieder in ihm auf. Vielleicht war es Zeit, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und an ein neues Leben zu denken. An ein neues Leben woanders, nicht hier.
Vor Stuart tauchte das breite Doppeltor des alten Gutshauses auf. Die Eingangsbeleuchtung war eingeschaltet, und in der Auffahrt stand der schnittige Sportwagen, mit dem Fergusson in die Stadt zu fahren pflegte.
Zorn erfasste Stuart. Er würde Glenrae verlassen, doch das erst, nachdem er mit Fergusson einige Rechnungen beglichen hatte.
Stuart bog von der Straße ab und fuhr durch das Tor auf das Haus zu. Dort stellte er den Land Rover neben dem roten Sportwagen ab.
Die Eingangstür stand offen. Energisch straffte Stuart die Schultern und betrat entschlossen das Haus.
13. KAPITEL
Auf der Matte in der Diele fand Jenna zwei Briefe vor. Seufzend hob sie sie auf. Den ersten mit dem Schulaufdruck in der linken Ecke hatte sie erwartet. Der zweite war ebenfalls mit der Maschine adressiert und schien ein Geschäftsbrief zu sein. Doch dann bemerkte Jenna, dass er in Glenrae abgestempelt war. Sie lächelte. Also hatte Louise offenbar gelernt, mit dem Computer im Büro umzugehen.
Jenna nahm die Briefe mit in den Küchenbereich. Dort füllte sie den elektrischen Wasserkessel und schaltete ihn ein, ehe sie sich an den Tisch setzte und das Schreiben der Schule öffnete.
Mit unsicheren Fingern zog Jenna das Blatt heraus. Seit dem Vorstellungsgespräch waren über zwei Wochen vergangen, und sie hatte die Hoffnung fast aufgegeben, angenommen zu werden.
Nach Stuarts Besuch war Jenna die Stellenanzeigen regelmäßig durchgegangen, doch eine Lehrerinnenstelle wurde nirgends ausgeschrieben. Es war ihr jetzt wichtig, eine Anstellung zu finden, denn über Stuarts Vorschlag wollte Jenna gar nicht erst nachdenken. Eine Rückkehr nach Glenrae kam für sie nicht in Frage.
Langsam faltete Jenna das Blatt auseinander. Obwohl sie auf eine Absage vorbereitet war, schmerzte es, die Vermutung bestätigt zu sehen. Niedergeschlagen schob Jenna den Brief fort und legte den Kopf auf die Arme. Sie sehnte sich plötzlich nach einem Menschen, der sie tröstete, einer Schulter, an der sie sich ausweinen konnte.
Erst nach einer Weile fiel ihr Louises Brief wieder ein. Vielleicht würde er sie etwas von ihrem Kummer ablenken.
Überrascht stellte sie dann jedoch fest, dass das Schreiben nicht von ihrer Tante, sondern von der Schulkommission kam und eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch enthielt. Man riet Jenna, nicht mit dem Auto nach Glenrae zu kommen, sondern mit dem Zug bis zum Nachbarort zu fahren, wo sie abgeholt werden würde. Zum Schluss wurde sie um Bestätigung des vorgeschlagenen Termins gebeten. Unterschrieben war der Brief von einer Mrs. Elizabeth McCullogh.
Jenna las ihn ein zweites Mal, und plötzlich dämmerte es ihr. Dieses Angebot hatte sie Stuart zu verdanken. Das Schicksal schien zu wollen, dass sie nach Glenrae zurückkehrte.
Nach der soeben erhaltenen Absage war das Angebot verlockend. Was hatte sie
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