Hochzeit in Glenrae
“Miss Wilde, falls Duncan Louise noch nicht von Ihrem Unfall verständigt hat, dann werde ich es tun.”
“Danke.” Leise fügte sie hinzu: “Sie haben offenbar nichts gegen meine Verwandten, oder?”
“Nein, habe ich nicht. Aber Duncan scheint das Verzeihen schwerzufallen.” Dr. McRae schüttelte den Kopf. “Nun, unter den Umständen ist das jedoch verständlich.”
“Was sind das für Umstände?”, fragte sie. Jetzt würde sie hoffentlich erfahren, was Duncan Fergusson gegen ihre Tante hatte.
“Wenn Sie nicht Bescheid wissen, möchte ich mich dazu nicht äußern.” Dr. McRae tätschelte ihre Hand. “Sie werden es schon noch erfahren, vermute ich.”
“Vielleicht. Aber wenn, dann nicht von Duncan Fergusson.” Jenna seufzte. “Warum ist er nur so hart … so unversöhnlich?”
“Hart ist er schon”, pflichtete Dr. McRae ihr bei. “Aber das ist nur die raue Schale. Darunter schlägt ein Herz aus Gold.”
“Nach dem nur ein Narr graben würde”, entfuhr es Jenna leicht verbittert, und sie setzte mehr zu sich selbst hinzu: “Und das bin ich nicht.”
“Das hoffe ich, meine Liebe. Jedenfalls, was Ihre Gesundheit betrifft.” Der Arzt warf ihr einen mahnenden Blick zu. “Ich kann Ihnen nur raten, die Dinge ruhig angehen zu lassen.” Damit verabschiedete er sich und ging.
Es dauerte nicht lange, bis die Tür nach kurzem Klopfen erneut geöffnet wurde und Duncan Fergusson den Raum betrat. Im hellen Tageslicht sieht er jünger aus, fand Jenna. Sie schätzte ihn nun eher auf Anfang statt Ende Dreißig. Erschauernd musste sie sich eingestehen, dass er jetzt noch sehr viel stärker auf sie wirkte. Er war athletisch gebaut und trug eine hellbraune Reithose, blank polierte Reitstiefel, einen Pullover mit Polokragen und darüber ein leichtes Tweedjackett, das die kraftvollen Schultern betonte. Jenna musste daran denken, dass ihr Kopf am Abend daran geruht hatte, und ihr schoss das Blut in die Wangen.
Während Duncan Jenna schweigend musterte, wurde ihr bewusst, dass ihr langes goldbraunes Haar ungebändigt über das Kissen fiel.
Sie sah, dass der Blick ihres Gastgebers unterhalb ihres Halses verhielt, und bedeckte die Stelle unwillkürlich mit der Hand. Erst in diesem Augenblick merkte Jenna, dass das viel zu große Nachthemd, das Annie für sie herausgesucht haben musste, bis zum Ansatz ihrer Brüste offen war. Verwirrt versuchte sie, das Hemd zuzuknöpfen, doch ihre linke Hand schmerzte dabei so, dass ihr vor Anstrengung Schweißperlchen auf die Stirn traten.
Duncan gab einen ungeduldigen Laut von sich. “Kommen Sie, lassen Sie mich das tun.”
Jenna sog die Luft ein. “Das möchte ich nicht.”
“Machen Sie sich nicht lächerlich. Sie sind schließlich kein Schulmädchen mehr.”
Die Bemerkung ärgerte Jenna. “Ich bin nicht prüde, sondern habe einfach nur Prinzipien”, stellte sie klar.
“Freut mich, das zu hören.” Duncan schob ihre Hände fort und begann, die Knöpfe zu schließen, ehe sie ihn daran hindern konnte.
Die Berührungen seiner Finger jagten ihr Schauer über die Haut, und Jenna dachte unwillkürlich an die Liebkosung, die sie im Halbschlaf gespürt hatte. Die Erinnerung beunruhigte sie.
Duncans unbeteiligter Miene nach zu urteilen, war diese Betätigung für ihn eine wie jede andere auch. Er stand halb über Jenna gebeugt und war ihr so nah, dass sie die dichten dunklen Wimpern genauer betrachten konnte, die seine Augen überschatteten. Ihr Herz pochte so laut, dass sie sich fragte, ob er es hören konnte. Zum Glück war er mit dem Schließen der Knöpfe schnell fertig und richtete sich auf.
“So. Das war doch nicht weiter schlimm, oder?”
“Danke”, sagte Jenna mit einer Stimme, die ihr nicht recht gehorchen wollte.
Darauf runzelte er nur die Stirn.
“Ich habe das Gefühl, dass Sie über mein Hiersein nicht gerade glücklich sind”, bemerkte Jenna. “Aber keine Angst, ich erlöse Sie von mir, so bald ich kann.”
Duncan verzog die Lippen. “Sie wollen gehen?”
“Natürlich”, versicherte sie mit Nachdruck. “Am liebsten auf der Stelle. Aber der Arzt meinte, Suzie und ich brauchten heute noch Ruhe.”
Duncan kniff die Augen leicht zusammen. “Ich habe eher den Eindruck, dass es länger als einen Tag dauern wird, ehe Ihre Schwester wieder fit ist. Sie hat sich den Kopf ganz schön gestoßen.”
Jenna ließ sich nicht beirren. “Das ist mir klar. Aber so, wie ich Suzie kenne, ist sie morgen früh wieder springlebendig.” Sie konnte nur
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