Hochzeit in Hardingsholm
wenn sie sich nur ein bisschen anstrengte.
Linn begegnete seinem Blick. Schaute er sie prüfend an? »Uns drängt doch niemand«, sagte er, ganz so, als wüsste er tatsächlich, was in ihr vorging.
Unsinn!, beruhigte Linn sich selbst. Erik konnte keine Gedanken lesen.
Aber mit der Intuition eines Liebenden wird er spüren, dass du ihm nicht das gleiche Gefühl entgegenbringst! Da war sie wieder, diese kleine, gehässige Stimme tief in ihrem Innern, die sich nicht zum Schweigen bringen ließ. Also versuchte Linn, sie zu ignorieren.
»Zum Glück haben wir wegen deiner vielen Bauvorhaben die Hochzeitsreise erst im November geplant«, sagte sie.
Erik stellte die Vase mit dem Blumenstrauß auf den kleinen Beistelltisch neben ihrer Liege und strich ihr übers Haar.
»Ich war gestern übrigens mit Lars in der Firma«, sagte er.
Lars. Ausgerechnet. Er war der letzte Mensch, über den sie jetzt reden wollte.
»Und?« Mehr als dieses eine Wort brachte sie nicht heraus. Zum Glück schien ihm das nicht aufzufallen. Sein Gesicht wirkte jetzt kummervoll.
»Ich hätte mir so gewünscht, dass er ein wenig mehr Begeisterung zeigt. Er war beeindruckt, was aus der Firma geworden ist, und ich glaube auch, dass er das ehrlich gemeint hat, aber besonderes Interesse hat er an dem Unternehmen nicht, obwohl es ihm zur Hälfte gehört.«
»Das tut mir leid für dich«, sagte Linn leise und in der Hoffnung, dass sie die Unterhaltung über Lars damit beenden konnte. »Ich weiß ja, wie sehr du dich über seine Rückkehr gefreut hast.«
Erik schüttelte langsam den Kopf. »So wie Lars sich gestern ausgedrückt hat, ist es keine Rückkehr. Es gibt offensichtlich nichts, was ihn hier halten kann.«
Es gibt nichts, was ihn hier halten kann!
Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Schon damals hatte es nichts gegeben, was ihn hier halten konnte, und daran hatte sich offensichtlich nichts geändert.
Linn hatte nicht damit gerechnet, dass es noch einmal so wehtun konnte, und sie musste alle Kraft aufbieten, um überhaupt etwas sagen zu können.
»Ja.« Sie nickte und versuchte, ihre Stimme zu kontrollieren. »So ist Lars eben.«
»So ist er.« Erik beugte sich zu ihr hinab und gab ihr einen Kuss. »Ich muss los. Wir sehen uns später.«
Kurz darauf war sie wieder allein, und genau so fühlte sie sich auch. Nein, verbesserte sie sich in Gedanken. Einsam und sehr, sehr unglücklich.
– 42 –
I rgendwie hatte Linn sich verändert. Sie war zumindest anders als sonst. Er spürte deutlich, dass sie versuchte, ihm etwas vorzuspielen und so zu tun, als wäre alles wie immer.
Erik hatte über die Ursache für die Veränderung nachgedacht, war aber zu keiner eindeutigen Erklärung gelangt. Lag es an ihrer Krankheit oder an den unglücklichen Umständen?
Oder machte ihr in der Tat Lars’ Rückkehr zu schaffen oder vielmehr die Erinnerung an die glückliche Zeit mit ihm?
Erik hatte keine Ahnung. Zu guter Letzt fragte er sich sogar, ob es vielleicht nur an ihm lag, und gar nicht an Linn. Konnte es sein, dass er es war, der seine Umgebung plötzlich anders wahrnahm?
Auch bei ihm hatte sich etwas verändert, und das hing nicht nur mit der Rückkehr seines Bruders zusammen. Seit er Hellen das erste Mal gesehen hatte, vom Boot aus, wie sie auf dem Steg stand und seinen Blick erwiderte, seitdem war etwas anders. War alles anders …
Das Klingeln seines Handys riss ihn aus seinen Gedanken. Am anderen Ende ertönte Kalles aufgeregte Stimme.
»Hej, Kalle, was ist denn? Ich bin gerade auf dem Weg zu Paul Warborg.«
»Erik, du musst sofort kommen«, hörte er seinen Freund nervös ausrufen.
»Was ist denn passiert?« Erik war beunruhigt. Kalle klang sehr aufgeregt, was ungewöhnlich war. Normalerweise blieb der Freund selbst in kniffligen Situationen ruhig, und das war einer der Punkte, die ihn für die Stelle als Vorarbeiter qualifizierten.
»Ich bin auf Nils’ Baustelle. Wir haben die Polizei hier. Du musst herkommen. Sofort!«, rief Kalle drängend aus.
»Kalle, kannst du mir nicht einfach sagen, worum es geht?«
»Das weiß ich doch selbst nicht genau, aber die haben hier sämtliche Bauarbeiten gestoppt und wollen mit dir sprechen.«
Die Gedanken rasten in Eriks Kopf. Er verstand nicht, was die Polizei von ihm wollte, sicher war nur, dass die Situation ernst war. »Okay, Kalle«, sagte er. »Ich drehe sofort um, in spätestens einer halben Stunde bin ich da.«
Hätte Kalle ihn ein paar Minuten früher angerufen, wäre er mit dem Boot
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