Hochzeit in Hardingsholm
beständig! Erik war der Richtige …
Warum empfand sie es dann nicht so?
Linn hob das Buch auf, das Lars auf dem Tisch unter dem Fenster abgelegt hatte. Als sie es aufschlug, fiel ein Foto heraus. Linn starrte überrascht das Abbild ihres Gesichts an. Ein glückliches Gesicht aus einer Zeit, die, so kam es ihr vor, endlos lange zurücklag. Die sie nie zurückholen konnte, ebenso wenig wie vermutlich das Glück, das sie damals empfunden hatte. Warum hatte er dieses Foto immer noch? Dieses Foto hatte ihn nun offensichtlich auf seiner Reise durch die Welt begleitet. Warum hatte er es immer noch? Was bedeutete es ihm?
Er liebt mich, schoss es ihr durch den Kopf, wahrscheinlich hat er nie aufgehört, mich zu lieben. Diese Erkenntnis traf sie mit voller Wucht und mit ihr der Schmerz, dass selbst diese Liebe nicht ausgereicht hatte, um bei ihr zu bleiben.
Er war gegangen, und, so wurde ihr jetzt schlagartig bewusst, sie hatte nie aufhören können, ihn zu lieben. Sie hatte diese Liebe in den Hintergrund drängen, aber nie versiegen lassen können, das gestand sie sich in diesem Moment ein. Das Gefühl war überwältigend und raubte ihr für einen Moment den Atem.
In diesem Moment klingelte das Handy auf dem kleinen Tisch unter dem Fenster. Wie ertappt zuckte sie zusammen. In einem unbewussten Reflex griff sie danach und nahm das Gespräch an.
»Linn?«, vernahm sie Eriks zutiefst erstaunte Stimme.
»Ja, ich … ich …« Sie sah sich verzweifelt um. Wie sollte sie ihm erklären, dass ausgerechnet sie Lars’ Handy in der Hand hielt?
»Ich war gerade in Lars’ Zimmer, als sein Handy klingelte.«
Verflixt, und womit sollte sie ihren Aufenthalt hier begründen?
»Das Fenster!«, stieß sie hervor. »Das Fenster war offen, und ich wollte es schließen.«
Sie war eine schlechte Lügnerin, und ihr Gestammel würde Erik mit Sicherheit misstrauisch machen.
»Er hat also nicht mal sein Handy mitgenommen«, hörte sie Erik sagen. »Verdammt!«
In Linns Erleichterung, dass er ihre Unruhe offensichtlich nicht bemerkt hatte, mischten sich sofort Schuldgefühle. Denn der Klang seiner Stimme verriet ihr, dass Erik sehr aufgebracht war.
»Erik, was ist los? Du klingst so nervös?« Sie versuchte, sich auf ihn zu konzentrieren.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte er, aber Linn kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass das ganz und gar nicht stimmte.
»Wir haben ein kleines Problem in der Firma«, fuhr Erik fort, »und deshalb wollte ich kurz mit Lars sprechen. Die Firma gehört ihm schließlich zur Hälfte, und da könnte er sich auch einmal kümmern.«
Unterdrückter Ärger schwang in seiner Stimme mit. Linn wollte etwas sagen, aber Erik kam ihr zuvor.
»Entschuldige bitte, Linn, aber ich muss hier dringend etwas regeln. Mach dir keine Gedanken, und ruh dich schön aus.« Damit beendete er das Gespräch.
Linn legte auf und platzierte das Handy wieder auf dem Tisch. Langsam verließ sie das Zimmer. An der Tür schaute sie noch einmal zurück und konnte nicht verhindern, dass eine Träne aus ihrem Augenwinkel rollte.
Mit einer heftigen Bewegung wischte Linn sie weg. Sie hatte genug geweint. Die Vergangenheit lag hinter ihr, und jetzt wurde es Zeit, endlich in die Zukunft zu schauen. Dieses Gefühl tief in ihr, ihre Liebe zu Lars, die konnte sie nicht verdrängen, würde sie vermutlich nie verdrängen können. Aber sie konnte und wollte nicht zulassen, dass sie damit den Menschen verletzte, der in den letzten Jahren für sie da gewesen war: Erik.
Linn nickte entschlossen. Erik war jetzt der Mann an ihrer Seite. Sie konzentrierte ihre Gedanken auf den Mann, den sie heiraten würde, immer noch, und plötzlich wurde ihr klar, dass er in Schwierigkeiten war. Mit Erik oder vielmehr mit der Firma stimmte etwas nicht. Er hatte von einem kleinen Problem gesprochen, aber allein die Tatsache, dass er es erwähnte, war ungewöhnlich. Außerdem hatte seine Stimme eine andere Sprache gesprochen.
Mit einem Ruck schloss Linn die Tür hinter sich. Fest entschlossen, nie wieder zurückzublicken. Erik brauchte sie jetzt, nur das zählte.
– 44 –
E rik hatte das Gespräch kaum beendet, als seine Sekretärin zu ihm ins Büro trat.
»Rechtsanwalt Martens ist mit seiner Familie in Urlaub gefahren. Das Anwaltsbüro ist zurzeit nicht besetzt, da läuft nur der Anrufbeantworter.«
»Klasse!«, stieß Erik hervor. Er hörte selbst, wie zynisch seine Stimme klang. Es war, als hätte sich alles gegen ihn verschworen.
»Und
Weitere Kostenlose Bücher