Hochzeit in Hardingsholm
weiß«, sagte er. »Aber vielleicht willst du einfach nur ein wenig Gesellschaft haben. Ich könnte dir ein bisschen was von meinen Reisen erzählen.«
Ihre Brauen zogen sich finster zusammen. »Es wäre mir lieber, wenn du gehst.«
»Linn, ich …«
»Bitte, Lars«, unterbrach sie ihn. »Mir geht es so schon nicht gut, und dein Auftauchen macht es für mich nicht leichter.«
»Das tut mir leid«, sagte er. Er fühlte sich hilflos. »Ich hatte gehofft, du freust dich über mein Kommen.«
»Da hast du dich eben getäuscht«, sagte sie bissig.
Lars wandte sich frustriert um, drehte sich in der Tür aber noch einmal um.
Linn schaute ihm nach, aber ihr Blick war so unversöhnlich, dass er nichts mehr sagte. Er verließ das Zimmer und wusste, dass alles, was ihn und Linn einmal verbunden hatte, unwiderruflich vorbei war.
– 39 –
L inn wahrte mit Mühe die Fassung, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Keinen Moment zu früh. Die Tränen strömten aus ihren Augen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.
Sie hatte in den letzten Stunden Zeit genug gehabt, über alles nachzudenken. Zu viel Zeit eigentlich, sie hatte gegrübelt, bis sie Kopfschmerzen bekam, und auch danach nicht aufhören können.
Fünf Jahre waren eine lange Zeit, doch immer wenn sie Lars sah, kam es ihr vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass er mit seinem spitzbübischen Lächeln, dem ewig verstrubbelten Haar und dem Charme des kleinen Jungen, dem sie nie böse sein konnte, vor ihr gestanden hatte. Immer wenn sie auf ihn sauer gewesen war, hatte er sie einfach in den Arm genommen und geküsst, bis sie wieder lachte und ihren Ärger vergaß.
Fünf Jahre konnte er nicht einfach wegküssen. Okay, er hatte es auch nicht versucht, aber wenn, dann würde sie es nicht zulassen.
Wirklich nicht?
Als die Tür nun wieder geöffnet wurde, wischte Linn sich erschrocken die Tränen aus den Augen. Trotzdem sah ihre Mutter ihr sofort an, dass etwas nicht stimmte.
»Was ist los?«, fragte Edda stirnrunzelnd.
»Musst du einfach so hier reinstürmen?«, fuhr Linn sie an. Sie fühlte sich ertappt. Ganz abgesehen davon wollte sie auf die Frage nicht antworten … Konnte nicht antworten …
»Entschuldige bitte, dass ich mir Sorgen um dich gemacht habe«, erwiderte Edda spitz.
»Mir geht es gut«, behauptete Linn, obwohl sie genau wusste, dass ihr das Gegenteil anzusehen war.
»Und was wollte Lars von dir?«, wollte Edda aufgebracht wissen.
Ihre Mutter hatte ihn also aus ihrem Zimmer kommen sehen! Linn holte tief Luft. »Er wollte nur wissen, wie es mir geht.« Obwohl sie die Wahrheit sagte, klang es wie ein Lüge. Kein Wunder, dass ihre Mutter ihr ganz offensichtlich nicht glaubte.
»Und nur weil er wissen wollte, wie es dir geht, weinst du?«
»Bitte, Mama, lass mich doch jetzt einfach mal zur Ruhe kommen. Im Moment ist sowieso alles kompliziert genug.«
»Es wird Zeit, dass ihr endlich heiratet, Erik und du«, stieß ihre Mutter hervor. »Damit hier alles wieder normal wird.«
»Ja.« Linn nickte gehorsam, weil sie wusste, dass sie ihre Mutter damit am besten zum Schweigen brachte. Sollte Edda doch glauben, dass sie selbst den Tag der Hochzeit herbeisehnte. Ob ihre Mutter wirklich daran glaubte, dass sich mit einer Hochzeit alles wieder einrenkte?
Aber vielleicht hat sie ja auch recht, dachte Linn. Vielleicht wird wirklich alles gut, wenn ich endlich mit Erik verheiratet bin.
U nd was ist, wenn Lars hierbleibt? , flüsterte ihr eine kleine, gehässige Stimme zu. Was ist, wenn du erst einmal mit Erik verheiratet bist und Lars jeden Tag begegnen musst? Wenn er in diesem Haus hier lebt, das ja auch sein Elternhaus ist und ihm zur Hälfte gehört?
Was ist, wenn er hierbleibt und irgendwann eine andere Frau kennenlernt?
Linn schüttelte die Gedanken ab. »Ich bin müde, ich will schlafen«, sagte sie matt. Sie fühlte sich in der Tat erschöpft.
Edda sah aus, als wollte sie noch etwas sagen, doch dann nickte sie und verließ zu Linns Erleichterung endlich das Zimmer.
Linn verkroch sich in ihrem Bett, zog die Decke über die Ohren, um die kleine, gehässige Stimme nicht mehr hören zu müssen. Aber sie war da, tief in ihrem Inneren, und schürte weitere Zweifel an allem, was ihr bisher richtig und gut erschienen war.
– 40 –
L ars stand schon am Steg, als Hellen das Flugzeug vor Hardingsholm wasserte und neben ihm auslaufen ließ. Er wartete erst gar nicht, bis sie ausstieg, sondern öffnete die Tür, warf seinen Rucksack nach
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