Hochzeit in St. George (German Edition)
»Wen meinen Sie wohl damit?«
»Hetty und unseren guten Hugh. Ach, ich habe wohl vergessen zu erwähnen, daß Hugh uns begleitete. Er will bei deinem Vater um Hettys Hand anhalten, wenn mich mein Gefühl nicht trügt, Richard.«
»Hugh will Hetty heiraten?« vergewisserte sich Catharine.
»Er muß von Sinnen sein«, stellte Richard mit brüderlicher Inbrunst fest. Nun war auch George hervorgetreten, um den Gast zu begrüßen.
»Sieh an, George«, näselte der Beau. »Ich hatte nicht damit gerechnet, Sie hier vorzufinden. Man sollte meinen, Rampstade Palace biete mehr Attraktion als dieses äh… dieses düstere Landhaus hier. Wann hat es das wohl je gegeben: Alle Willowby-Geschwister einig unter einem Dach versammelt. Und euer Cousin Alfred dazu. Wie muß sich euer Vater freuen…«
»Vater ist tot.« unterbrach ihn Richard.
Seine Lordschaft stutzte. »Nein, wie mich das trifft!« sagte er schließlich spöttisch. »Hast du ihn umgebracht, Richard?«
»Unsinn!« fuhr sein Freund auf.
»Wir haben uns eben gefragt, wer Vater am meisten haßte«, konnte sich George nicht verkneifen zu sagen. »Und da sind uns eigentlich nur Sie eingefallen.«
Lord Bridgegate schien diesen Einwand zu erwägen. »Sie haben recht«, sagte er schließlich. »Ich dürfte ihn tatsächlich am meisten gehaßt haben. Dennoch habe ich nie ernstlich daran gedacht, ihn zu ermorden. Ich kann kein Blut sehen, wissen Sie. Aber nun Scherz beiseite : Der Viscount wurde doch nicht wirklich ermordet. Er starb eines natürlichen Todes, so hoffe ich.«
»Du hoffst vergeblich. Vater wurde tatsächlich umgebracht.«
»Umgebracht!« rief Hettys Stimme von der Tür her. »Hugh, hast du gehört, Papa wurde umgebracht! Ist das nicht schrecklich?«
»Das ist es in der Tat, mein Herz«, bestätigte Lord Deverell, der hinter seiner Braut aufgetaucht war und sich nun daranmachte, alle Anwesenden zu begrüßen. Hetty brach in herzerweichendes Schluchzenaus und ließ sich in einen der breiten Chippendale-Stühle in der Halle fallen. Catharine eilte zu ihr, um sie zu trösten.
»Ich habe nicht gedacht, daß dir Vaters Tod so zu Herzen geht«, meinte Riehard und legte ihr brüderlich den Arm um die Schulter.
»Aber natürlich tut er das!« schluchzte Hetty. »Wie sollen wir denn eine rauschende Verlobungsparty geben, wenn Papa eben verstorben isti Ach, es ist so ungerecht!«
An diesem Tag vergaß Richard sein Vorhaben, den Sekretär nach Georges Erbverzichtserklärung abzusuchen. Die Ankunft der Freunde brachte Leben nach Wild Rose Manor. Alle Gästezimmer mußten aus ihrem jahrelangen Schlaf geweckt werden, die Betten gelüftet, frisch überzogen, die Staubschicht entfernt, und die Schränke, in denen sich allerlei Gerumpel angesammelt hatte, mußten leergeräumt werden. Mrs. Mellvin war in ihrem Element. Sie erteilte den Dienstboten immer wieder neue Aufträge und schien so geschäftig zu sein, daß sie ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit kaum in die Nähe der Herrschaften kam. Der kleine Hermes lief vor Aufregung jauchzend von einem Zimmer ins andere, spielte mit dem Schaukelpferd, das in einem der Schränke gefunden worden war, und klatschte vergnügt in die Hände, wenn ein Erwachsener sich zu ihm niederbeugte, um ihm Geschichten zu erzählen oder, wie George, kleine Zauberkunststücke vorzuführen.
»Ein Sohn von Ihnen?« näselte der Beau, als er George und den Jungen beisammenstehen sah. Die blonden Köpfe über ein farbiges Bilderbuch gebeugt. George drehte sich zu ihm um und grinste. »Nicht, daß ich wüßte.«
»Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend«, stellte nun auch Richard fest. »Warst du nicht doch vor vier Jahren einmal in der Gegend und hast eines der Landmädchen beglückt?«
»Mädchen beglückte« echote Hermes.
»Der Junge ist ein Neffe von Mrs. Mellvin, der Haushälterin«, erklärte Catharine rasch. »Sie hat sich um den elternlosen Buben gekümmert, und der Viscount hatte nichts dagegen, ihn im Hause zu behalten. Wir werden ihm das doch auch erlauben, nicht wahr, Richard?«
»Aber sicher werden wir das«, bestätigte ihr Gatte mit einem liebevollen Lächeln.
»Der Neffe der Haushälterin«, wiederholte der Beau entgeistert. »Ich habe noch in keinem anderen Haus je etwas von einem Neffen einerHaushälterin gehört. Geschweige denn davon, daß. dieser in die Hausgemeinschaft aufgenommen wurde.«
»Wild Rose Manor ist eben anders«, erklärte Richard nicht ohne Stolz. »Wer möchte nun den Garten besichtigen? Alfred
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