Hochzeit in St. George (German Edition)
unternahmen mit Hetty weite Ausritte. Sie fuhren nach Winchester, um mit Hugh die Kathedrale zu besichtigen, die er noch nicht kannte. Und sie machten einen Besuch bei Lord Matthews, dem Bruder von Lady Christlemaine, und dessen Gattin, die Nachbarn von Wild Rose Manor waren. Am vierten Tag beschlossen sie, den Pfarrer aufzusuchen, um mit ihm den Hochzeitstermin festzulegen und die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Da Hetty in Trauer um ihren Vater war, sollte die Trauung im kleinsten Rahmen stattfinden. Allzu viele Vorbereitungen waren daher nicht nötig.
Catharine und Richard blieben lieber in der Nähe des Hauses, sie durchstreiften den Park, begleitet vom kleinen Hermes, der ihnen kaum von der Seite wich. Gemeinsam überlegten sie, ob es Roger wohl gelingen würde, Sir Streighton davon zu überzeugen, daß Catharine seine rechtmäßige Ehefrau war. Und sie mutmaßten immer noch, wer der Mörder von Richards Vater gewesen sein könnte. Auch das Motiv der Tat blieb weiterhin unklar. Auch wenn inzwischen – durch einen Zufall – so gut wie feststand, welches die Tatwaffe gewesen war. Das hatte sich am zweiten Tag nach dem Besuch beim Friedensrichter herausgestellt. Die Familie und Hugh waren bereits beim Abendessen versammelt und warteten auf den ungebetenen französischen Gast, der sich wieder einmal erheblich verspätete.
»Was ich dich schon lange fragen wollte, Ric…«, begann George mit einem skeptischen Blick auf die die Wände schmückenden Gemälde. »Seit wann hast du die Vorliebe für die griechische Mythologie entdeckt? Überall diese Bilder…« Er hob eine kleine Steinfigur vom Buffet hoch und betrachtete sie skeptisch: »… abgeschlagene Götterstatuen…«
»Du kannst mir glauben, daß das nicht meinem Geschmack entspricht. Die Bilder werden umgehend ausgewechselt, sobald ich die Probleme gelöst habe, die zur Zeit meine Kräfte in Anspruch nehmen.Nein, Vater oder besser gesagt Mrs. Mellvin hat das antike Griechenland nach Wild Rose Manor gebracht. Ich habe nicht mit ihr darüber gesprochen, aber die Haushälterin soll ein großes Faible für das griechische Altertum haben. Vater hat sie frei schalten und walten lassen. Was mich daran erinnert: Ich muß unbedingt daran denken, sie aufzufordern, mir die Truhe mit dem Geld zu übergeben. Vater hatte auch die Verwaltung des Vermögens in ihre Hände gelegt.«
»Die Haushälterin schwärmt für die alten Griechen«, wiederholte George kopfschüttelnd. »Und deshalb stehen hier halb kaputte Statuen herum.«
»Deshalb stehen Statuen herum«, Richard nickte. »Aber warum sprichst du von kaputten Statuen? Ich habe noch keine gesehen, die…« Er hielt inne, als George ihm den kleinen Apoll übergab. Der Kopf war Vom Rumpf getrennt Ein unsachgemäßer Versuch, beide Teile zu verbinden, war offensichtlich gescheitert.
»Seltsam«, rätselte Richard. »Ich kann mich noch gut erinnern, die Statue in der Hand gehabt zu haben. Das war vor dem Abendessen mit meinem Vater. Und da war sie mit Sicherheit noch unbeschädigt.«
»Durch einen Fall auf den Boden kann dieser Schaden nicht entstanden sein«, mutmaßte George. »Es scheint, als habe jemand die Figur mit voller Wucht auf einen anderen harten Gegenstand geschlagen.«
Richard stutzte. »Es klebt kein Blut an den Teilen.«
»So etwas läßt sich abwaschen«, sagte George.
»Ihr meint…?« fragte Catharine, und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Die beiden Männer nickten.
»Ihr meint was?« wollte Hetty ungeduldig wissen.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Roger trat ein.
Damit war die Möglichkeit vorüber, dieses Thema weiter zu erörtern. Es sah also ganz danach aus, als sei die kleine Steinfigur das Werkzeug gewesen, das der Mörder benützt hatte, um den Viscount zu erschlagen. Als der Inspektor am nächsten Tag erschien, wurde er von diesem Verdacht umgehend informiert. Er wiegte nachdenklich das Haupt und begutachtete den Apoll von allen Seiten. Vor allem die Tatsache, daß man versucht hatte, die Statue zu reparieren, fand sein hohes Interesse.
»Entweder war der Täter ein Mann, der in räuberischer Absicht dasHaus betreten hatte, vom Viscount überrascht worden, und aus Angst, erkannt oder festgehalten zu werden, hatte er zugeschlagen«, erklärte er seinem Assistenten, als sie Wild Rose Manor verlassen hatten. »Dagegen sprechen jedoch drei Tatsachen. Welche sind das Ihrer Meinung nach, MacWindell?«
»Vielleicht, daß sich in dem Haus kaum etwas zu
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