Hochzeit in St. George (German Edition)
rutschte ungeduldig auf seinem Stuhl hin und her. »Roger ist ein Schwein!« rief er aus. »Ich habe ihn nie leiden können.« Catharine warf ihm ein spöttisches Lächeln zu, sagte aber nichts.
»Du sollst die Lizenz haben«, meinte er schließlich. »Ich werde mich selbst zum Bischof begeben.«
»Danke«, sagte Catharine gerührt und küßte ihren Bruder auf die Wange. »Man möge sie in die Mount Street bringen.«
»Ja, ist in Ordnung. Esther braucht es ja nicht zu erfahren, nicht wahr? Sie ist immer ungehalten, wenn ich jemandem etwas verspreche, ohne sie vorher zu fragen. Ich werde auch nicht zur Trauung kommen können. Weißt du, wir beherbergen zur Zeit wichtige Gäste. Sir Thomas Streighton und seine Gattin Bianca. Er ist einer der mächtigsten Grundbesitzer in Sussex und Friedensrichter für Winchester. Esther ist ganz stolz auf diese Bekanntschaft. Zur Zeit sind sie zu dritt in der Stadt, um Einkäufe zu erledigen. Ich fürchte, sie werden bald zurück sein…«
Catharine erhob sich. »Ich habe verstanden«, sagte sie. »Du möchtest nicht, daß ich ihnen begegne. Mir soll es recht sein. Mach dir keine Gedanken um die Trauung. Es wird nur ein Fest im kleinen Rahmensein.« Sie zog sich ihre Handschuhe an und begann sie an den Handgelenken zuzuknöpfen. »Was ich noch fragen wollte: Was ist eigentlich aus der Kutsche geworden, die Papa für mein Debüt bauen ließ?«
»Die steht in den Stallungen«, erklärte ihr Bruder. »Esther lehnt es ab, damit zu fahren. Der Wagen ist zu schlicht für ihren Geschmack. Möchtest du, daß ich ihn zu Willowby bringen lasse?«
»Ja, das wäre freundlich. Vielleicht hast du auch Pferde dazu, die du erübrigen kannst.«
Henrys Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. »Ich werde sehen, was sich machen läßt«, sagte er schließlich. »Esther kennt sich bei Pferden nicht aus. Sicher fällt es ihr nicht auf, wenn zwei fehlen. Wir haben eine ganze Anzahl im Stall.«
»Danke, Bruder«, sagte Catharine aufrichtig. »Du kannst mir meine Aussteuer ebenfalls in die Mount Street schicken. Du weißt schon, all die Sachen, die ich zur Hochzeit mit Roger bekam und die zu sperrig waren, als daß ich sie nach Frankreich hätte mitbringen können. Die Sachen gibt es doch noch?«
Henry nickte: »Sie müssen irgendwo auf dem Speicher stehen. Ich werde Charles, den Diener, beauftragen, sie zu suchen. Esther fährt übermorgen zu ihrer Cousine. Dann haben wir die Möglichkeit, alles in die Mount Street zu transportieren.«
Catharine bedankte sich noch einmal, küßte ihren Bruder zum Abschied auf die Wange und trat dann in die Halle hinaus.
Mrs. Blenchem hatte auf sie gewartet: »Werden Sie wieder zu uns ziehen, Mylady?« fragte sie. »Das Haus ist so grau und trist ohne Sie gewesen.«
Catharine schüttelte bedauernd den Kopf. »Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, Mrs. Blenchem«, antwortete sie. »Aber ich gedenke mich zu verheiraten und mich in der Mount Street niederzulassen.«
Zu ihrer Überraschung brach die gute Frau in Tränen aus: »Ich habe so gehofft, daß Sie wieder zu uns zurückkommen. Es ist kein Leben mehr in diesem Haus. Ihre Gnaden ist mit allem unzufrieden. Nichts kann man ihr recht machen. Und noch dazu muß man jeden Tag fürchten, daß sie einen hinauswirft. Wie sie es mit dem guten alten Mr. Burly gemacht hat. Ohne Zeugnis hat sie ihn davongejagt. Hätte er nicht zu seinem Bruder nach Chelsey ziehen können, er wäreförmlich auf der Straße gestanden. Ich besuche Mr. Burley alle vierzehn Tage, wenn ich meinen freien Nachmittag habe, und versuche ihn aufzuheitern. Er würde so gerne wieder arbeiten. Doch ohne Zeugnis hat er dazu keine Chance. Ist das nicht wirklich ungerecht, Mylady? Ich würde auch gern dieses kalte, unfreundliche Haus auf der Stelle verlassen. Wenn ich nur eine andere Stelle fände, würde ich sogar für weniger Lohn arbeiten. Aber wer nimmt schon eine alte Frau wie mich in seine Dienste?«
»Ich werde sehen, wie ich Ihnen helfen kann, Mrs. Blenchem«, meinte Catharine und legte der Dienerin beruhigend ihre Hand auf den Unterarm. »Bitte seien Sie nicht mehr traurig. Ich lasse bald wieder von mir hören, das verspreche ich Ihnen. Doch nun muß ich mich beeilen.«
Der Butler eilte pflichtschuldig herbei, um die Tür zu öffnen. Sie bat ihn, ihr eine Droschke zu rufen, und verließ ohne weiteren Aufschub das Haus.
Als sie die Eingangshalle von Lord Willowbys Haus in der Mount Street betrat, stand Mr. Richard Willowby am
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