Hochzeit in St. George (German Edition)
zur Last zu fallen«, sagte sie statt dessen. »Ich werde mich wieder verheiraten. Doch dazu brauche ich deine Hilfe.«
»Du willst wieder heiraten? Das geht aber ungewöhnlich schnell. Dein Mann ist doch noch kaum unter der Erde…«
»Gervais ist genau heute vor einem Jahr gestorben. Und du kannst wohl nicht von mir verlangen, daß ich länger um ihn trauere als unbedingt nötig.«
Henry errötete, sagte jedoch nichts dazu. »Wen willst du jetzt heiraten? Und wie kann ich dir dabei helfen?«
Der Butler erschien mit einem Krug und zwei Gläsern, die er mit formvollendeter Geste füllte. Catharine wartete, bis sie wieder allein waren, und nahm einen Schluck Limonade, bevor sie antwortete: »Ich heirate Richard Willowby. Du kennst ihn vielleicht. Er ist nicht viel jünger als du.« Dabei sieht Henry aus, als könnte er Willowbys Vater sein, dachte sie. Kaum zu glauben, daß zwischen ihrem vor Kraft und Lebensfreude strotzenden Verlobten und ihrem Bruder nicht mehr als sechs Jahre Altersunterschied lagen.
»Willowby!« rief der Herzog aus. »Warum ausgerechnet er? Willowby ist ein Spieler, ein leichtsinniger Tunichtgut, ein…«
Catharine unterbrach diese Aufzählung: »Roger ist ebenfalls ein Spieler, ein leichtsinniger Tunichtgut Und doch hattest du gegen diese Heirat nichts einzuwenden.«
»Du hast ja nicht Roger geheiratet, sondern seinen Onkel…«, fuhr Seine Gnaden auf.
Catharine preßte die Lippen zusammen. »Du wußtest es!« sagte sie.
»Du wußtest über das schändliche Spiel Bescheid, das man mit mir getrieben hat. Und du hast nicht eingegriffen!«
»Aber, aber Esther meinte, es wäre zu deinem Besten…«, gab ihr Bruder reichlich kleinlaut von sich.
»Esther meinte, Esther dachte…«, wiederholte seine Schwester ungehalten. »Ich will den Namen Esther nie wieder hören. Und du tust mir leid, mein lieber Bruder. Du hast dich in einen ängstlichen Schwächling verwandelt. Der sogar seine eigene Schwester verrät. Du kannst stolz auf dich sein.«
Henrys Kopf sank auf seine Brust. »Es tut mir so leid«, flüsterte er und wagte es nicht, seiner Schwester ins Gesicht zu sehen. »Ich weiß, ich hätte dich warnen sollen. Aber ich hatte Esther mein Wort gegeben, Catharine, ich bitte dich, daß du mir verzeihst. Ich habe mir jahrelang die schlimmsten Vorwürfe gemacht. Bitte, Catharine.«
Seiner Schwester taten ihre harten Worte bereits wieder leid. Es war Esther, der ihre ganze Verachtung galt. Nicht Henry, der so armselig und verlassen seine Tage in der Bibliothek zubrachte, die Beine in eine Decke gehüllt.
»Ist alles wieder gut, Henry«, beruhigte sie ihn. »Was ist mit deinen Beinen geschehen? Kannst du sie nicht mehr bewegen?«
»O doch, Catharine. Aber nur unter großen Schmerzen. Wenn ich sie warm halte, ist es besser. Kalter Luftzug schadet mir. Die Ärzte sagen, ich habe die Gicht von Großmutter Milwoke geerbt. Du weißt, sie saß schon im Rollstuhl, als wir noch Rinder waren. Und sie ist ziemlich früh gestorben.« Er sagte das in einem Tonfall, als würde auch sein Tod unmittelbar bevorstehen. Und als hätte er sich mit dieser Tatsache abgefunden.
»Aber so kann es doch nicht weitergehen!« Catharine konnte es nicht glauben. »Frische Luft würde dir sicher guttun. Vielleicht möchtest du etwas im Park spazieren? Und der Verzicht auf Alkohol soll wahre Wunder wirken. Hast du das schon einmal versucht? Es muß doch einen Weg geben, daß du wieder gesund wirst.«
Der Herzog schüttelte müde den Kopf. Er hat sich aufgegeben, dachte Catharine bitter. Sicher war Esther auch daran schuld. »Du kennst doch den Bischof?« fragte sie dann. »Ich brauche dringend eine Speziallizenz.«
Ihr Bruder erwog den Gedanken. »Das sollte kein Problem sein«, sagte er schließlich. »Wenn du Willowby wirklich heiraten willst? Wann soll die Trauung stattfinden?«
»Morgen. In der St.-George-Kirche hier am Hanover Square. Mr. Willow by ist eben dabei, mit dem Pfarrer Kontakt aufzunehmen.«
»Morgen schon!« rief der Herzog, die trüben Augen weit aufgerissen.
»Warum diese Eile?«
»Weil ich irgendwo wohnen muß. Hier will mich Esther nicht haben. Und ein Hotel ist mir zu teuer«, fuhr ihn Catharine ungehalten an.
»Zu teuere« wiederholte er ungläubig. »Aber dein Mann muß dir doch ein Vermögen hinterlassen haben.«
»Hat er«, bestätigte sie. »Aber Roger macht es mir streitig. Er behauptet, ich hätte das Testament gefälscht. Nun streiten die Advokaten.«
Henry war sichtlich empört und
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