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Hochzeit in St. George (German Edition)

Hochzeit in St. George (German Edition)

Titel: Hochzeit in St. George (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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Diese stand noch immer auf halb acht.
    »Ach, die Uhr geht schon lange nicht mehr«, verkündete Kermin, der ihrem Blick gefolgt war. »Hat ja auch schon lange keiner mehr daraufgesehen. Ich werde mich gleich darum kümmern, daß sie repariert wird.« Er nahm die Uhr vom Kaminsims und verließ das Zimmer. Widerwillig schlüpfte Catharine in ihr schwarzes Kleid. »Letzter Tag!« sagte sie laut. »Und dann trage ich nie wieder schwarz. Nie, nie, nie wieder.« Mit geübten Fingern schloß sie die Häkchen, bürstete ihr dunkelblondes Haar und befestigte den Schleier über ihren Locken. Heute war Gervais’ Todestag. Ein Jahr war seither vergangen. Es schien nun schon viel weiter zurückzuliegen. Und morgen würde sie heiraten. Wenn Henry die Lizenz beschaffen konnte. Höchste Zeit, daß sie sich beeilte, um ihren Bruder aufzusuchen.
    Im Frühstückszimmer stand der einzige Tisch des Erdgeschosses. Er war nicht groß und bot Platz für acht Personen. In diesem Raum hatte Kermin für das Frühstück gedeckt. Eine Kanne mit heißemTee stand bereit. Eier und Speck brutzelten über der Warmhalteplatte. Und eben kam der Diener mit frisch gebackenem Toast. Er rückte Catharines Stuhl zurecht und fragte, ob sie noch etwas wünsche.
    »Nein, vielen Dank«, entgegnete Catharine. »Das sieht ja wirklich sehr verlockend aus. Schläft Miss Hetty noch?«
    Kermin nickte. »Hat noch kein Lebenszeichen von sich gegeben«, sagte er und wollte sich zurückziehen. »Wenn Sie gestatten, Madam, ich muß mich um den Lunch kümmern.«
    »Ich möchte in einer halben Stunde ausfahren. Gibt es einen Wagen, den ich benützen kann?«
    Kermin schüttelte bedauernd den Kopf. »Wir haben nur einen Wagen, den Phaeton von Master Richard. Mit dem ist der Herr eben selbst unterwegs…« Er unterbrach sich und griff sich mit einer Geste der Verlegenheit an den Nacken. »Und wenn ich es mir recht überlege, kann ich mir nicht vorstellen, daß Master Richard seinen Wagen ausleiht. Er ist nämlich nagelneu, wissen Sie.«
    »Wo wird das Fahrzeug untergebracht?« wollte Catharine wissen.
    »Oh, wir haben einen Stall in den Mews gleich in der Nähe. Master Richards Reitpferd Thunderbird ist auch dort eingestellt. Brian betreut sie. Ist ein passabler Bursche, dieser Brian. Kommt auch aus Winchester. Er schläft gleich oberhalb der Stallungen.«
    »Wäre dort noch Platz für eine weitere Kutsche und ein bis zwei Reitpferde?« erkundigte sich Catharine.
    »Aber sicher wäre da Platz«, antwortete der Diener. »Als Mylady noch am Leben war, wurden zwei weitere Fahrzeuge dort eingestellt. Ein Landauer und die altmodische Reisekutsche. Und Platz für Pferde gibt es auch genug. Warum fragen Sie, Madam? Haben Sie vor, sich einen Wagen zuzulegen?«
    Catharine breitete die weiße Serviette über ihren Schoß. »Ich weiß es noch nicht. Ich möchte nur alles hier kennenlernen, damit ich mich besser zurechtfinden kann. Wären Sie so freundlich, mir heute nachmittag das Haus zu zeigen?«
    Kermin verbeugte sich und sagte mit einem breiten Lächeln: »Gerne Madam, sehr gerne. Soll ich Ihnen in einer halben Stunde eine Droschke rufen?«
    »Ja bitte, das wäre eine gute Idee«, stimmte Catharine zu, bevor sie sich endgültig dem Frühstück widmete.
    Sie erreichte das Haus ihres Bruders kurz nach elf Uhr. Nachdem sie den Droschkenfahrer entlohnt hatte, blieb sie einige Augenblicke unschlüssig auf dem Gehweg stehen und betrachtete eingehend die erhabene Fassade. Ihr Elternhaus war ein breites, elegantes Gebäude. Sicherlich um ein vielfaches größer als jenes Haus, das ihrem künftigen Schwiegervater gehörte. Ein von acht Säulen getragener Vorbau schützte den Eingang. Vier weiße Marmorstufen führten zur Eingangstür. Der Türklopfer aus Messing in Form eines Löwenkopfes glänzte im Schein der Vormittagssonne. Hier war sie aufgewachsen, und doch hatte sie nicht das Gefühl, nach Hause zu kommen. Was Henry wohl sagen würde, wenn sie ihm so unerwartet gegenüberstand? Und Esther? Catharine straffte die Schultern. Sie würde sich vor ihrer Schwägerin nicht fürchten. Im Gegenteü. Sie war gekommen, um sich ihr rechtmäßiges Eigentum abzuholen, und sie würde sich von niemandem davon abhalten lassen. Energisch betätigte sie den Türklopfer. Der Butler, der öffnete, war ihr unbekannt. Was war wohl aus dem alten Burley geworden, der unter ihrem Vater hier gedient hatte? Er konnte doch noch keine sechzig Jahre alt sein. Seltsam, daß man ihn durch einen jüngeren Mann

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