Hochzeit in St. George (German Edition)
liebte sie Roger nicht mehr. Aber das ging ihn wirklich nichts an.
Sie liebt ihn also noch, dachte er, beharrte aber nicht darauf, das Thema weiter zu verfolgen. »Um elf Uhr«, sagte er statt dessen. »Ich habe den guten Earl of Aberfield schon verständigt. Gibt es jemanden, den sie dabeihaben möchten? Verwandte vielleicht?«
Catharine schüttelte den Kopf. »Nein, meine Verwandten werden nicht zur Trauung erscheinen. Ich habe aber eine Freundin, die ich gerne einladen würde. Leider habe ich sie in den letzten Jahren aus den Augen verloren. Und nun weiß ich nicht, wie ich sie erreichen könnte. Da Sie selbst aus der Nähe von Winchester stammen, haben Sie vielleicht von ihr gehört. Sie heißt Sophia Matthews. Kennen Sie sie? Wissen Sie, ob sie sich zufällig gerade in London aufhält?«
»Sophia Matthews?« rief Richard aus, »natürlich kenne ich sie. Sie ist die Frau meines Cousins Christlemaine. Und sie ist wirklich Ihre Freundin, sagen Sie? Das nenne ich einen Zufall.«
»Sophia hat einen Earl geheiratet?« rief Catharine begeistert. »Das freut mich für sie. Sie ist doch glücklich?«
Richard zuckte die Schultern. »Warum sollte sie unglücklich sein? Christlemaine ist steinreich.«
»Das meine ich nicht«, fuhr Catharine ungeduldig auf. »Was ist Ihr Cousin für ein Mensch? Haben die beiden aus Liebe geheiratet?«
»Was weiß ich«, entgegnete ihr Verlobter nicht gerade interessiert.
»Max kann sehr arrogant und hochfahrend sein. Aber im Grunde genommen ist er kein übler Kerl. Am besten, Sie fragen sie selbst.«
»Das werde ich tun«, versicherte Catharine. »Gleich heute nachmittag werde ich sie aufsuchen. Hoffentlich ist sie zu Hause. Sie wissen sicher, wo sie wohnt.«
Richard nickte. »Am Berkeley Square«, sagte er. »Brian soll Sie kutschieren.«
Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln und erhob sich. »Das ist sehr freundlich, danke.« Sie wandte sich zum Gehen, als ihr etwas einfiel: »Der Schrank in meinem Zimmer ist voll mit Kleidern. Kermin sagt, sie haben Ihrer Mutter gehört. Spricht etwas dagegen, daß ich die Kleider für Hetty und mich ändern lasse, soweit das möglich ist?«
Richard lachte. »Im Gegenteil. Machen Sie damit, was Sie wollen. Je weniger Geld Sie für Putz und Tand ausgeben, je lieber ist es mir.«
Hetty zeigte sich von dem Vorschlag, die alten Kleider ihrer verstorbenen Mama für sie abzuändern, weit weniger begeistert. »Wie sieht denn das aus, Catharine?« fragte sie mit weinerlichem Tonfall, der ihre Enttäuschung kaum verbergen konnte. »Es ist doch mein Debüt. Du kannst sie ja nehmen, denn bei dir ist es ohnehin egal, wie du aussiehst.« Sie unterbrach sich, als sie Catharines verärgertes Gesicht bemerkte. »Na, ich meine, du bist doch eine Witwe und dann eine verheiratete Frau. Du mußt auf die Männer keinen Eindruck machen, nicht wahr? Aber ich muß ihnen gefallen. Lord Bridgegate wird mich keines Blickes würdigen, wenn meine Kleider nicht nach dem letzten Schrei sind.«
»Wem es nur auf deine Kleider ankommt, der hat dich nicht verdient«, warf Catharine trocken ein.
»Ach, du verstehst das nicht«, fuhr Hetty ungeduldig auf. »Vielleicht hast du zu lange im Ausland gelebt. Ich muß Lord Bridgegate gefallen! Ich muß einfach. Und da kann ich doch nicht mit alten Kleidern…«
»Wir wollen uns die Sachen erst einmal ansehen«, beschloß Catharineruhig. »Sicher lassen sich dabei einige Kleider so umarbeiten, daß man ihnen ihr Alter gar nicht ansieht. In den nächsten Tagen kommt ein gewisser Mr. Steanton, ein Gentleman, der deinem Bruder eine Menge Geld schuldet, und dann haben wir Mittel zur Verfügung, die uns erlauben, dir ein neues Abendkleid schneidern zu lassen. Na, wie klingt das?«
»Ein Abendkleid! Für das Geld, das dieser Mr. Steanton Richard schuldet, bekommen wir doch wohl mehr als nur ein Kleid!« rief Hetty aus. »Ich brauche eine ganz neue Garderobe!«
»Brauchst du nicht«, entgegnete Catharine kühl, als sie sich daranmachte, die Treppe in das obere Geschoß hinaufzusteigen. »Denn das Geld muß für den gesamten Haushalt für mindestens ein Jahr reichen.«
»Das sehe ich nicht ein!« begehrte Hetty auf. »Du hast gar nicht zu bestimmen, was mit dem Geld geschieht. Ich werde mit Richard sprechen.«
Catharine konnte ihre Wut nur mit Mühe unterdrücken. »Tu das!« rief sie Hetty zu, bevor sie sich endgültig in ihr Zimmer begab. Nicht zum ersten Mal hatte sie den Verdacht, daß es gar nicht so leicht sein würde, ihre
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