Hochzeit in St. George (German Edition)
Haushälterin versiegten, und sie blickte mit warmem Lächeln auf das junge Mädchen. Hetty hatte ihr altes Herz im Sturm erobert. »Ich danke Ihnen, Miss Hetty«, sagte sie feierlich.
»Natürlich brauchen wir eine Haushälterin«, sagte nun auch Catharine, an den Diener gewandt. »Die Arbeit wird Ihnen sonst zuviel. Ich möchte doch nicht, daß Sie sich unsertwegen völlig verausgaben.«
»Wie Sie meinen, Madam«, erwiderte Kermin, schon ein wenig besänftigt. »Ich werde die Koffer von Mrs. Blenchem in eines der beiden freien Zimmer unter dem Dach bringen.«
»Warten Sie, ich helfe Ihnen selbstverständlich«, meldete sich die Haushälterin zu Wort.
»Beeilen Sie sich bitte, Mrs. Blenchem«, sagte Catharine. »Wir haben nicht viel Zeit, und ich möchte gerne, daß Sie noch heute ein Kleid für mich ändern.«
Catharine hatte unter den Kleidern der Schwiegermutter auch ein langärmliges Abendkleid aus schwerer cremefarbener Seide entdecktDas Oberteil war hochgeschlossen und über und über mit kleinen Perlen bestickt. Es war in der Taille eng geschnitten und hatte einen schweren, breit gefütterten Rock mit angesetzter Schleppe. Natürlich waren in den letzten Jahren hochgezogene Taillen in Mode gekommen. Und doch sah man in den französischen Modezeitschriften, die sie sich aus Paris nach La Falaise hatte kommen lassen, bereits vereinzelt Kleider wieder mit engem Mieder. Sicher war diese Mode auch im Lady’s Journal zu finden. Und wenn nicht, würde Catharine eben Vorreiterin einer neuen Mode sein. Die Kleider waren viel zu schön, um im Schrank zu vermodern. Sie würden ihr gute Dienste leisten. Und das cremefarbene erschien ihr für die Hochzeit geradezu ideal. Sie war eben dabei, es anzuprobieren, als Mrs. Blenchem ihr Schlafzimmer betrat. »Sind alle Räume so spärlich möbliert, Miss Catharine, ich meine Mylady?« erkundigte sie sich.
Catharine nickte. »Alle.«
»Und die Vorhänge scheinen doch sehr ausgebleicht. Und Teppiche auf den Böden könnten nicht schaden.«
»Wenn es die Vorhänge und Teppiche sind, die für Sie das Leben ausmachen, können Sie gerne in das Haus meines Bruders zurückkehren«, antwortete Catharine trocken und fragte sich selbst verwundert, warum sie keine Kritik am Hause ihres künftigen Ehemannes vertrug.
»Aber nein, Mylady«, rief Mrs. Blenchem erschrocken. »Ich dachte nur, für Sie als Tochter eines Herzogs ist diese Umgebung nicht standesgemäß.«
Catharine seufzte. Sie wußte, daß Dienstboten meist viel kritischer in der Beurteilung waren, was ihrer Herrschaft angemessen war, als diese selbst. »Mrs. Blenchem, bitte nehmen Sie Platz. Ich habe Ihnen etwas zu sagen.« Sie wartete, bis sich die Haushälterin gesetzt hatte. »Hier im Haus weiß niemand, daß ich die Schwester des Herzogs von Milwoke bin, und dabei soll es auch bleiben.«
»Ja, aber…«, wollte die fassungslose Dienerin einwenden.
Catharine machte eine energische Handbewegung. »Ich habe meine Gründe«, sagte sie streng. »Und ich erwarte, daß Sie meinen Wunsch respektieren.«
»Auch Ihr Zukünftiger weiß nicht, wer Sie sind, Mylady?« Mrs. Blenchem konnte es nicht glauben.
»Auch mein Zukünftiger weiß es nicht. Und da dieser ein Mr. Willowbyist, können Sie sich bereits daran gewöhnen mich Madam zu nennen. Mylady bin ich erst wieder, wenn Mr. Willowby von seinem Vater die Würde eines Viscount geerbt hat. Aber das wird noch einige Zeit auf sich warten lassen. Und nun will ich Ihnen mein Brautkleid zeigen. Ich hoffe, es gefällt Ihnen und Sie sind in der Lage, es nach meinen Maßen abzuändern.«
Catharine hatte Glück. Die verstorbene Lady Willowby war, wie sie, eine schlanke, hochgewachsene Dame gewesen. Lediglich an der Oberweite hatte Mrs. Blenchem das Kleid einzunähen. Drei der vier Unterröcke wurden entfernt, denn der aufgebauschte Rock hätte verraten, daß das Kleid aus einer früheren Epoche stammte.
Als die schwere Seide schließlich in leichtem Schwung zu Boden fiel, war Catharine mehr als zufrieden. Sie würde keine unattraktive Braut sein.
»Mit meinen Haaren sollte etwas geschehen«, bemerkte sie, nachdem sie das Kleid von allen Seiten bewundert hatte. »Können Sie mit Kamm und Schere ebenso gut umgehen wie mit. Nadel und Faden?«
»Bedaure, nein, Mylady«, schüttelte die Haushälterin den Kopf. »Wenn Sie mir das Kleid nun geben würden. Ich möchte mich sofort an die Arbeit machen.«
Während Catharine aus dem Brautgewand schlüpfte, betrat Rosie das Zimmer.
Weitere Kostenlose Bücher