Hochzeit in St. George (German Edition)
überlassen«, antwortete Catharine kühl.
»Ich gehe jetzt nach oben. Wenn du wieder zur Besinnung gekommen bist, kannst du mir folgen und dich entschuldigen.«
Sie verließ das Zimmer, und die Tür fiel mit lautem Schnappen ins Schloß. Hetty blieb zurück, alles andere als reumütig.
Als sie kurz darauf ihren Bruder hörte, der nach Hause gekommen war, um sich für das Dinner umzuziehen, das er mit seinen Freunden in einem neu eröffneten Restaurant in der St. James Street einzunehmen gedachte, eilte sie in die Halle, um ihn zu begrüßen.
»Hallo, Hetty«, antwortete dieser kurz angebunden. »Ich hoffe, du hattest einen schönen Tag. Ich muß mich leider beeilen. Hugh wartet auf mich.« Er wollte an ihr vorübereilen, doch seine Schwester stellte sich ihm in den Weg. »Mr. Steanton hat heute den Scheck gebracht. Du weißt, das Geld, das er dir schuldete.«
»Natürlich weiß ich das. Gut, daß er ihn gebracht hat. Ich habe nie ernsthaft daran gezweifelt. Er ist ein ehrlicher Mann. Langweilig, aber ehrlich.«
»Catharine hat den Scheck. Stell dir vor, sie möchte ihn morgen zur Bank bringen.«
»In Ordnung«, nickte Richard. »Darf ich jetzt in mein Zimmer…«
»In Ordnung?!« fuhr Hetty auf. »Ist das alles, was du zu sagen hast? Es ist doch dein Geld, Richard. Oder etwa nicht? Du hast es gewonnen. Willst du wirklich, daß eine fremde Frau bestimmt, wofür es ausgegeben wird?«
Richard zog die Augenbrauen zusammen. »Eine fremde Frau?« erkundigte er sich verwundert.
»Na, Catharine. Sie ist schließlich keine Willowby. Sie ist…«
»Meine Frau, falls du das vergessen hast. Also du bist wirklich gut«, unterbrach sie ihr Bruder kopfschüttelnd.
»Aber doch nur dem Trauschein nach. In Wirklichkeit ist sie doch gar nicht deine Frau. Ihr habt getrennte Zimmer, ihr…«
Richards Miene verfinsterte sich zusehends. Zum einen hatte er es eilig und eine Abneigung dagegen, gegen seinen Willen aufgehalten zu werden. Zum anderen hatte er nicht die geringste Lust, ernsthaft über seine Ehe nachzudenken, geschweige denn mit irgend jemandem sein Eheieben zu besprechen. »Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten!« sagte er daher schroff. »Und jetzt entschuldige mich bitte.«
Hetty sah ihre letzten Felle davonschwimmen. Reue überkam sie. Vielleicht hatte sie sich doch zu ungestüm verhalten. Sie wollte doch nur so viel von dem Geld, daß sie einen hübschen Eindruck machte. War das denn zuviel verlangt? Das Selbstmitleid trieb ihr Tränen in die Augen, die in dicken Tropfen über ihre Wangen kullerten. Richard blieb aufseufzend stehen und legte seiner kleinen Schwester den Arm um die Schulter. Er konnte Frauen nicht weinen sehen. Sofort regte sich sein Mitgefühl. »Also gut, Hetty. Was ist dein Kummer?« wollte er wissen.
Catharine, die Stimmen gehört hatte, war auf den Flur hinausgetreten, um festzustellen, woher sie kamen. Als sie die beiden in brüderlichschwesterlicher Einigkeit in der Eingangshalle stehen sah, verharrte sie und blickte gespannt die Treppe hinunter. War es Hetty gelungen, ihren Bruder davon zu überzeugen, ihr den Scheck zu überlassen? Catharine straffte die Schultern. Nun, sie würde sich zur Wehr zu setzen wissen. Sie hatte ein Anrecht auf das Geld. War es nicht Bedingung dafür gewesen, daß sie der Heirat zugestimmt hatte?
»Ich wünsche mir so sehr ein paar neue hübsche Kleider, und Hüte und Umhänge…«, hörte sie Hetty unter Tränen stammeln.
Richard lachte befreit auf. »Wenn es weiter nichts ist. Catharine wird doch sicher dafür sorgen, daß du eine angemessene Garderobe bekommst.«
Seine Frau atmete im stillen auf. Es sah danach aus, als würde sich ihr Gemahl an ihre Absprache halten und nicht bedingungslos die Partei seiner Schwester ergreifen.
»Catharine will, daß ich Mamas Kleider trage. Sie will mir nur für den Debütantenball ein neues Kleid gönnen. Sonst lediglich Umhänge und Hüte.«
»Das erscheint mir recht vernünftig«, stellte Richard zu Hettys Empörung fest. »Und Catharine selbst? Kauft sie sich lauter neue Sachen?«
»Nein, das nicht«, mußte Hetty zugeben. »Sie läßt sich sogar die altmodischen Umhänge auf ihre Größe abändern. Aber darum geht es nicht. Keinen interessiert, wie Catharine aussieht. Es geht darum…«
Mit einem Ruck ließ Richard den Arm von Hettys Schulter fallen. »Mich interessiert sehr wohl, wie Catharine aussieht. Ich bin immerhin mit ihr verheiratet. Du bist wirklich ein selbstsüchtiges Ding, Hetty. Genau
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