Hochzeit in St. George (German Edition)
verständigt und der hatte einen Inspektor mit Begleitung geschickt. Zuerst hätten die Herren alle einzeln vernommen und wären wieder gegangen. Am Abend dann, als es dunkelte, seien die Uniformierten wiedergekommen und hätten Master Richard verhaftet. So sei auch aus der geplanten Reise nach London nichts geworden.
»Nach London?« erkundigte sich Catharine verwundert, noch ganz im Bann des Gehörten. »Was wollte mein Mann denn in London? Sicherlich gibt es auf Wild Rose Manor jetzt genügend für ihn zu tun.«
Kermin nickte. »Ja, das sollte man glauben, Madam. Aber Sie wissen ja, wie Master Richard ist. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, fragt er keinen um Erlaubnis. Und ausreden läßt er sich schon gar nichts.«
»Trotzdem seltsam«, meinte Catharine nachdenklich.
»Ja, das ist er eben. Der Inspektor muß irgendwie Wind davon bekommen haben, was Master Richard vorhat, und denkt jetzt, er wollte fliehen. Weil ihm doch aufgetragen worden war, sich nicht von Wild Rose Manor wegzubewegen und sich für weitere Befragungen zur Verfügung zu halten.«
»Aber wie kann der Inspektor davon erfahren habend?«
Kermin zuckte die Schultern. »Weiß ich nicht. Was mir Mr. Willowby, also Alfred Willowby, erzählte, der mit dem Inspektor gesprochen hat, so hat dieser ein anonymes Schreiben bekommen. Da sei das drinnen gestanden. Und auch Beweise, die Master Richard überführen sollen. Wie das gehen soll, weiß ich nicht, weil er's ja nicht gewesen ist.« Er gähnte, und seine kleinen Augen waren rot vor Müdigkeit.
»Wissen Sie was, Kermin, Sie legen sich jetzt für zwei oder drei Stundennieder. Länger haben wir leider nicht Zeit, denn wir müssen umgehend nach Winchester. Sie sind geritten, sagten Sie? Dann werden wir jetzt meinen Wagen nehmen. Ich werde Mrs. Blenchem anweisen zu packen. Und Rosie wird mich begleiten. Zu dumm, daß Hetty nicht da ist. Jetzt, nach dem Tod ihres Vaters, ist es völlig ausgeschlossen, daß sie weiter an Veranstaltungen der Saison teilnimmt. Am besten ist, sie kommt auch nach Wild Rose Manor. Also rasch, Kermin, auf Ihr Zimmer!«
Kermin hatte sich aufgerappelt und streckte Catharine mit dankbarem Lächeln die Hand hin. »Danke, Madam«, sagte er. »Ich wußte, daß Sie Master Richard nicht im Stich lassen. Natürlich fahre ich mit Ihnen. Wissen Sie schon, wie Sie ihn freibekommen?«
Diese Frage traf den Nagel auf den Kopf. Ihr erster Gedanke war gewesen, sich hilfesuchend an den Earl of Christlemaine zu wenden. Doch Max war am Vortag nach York gefahren, um auf seinem weitläufigen Landsitz nach dem Rechten zu sehen. Vielleicht sollte sie Sophia aufsuchen, damit diese ihr ein Schreiben für James Matthews mitgab. Dessen Besitzungen grenzten unmittelbar an Wild Rose Manor…
»Es ist nämlich unbedingt wichtig, daß Sie sich etwas einfallen lassen. Sir Thomas Streighton soll ein äußerst strenger Mann sein. Von festen Grundsätzen und hohem Standesdünkel. Es dürfte nicht leicht sein, ihn davon zu überzeugen, Master Richard freizulassen und nach dem wirklichen Mörder zu suchen«, unterbrach Kermin ihre Gedanken.
»Sir Thomas Streighton?« fragte Catharine zerstreut.
»Na, Streighton, der Friedensrichter«, erklärte Kermin. »Das Schicksal von Master Richard liegt in seiner Hand.«
»Streighton?« murmelte Catharine. »Sir Thomas Streighton?« Wo hatte sie diesen Namen nur schon einmal gehörte Henry! Henry war mit Sir Thomas Steighton befreundet! »Kermin, ich glaube, ich habe die Lösung!« rief sie aus. »Gehen Sie schlafen. Ich werde Sie wecken lassen, wenn ich reisefertig bin.«
Während sich Catharine für den Besuch bei ihrem Bruder umkleidete, gab sie Rosie genaue Anweisungen, was sie in die Koffer zu packen hatte. Ihre Kutsche war nicht für allzuviel Gepäck geeignet, und daher mußten die Kleidungsstücke mit Bedacht gewählt werden.
Was ich vergessen habe, werde ich mir in Winchester kaufen,dachte sie mit einem Anflug von Übermut. Bald würde das Geld aus Frankreich kommen, und dann war sie eine reiche Frau. Hoffentlich gelang es ihr, Richard freizubekommen, damit auch er sich darauf freuen konnte. Richard! Wenn sie an ihn dachte, hatte sie ein klammes Gefühl. Wie sah das Gefängnis wohl aus, in das sie ihn gesteckt hatten? Bekam er ordentlich zu essen? War er allein oder mußte er mit zwielichtigem Gesindel seine Tage verbringen? Energisch verbat sie sich jeden Gedanken daran. Es nützte nichts zu grübeln, sie mußte handeln.
»Ach, Mrs. Blenchem«,
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