Hochzeit in St. George (German Edition)
sagte sie, sich an die Haushälterin wendend, die soeben erschienen war, um einen Stapel frischer Wäsche in die Kommode zu schichten. Und wohl auch, um nachzusehen, in welch ungewöhnliche Vorgänge sie da nicht eingeweiht war. »Ich habe eine große Bitte, und ich weiß, ich kann mich auf Sie verlassen.« Die Haushälterin sah Catharine gespannt an. Diese kannte ihre Abneigung gegen öffentliche Verkehrsmittel und hoffte inständig, daß nicht allzuviel Zeit verlorenging, um mit Mrs. Blenchem die Pläne zu diskutieren, die sie für den kommenden Tag gefaßt hatte. »Ich würde es nicht von Ihnen verlangen, wenn ich eine andere Wahl hätte…«
»Aber, Mylady. Sie wissen doch, daß ich alles für Sie tue. Worum handelt es sich?«
Catharine mußte trotz ihrer Aufregung lächeln. »Oh, vielen Dank, Mrs. Blenchem. Ich wußte, daß ich mich auf Sie verlassen kann. Ich werde heute mit Kermin nach Wild Rose Manor fahren, da… da ein… da ein wichtiges Ereignis meine Anwesenheit dort notwendig macht. Wie Sie wissen, kommt meine Schwägerin, Miss Hetty, erst morgen vom Ausflug von Lady Willborough zurück.«
»Soll ich mich um Miss Hetty kümmern, solange Sie nicht da sind, Mylady?« erkundigte sich Mrs. Blenchem.
Catharine schüttelte den Kopf: »Nein, Miss Hetty muß auch nach Wild Rose Manor kommen. Und Sie, liebe Mrs. Blenchem, werden sie begleiten. Ich weiß, eine Postkutsche ist nicht sehr komfortabel. Aber es ist ja keine weite Strecke. Nur zwei Tage, und Sje sind in Winchester. Ich werde dafür sorgen, daß Sie dort von der Poststation abgeholt werden.«
»Zwei Tage!« rief Mrs. Blenchem aus. »Das überlebe ich nicht. Nein, wirklich, Mylady…«
»Sie wollen mich also im Stich lassen?« fragte Catharine nicht gerade freundlich.
Mrs. Blenchem seufzte. »Nein, natürlich nicht, Mylady«, sagte sie mit zusammengekniffenen Lippen.
»Das ist fein.« Catharine lächelte ihr dankbar zu. »Ich werde einen Stallburschen von Lord Yester bitten, zwei Plätze in der Postkutsche übermorgen zu buchen. Sie wissen, Lord Yester hat seine Pferde im selben Stall stehen, in dem wir unsere eingestellt haben. Ich werde selbst meinen Wagen holen, da wir keinen Mann im Hause haben außer Mr. Kermin, dem ich diese Aufgabe nicht zumuten will. Da kann ich persönlich mit einem Burschen sprechen. Er wird alles für Sie organisieren. Nehmen Sie nur das Nötigste mit. Ich werde Ihnen genug Geld mitgeben, damit Sie und Miss Hetty sich die besten Zimmer in der Poststation für die Übernachtung mieten können.«
Auch die weiteren Hürden, die Catharine vor ihrer Abreise zu überwinden hatte, waren ohne größere Schwierigkeiten zu meistern. Tim, der Stallbursche, der vom Stallmeister den Auftrag bekommen hatte, sich um Catharines Pferde zu kümmern, solange Brian in Winchester war, spannte die Pferde vor den Wagen und erklärte sich auch bereit, Catharine zum Haus des Herzogs von Milwoke zu kutschieren. Er wollte die Zeit, die sie bei ihrem Bruder verbrachte, dazu nützen, die beiden Plätze in der Postkutsche zu reservieren, und nach einer Stunde Catharine am Hanover Square wieder abholen.
Einem weiteren glücklichen Umstand hatte sie es zu verdanken, daß Henry zu Hause war, ihre Schwägerin Esther jedoch Einkäufe in der Bond Street erledigte. Ihr Bruder war nicht gerade begeistert von der Idee, seine Bekanntschaft mit Sir Thomas Streighton dafür zu verwenden, ein gutes Wort für seinen Schwager einzulegen. Er kannte Richard Willowby kaum. Und das, was er von ihm gehört hatte, ließ ihn nicht als den Mann erscheinen, den er gerne zu seiner Familie zählte. Gut, er war früher selbst ein flotter Bursche gewesen, wie er nicht ohne Stolz zugab, aber die Ehe mit der gestrengen Miss Esther Linchford hatte einen ernsten Mann aus ihm gemacht. Was war, wenn Richard Willowby seinen Vater tatsächlich umgebracht hatte? Wenn man seinem Ruf glauben konnte, war ihm das sehr wohl zuzutrauen. Dann verwendete er seinen guten Namen am Ende darauf, einen Mörder der gerechten Strafe zu entziehen. Allerdings waren da Catharines Beteuerungen, denen er sich nicht verschließen konnte.
Dazu kam das ständig schlechte Gewissen, das er seiner Schwester gegenüber empfand. Und die natürliche Abneigung dagegen, in einen Skandal verwickelt zu werden, der seine Familie und somit auch ihn und seine Gattin betraf. Welcher dieser Beweggründe letztendlich auch den Ausschlag gab, der Herzog griff zur Feder und schrieb Lord Streighton den gewünschten
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