Hochzeit kommt vor dem Fall
Abendessen bei uns bleiben?« fragte Mrs. Goodacre besorgt. »Oder hier übernachten? Unser Gästezimmer ist immer bereit. Fühlen Sie sich denn wirklich noch wohl in Talboys, nach dieser schrecklichen Geschichte? Ich habe zu meinem Mann gesagt, er soll Ihnen bestellen, wenn wir irgend etwas für Sie tun können –«
»Er hat uns diese freundliche Botschaft getreulich überbracht«, sagte Harriet. »Es ist sehr lieb von Ihnen. Aber wirklich und wahrhaftig, wir fühlen uns vollkommen wohl.«
»Na ja«, meinte die Pfarrersfrau, »Sie möchten wohl auch lieber allein sein, da will ich mich also gar nicht aufdrängen. In unserer Stellung mischt man sich ja immerzu in anderer Leute Dinge ein, zu deren eigenem Wohl, versteht sich. Aber es ist bestimmt eine schlechte Angewohnheit. Übrigens, Simon, die arme kleine Mrs. Sellon ist ganz durcheinander. Heute morgen war sie ganz krank, so daß wir schon nach der Bezirksschwester geschickt haben.«
»Ach ja, ach ja!« sagte der Pfarrer. »Die arme Frau! Das war ja auch eine ungeheuerliche Behauptung, die Martha Ruddle bei der Verhandlung aufgestellt hat. Daran kann bestimmt kein wahres Wort sein.«
»Mit Sicherheit nicht. Unsinn. Martha macht sich nur gern ein bißchen wichtig. Allerdings, wenn William Noakes auch tot ist, kann ich doch nichts anderes sagen, als daß er ein ziemlich nichtsnutziger Kerl war.«
»Aber meine Liebe, doch sicher nicht auf diese Weise?«
»Das weiß man nie. Aber ich habe nur gemeint, ich kann es Martha nicht verdenken, daß sie ihn nicht mochte. Bei dir ist das ja alles schön und gut, Simon. Du denkst an alle Menschen in Nächstenliebe. Und außerdem hast du mit ihm nie über etwas anderes als über die Gärtnerei gesprochen. Dabei hat ja eigentlich Frank Crutchley die ganze Arbeit gemacht.«
»Frank ist wirklich ein sehr guter Gärtner«, sagte der Pfarrer. »Er ist überhaupt sehr geschickt. Den Fehler an meinem Automotor hat er gleich gefunden. Er bringt es sicher noch einmal weit.«
»Bei dieser Polly geht er mir ein bißchen zu weit, wenn du mich fragst«, antwortete seine Frau. »Es wird höchste Zeit, daß sie das Aufgebot bestellen. Neulich kam mal ihre Mutter zu mir. Nun, Mrs. Mason, hab ich zu ihr gesagt, Sie wissen ja, wie die Mädchen so sind, und ich sehe ein, daß es heutzutage schwer ist, sie in der Hand zu behalten. An Ihrer Stelle würde ich einmal mit Frank sprechen und ihn fragen, was er für Absichten hat. Aber wir sollten jetzt nicht anfangen, über Gemeindeprobleme zu sprechen.«
»Es täte mir sehr leid«, sagte der Pfarrer, »wenn ich schlecht von Frank Crutchley denken müßte. Und auch von dem armen William Noakes. Ich nehme an, das ist alles nichts als Gerede. Mein Gott! Wenn ich mir vorstelle, daß er vorigen Donnerstag morgen, als ich ihn besuchen wollte, schon tot im Haus lag! Ich weiß noch, daß ich einen bestimmten Grund hatte, ihn sprechen zu wollen. Ich hatte ihm eine kleine Teesdalia nudicaulis für seinen Steingarten anzubieten – er mochte doch Steinpflanzen so gern. Mir war sehr traurig ums Herz, als ich sie heute morgen selbst hier eingepflanzt habe.«
»Sie sind ja noch ein größerer Pflanzennarr als er«, sagte Harriet, indem sie sich in dem schäbigen Zimmer umsah, das von Topfpflanzen auf Ständern und Tischen nur so überquoll.
»Ich fürchte, ich muß mich zu dieser Schwäche bekennen. Die Gärtnerei ist eine Leidenschaft von mir. Meine Frau sagt, sie geht zu sehr ins Geld, und ich nehme an, da hat sie recht.«
»Ich habe gesagt, er brauchte einmal einen neuen Priesterrock«, sagte Mrs. Goodacre lachend. »Aber wenn ihm Steinpflanzen lieber sind, ist das seine Sache.«
»Ich frage mich«, meinte der Pfarrer wehmütig, »was nun wohl aus William Noakes’ Pflanzen wird. Vermutlich gehören sie jetzt Aggie Twitterton.«
»Ich weiß es nicht«, sagte Peter. »Vielleicht muß alles verkauft werden, um die Gläubiger zu befriedigen.«
»Ach Gott, ja!« rief der Pfarrer. »Ich hoffe ja so sehr, daß jemand sich ordentlich darum kümmert. Vor allem um die Kakteen. Das sind empfindliche Wesen, und wir gehen auf den Winter zu. Ich weiß noch, wie ich vorigen Donnerstag zum Fenster hineingesehen und bei mir gedacht habe, daß es kaum unbedenklich für sie ist, sie in diesem Zimmer ohne Feuer zu lassen. Es wird Zeit, daß man sie für den Winter unter Glas stellt. Besonders diesen großen in dem Hängetopf und die neue Art, die er im Fenster stehen hat. Aber Sie heizen natürlich
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