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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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vergessen.«
    »Zum Teufel mit Noakes! Das heißt, so was sollte ich vielleicht nicht sagen. Es könnte stimmen. Ja, an den Pfarrer erinnere ich mich. Was war das dritte? Die Köchin, die den Mandelguß mit Blausäure gewürzt hat?«
    »Ja. Wie kommst du an so ein ausgesprochen billiges Blatt? Liest Bunter so etwas in seiner Freizeit?«
    »Nein. Bunter liest nur Photojournale. Aber es gibt ja auch noch so etwas wie Pressedienste.«
    »Was du nicht sagst. Wie lange sammelst du schon Zeitungsausschnitte?«
    »Fast sechs Jahre sind das jetzt, wie? Sie fristen ein verschämtes Dasein in einer verschlossenen Schublade, und Bunter tut so, als wisse er nichts davon. Wenn irgend so ein schamloser Kerl von einem hirnlosen Kritiker mir Magengeschwüre verursacht, schiebt er meine schlechte Laune höflicherweise auf das unfreundliche Wetter. Jetzt bist du mit Lachen an der Reihe. Irgend etwas brauchte ich ja, woran ich mich weiden konnte, hol’s der Kuckuck, und du hast mich nicht gerade mit Material überschüttet. Einmal habe ich drei Wochen lang von einer verspäteten Notiz im Punch gelebt. Bestie, Hexe, Teufelin – du könntest wenigstens sagen, daß es dir leid tut.«
    »Mir kann nichts leid tun. Ich habe ganz vergessen, wie das geht.«
    Er schwieg. Aus dem Springbrunnen war ein Bach geworden, der glucksend und glitzernd durch sein Bewußtsein strömte und in seinem Lauf zu einem Fluß anschwoll, der ihn mitriß und ihn in seinen Fluten ertränkte. Drüber zu reden, war unmöglich; er hätte sich nur in Trivialitäten flüchten können. Seine Frau sah ihn an, zog rücksichtsvoll die Beine an, wie um ihm ihr Gewicht von den Knien zu nehmen, und schickte sich an, sich seiner Stimmung anzugleichen.
    Ob sie, alleingelassen, jemals wieder aus dieser schweigsamen Trance erwacht oder, wie John Donnes entrücktes Paar, wie Grabstatuen stumm in dieser Stellung verblieben wären, bis die Nacht hereinbrach, ist ungewiß. Eine dreiviertel Stunde später kam ein älterer, bärtiger Mann mit einem quietschenden Pferdefuhrwerk den Hügel herauf. Er sah sie mit grüblerischem Blick an, ohne besondere Neugier zu verraten, doch der Zauber war gebrochen. Harriet sprang hastig von Peters Schoß und stand auf. Peter, der in London lieber gestorben wäre, als daß er sich in einer Umarmung der Öffentlichkeit gezeigt hätte, ließ sich erstaunlicherweise keinerlei Verlegenheit anmerken, sondern rief dem Fuhrmann einen herzlichen Gruß zu.
    »Steht mein Wagen im Weg?«
    »Nein, Sir, danke. Lassen Sie sich nicht stören.«
    »War mal ein schöner Tag.« Er schlenderte ans Tor, und der Mann hielt sein Pferd an.
    »Stimmt. War wirklich schön.«
    »Hübsches Fleckchen hier. Wer hat die Bank aufgestellt?«
    »Das war der Gutsherr, Sir; Mr. Trevor aus dem großen Haus drüben. Für die Frauen hat er das gemacht, weil die gern sonntags herkommen, mit Blumen und so. Die neue Kirche steht ja erst fünf Jahre, und es gibt ’ne ganze Menge Leute, die gern noch die Gräber hier auf dem alten Kirchhof pflegen möchten. Begraben wird natürlich jetzt keiner mehr hier, aber der Gutsherr hat gesagt, man kann es hier doch trotzdem nett machen. Ist ein ganz schöner Weg hier herauf, da werden Kinder und alte Leute doch recht müde. Darum hat er das gemacht.«
    »Dafür sind wir ihm sehr dankbar. War diese Sonnenuhr schon vorher hier?«
    Der Fuhrmann lachte leise.
    »Ach du lieber Gott, nein, Sir. Das war so ’ne Sache mit der Sonnenuhr. Der Herr Pfarrer hat das Oberteil im Müll gefunden, wie sie die alte Kirche abgerissen haben, und Bill Muggins hat gesagt: ›Da ist doch noch der alte Mühlstein, der gäbe ’ne schöne Grundplatte dafür ab, wenn wir noch ein Stück altes Regenrohr oder so was hätten, um es dazwischenzustecken.‹ Und Jim Hawtrey, der hat gemeint: ›Ich kenne da einen in Paggleham, der hat ein halbes Dutzend von diesen alten Kaminaufsätzen zu verkaufen. Wir wär’s denn damit?‹ Also hat er das dem Herrn Pfarrer gesagt, und der hat’s dem Gutsherrn gesagt, und dann haben sie die Sachen zusammengekauft, und Joe Dudden und Harry Gates, die haben das Ding in ihrer Freizeit mit ’ner Handvoll Mörtel zusammengesetzt; dann hat der Herr Pfarrer das Oberteil draufgesetzt, mit der Uhr in der Hand und ’nem kleinen Buch, damit sie die Zeit auch richtig anzeigt. Wenn Sie mal hinsehen, Sir, werden Sie feststellen, daß sie haargenau richtig geht. Natürlich geht sie im Sommer ’ne Stunde nach, weil sie sich nach Gottes Zeit richtet und wir

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