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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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könntest du genausoviel anfangen, schätze ich.«
    Miss Twitterton hielt sich die Ohren mit beiden Händen zu. »Ich höre dir nicht mehr zu – du bist verrückt – du bist –«
    »Du hast gedacht, du hast mich mit dem Geld deines Onkels gekauft, wie? Also – wo ist es?«
    »Wie kannst du so grausam sein? – nach allem, was ich für dich getan habe!«
    »Du hast was für mich getan, o ja! Mich zum Gespött gemacht und in eine ekelhafte Lage gebracht. Wahrscheinlich hast du sogar schon überall herumposaunt, daß wir nur noch beim Pfarrer das Aufgebot bestellen wollen –«
    »Ich habe nie ein Wort gesagt – wirklich, wahrhaftig, nie ein Wort.«
    »So, hast du nicht? Dann hättest du vorhin mal die alte Ruddle reden hören sollen.«
    »Und wenn ich was gesagt hätte«, rief Miss Twitterton mit dem letzten Mut der Verzweiflung, »warum denn nicht? Du hast mir immer wieder gesagt, daß du mich gern hast – du hast gesagt, daß du – daß du –«
    »Oh, hör doch auf damit!«
    »Aber du hast es gesagt. Du kannst doch nicht so grausam sein, das kannst du nicht! Du weißt ja nicht – du weißt ja nicht – Frank, bitte! Lieber Frank – ich weiß, daß es für dich eine bittere Enttäuschung war – aber du kannst das nicht ernst meinen, das kannst du nicht! Ich – ich – oh, sei doch nett zu mir, Frank – ich liebe dich ja so –«
    Sie warf sich wild flehend in seine Arme, und die Berührung ihr feuchten Wangen und ihres mageren Körpers ließ ihn sich in eine häßliche Wut hineinsteigern.
    »Verdammt noch mal, verschwinde! Nimm deine häßlichen Klauen von meinem Hals. Halt den Mund! Ich kann dich nicht mehr sehen.«
    Er riß sie von sich los und schleuderte sie so heftig auf die Bank, daß sie blaue Flecken davontrug und der Hut ihr komisch über ein Ohr rutschte. Als er auf sie hinuntersah und sich an ihrer hilflosen Lächerlichkeit und wimmernden Demütigung weidete, nahte das tiefe Dröhnen des Daimlers und verstummte vor dem Tor. Das Türschloß klickte, und Schritte kamen den Weg herauf. Miss Twitterton seufzte und schluckte und kramte blind nach ihrem Taschentuch.
    »Zum Teufel noch mal!« sagte Crutchley. »Da kommen sie.«
    Der Kies knirschte, und dazwischen hörte man zwei Stimmen, die leise miteinander sangen:
     
    » Et ma joli’ colombe
Qui chante jour et nuit,
Et ma joli’ colombe
Qui chante jour et nuit,
Qui chante pour les filles
Qui n’ont pas de mari –
Auprès de ma blonde
Qu’il fait bon, fait bon, fait bon,
Auprès de ma blonde
Qu’il fait bon dormi. «
     
    »Steh auf, du dumme Pute!« sagte Crutchley, indem er hastig seine Mütze suchte.
     
    » Qui chante pour les filles
Qui n’ont pas de mari,
Qui chante pour les filles
Qui n’not pas de mari –«
     
    Er fand seine Mütze auf der Fensterbank und setzte sie sich mit einem Ruck auf den Kopf. »Mach lieber, daß du hier rauskommst, schnell. Ich bin weg.«
    Die Frauenstimme erklang, allein und jubilierend:
     
    » Pour moi ne chante guère
Car j’en ai un joli –«
     
    Die Melodie, wenn schon nicht der Text, ließ Miss Twitterton so recht den schamlosen Triumph ins Bewußtsein dringen, und sie wand sich jammervoll auf der harten Bank, während draußen das Duett wieder anhob:
     
    » Auprès de ma blonde
Qu’il fait bon, fait bon, fait bon,
Auprès de ma blonde
Qu’il fait bon dormi. «
     
    Sie hob das verquollene, leiderfüllte Gesicht; aber Crutchley war schon fort – und der Text des Liedes fiel ihr wieder ein. Ihre Mutter, die Schulmeisterin, hatte es in einem Büchlein französischer Lieder stehen gehabt – obwohl das natürlich kein Lied war, das man Schulkindern beibringen konnte. Draußen auf dem Flur waren Stimmen zu hören.
    »Oh, Crutchley!« – selbstverständlich und befehlend.
    »Sie könnten den Wagen in die Garage stellen.«
    Und Crutchleys Stimme, farblos und respektvoll, als ob sie solch grausamer Worte gar nicht fähig wäre:
    »Sehr wohl, Mylord.«
    Wo hinaus? Miss Twitterton tupfte sich die Tränen vom Gesicht. Nicht in den Flur, wo sie alle waren – auch Frank – und womöglich kam Bunter aus der Küche – und was würde Lord Peter denken?
    »Haben Mylord heute abend sonst noch Wünsche?«
    »Nein, danke, das ist alles. Gute Nacht.«
    Der Türknauf bewegte sich unter seiner Hand. Dann die Stimme Ihrer Ladyschaft – warm und freundlich:
    »Gute Nacht, Crutchley.«
    »Gute Nacht, Mylord. Gute Nacht, Mylady.«
    Von Panik ergriffen, flüchtete Miss Twitterton blind die Treppe zu den

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