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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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nichts von Crutchley und Miss Twitterton erzählen!«
    »Er muß es natürlich wissen. Es ist ein Indiz, bis hierher zumindest. Die Frage ist, ob er verstehen wird –«
    »Peter – nein! Das kannst du nicht tun! Diese arme kleine Frau und ihre armselige Liebesaffäre. Du kannst nicht so grausam sein und das der Polizei erzählen – der Polizei, mein Gott!«
    Zum erstenmal schien er zu begreifen, was sie sagte.
    »Oh!« sagte er leise und wandte sich ab, das Gesicht zum Feuer. »Ich hatte gefürchtet, daß es dahin kommen würde.« Und dann über die Schulter:
    »Indizien darf man nicht unterdrücken, Harriet. Du hast zu mir gesagt: ›Mach nur zu.‹«
    »Da kannten wir diese Leute noch nicht. Sie hat es mir im Vertrauen erzählt. Sie – war mir so dankbar. Sie hat mir das im Vertrauen erzählt. Man kann doch Leuten nicht aus dem Vertrauen, das sie einem entgegenbringen, einen Strick drehen. Peter –«
    Er stand vor dem Feuer und starrte in die Flammen.
    »Das ist abscheulich!« rief Harriet fassungslos. Ihre Erregung brach sich an seiner Starrheit wie Wasser an einem Stein. »Es ist – es ist brutal.«
    »Mord ist auch brutal.«
    »Ich weiß – aber –«
    »Du hast schon gesehen, wie Ermordete aussehen. Also, ich habe die Leiche dieses Mannes gesehen.« Er fuhr herum und sah sie an. »Ein Jammer, daß die Toten so still sind; das läßt uns sie allzuleicht vergessen.«
    »Die Toten – die Toten. Wir sollten anständig zu den Lebenden sein.«
    »Ich denke an die Lebenden. Bis wir die Wahrheit ergründen, ist jede lebende Seele in diesem Dorf verdächtig. Willst du Sellon gebrochen und gehängt sehen, weil wir nicht reden wollten? Muß Crutchley unter Verdacht bleiben, weil das Verbrechen nie einem andern angelastet wurde? Sollen sie alle in Angst herumlaufen, weil sie wissen, daß ein unentdeckter Mörder unter ihnen ist?«
    »Aber wir haben keinen Beweis – keinen Beweis!«
    »Aber ein Indiz. Wir können uns nicht aussuchen, was uns paßt. Wenn auch jemand darunter leiden muß, wir müssen die Wahrheit herausfinden. Alles andere ist völlig belanglos.«
    Sie konnte das nicht leugnen. In ihrer Verzweiflung sprach sie das an, worum es ihr wirklich ging:
    »Aber müssen es deine Hände sein –?«
    »Aha!« sagte er in verändertem Ton. »Ja. Ich habe dir das Recht gegeben, mich das zu fragen. Du hast dir Ärger angeheiratet, als du mich und meine Arbeit heiratetest.«
    Er breitete die Hände aus, wie um sie aufzufordern, sie sich anzusehen. Es wollte ihr seltsam erscheinen, daß dies dieselben Hände waren, die erst letzte Nacht … Ihre geschmeidige Kraft faszinierte sie. Gib meinen suchenden Händen Erlaubnis und lasse sie vor, hinter, zwischen – Seine Hände, so sonderbar sanft und erfahren … erfahren worin?
    »Es sind Henkershände«, sagte er, indem er sie beobachtete. »Das wußtest du doch, nicht wahr?«
    Natürlich hatte sie es gewußt, aber – sie platzte mit der Wahrheit heraus.
    »Da war ich noch nicht mit dir verheiratet!«
    »Nein … und das macht den Unterschied, nicht wahr?
    … Nun, Harriet, aber jetzt sind wir verheiratet. Wir sind aneinander gebunden. Ich fürchte, jetzt ist der Augenblick gekommen, daß jemand oder etwas nachgeben muß – du, ich – oder unsere Bindung.«
    (So bald schon? … Dein, ganz und gar dein und für immer – er war der ihre, sonst war alle Treue nur Hohn.)
    »Nein – nein! … Liebster, was ist nur mit uns los? Was ist aus unserm Frieden geworden?«
    »Er wurde gebrochen«, sagte er. »Das hat Gewalt so an sich. Hat sie erst einmal begonnen, so gibt es kein Halten mehr. Sie holt uns alle früher oder später ein.«
    »Das darf sie nicht. Können wir nicht entrinnen?«
    »Nur indem wir fortlaufen.« Er ließ mit einer hoffnungslosen Geste die Hände sinken. »Vielleicht wäre es besser für uns, fortzulaufen. Ich habe nicht das Recht, irgendeine Frau in diesen Schlamassel mit hineinzuziehen, am allerwenigsten meine eigene. Verzeih mir. Ich war so lange mein eigener Herr – ich glaube, ich habe vergessen, was Verpflichtung heißt.« Ihre verzweifelte Blässe erschreckte ihn. »Liebste – nimm es dir nicht so sehr zu Herzen. Sag ein Wort, und wir gehen auf der Stelle fort. Wir lassen diese elende Geschichte in Ruhe und mischen uns nie mehr irgendwo ein.«
    »Ist das wirklich dein Ernst?« fragte sie ungläubig.
    »Natürlich ist das mein Ernst. Ich habe es ja gesagt.«
    Seine Stimme war die Stimme eines geschlagenen Mannes. Sie sah mit Entsetzen, was

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