Hochzeit kommt vor dem Fall
sie nach Oxford abfuhr – sehr nett zu mir. Ich glaube, sie wird Peter alles geben, was er braucht – doch, das glaube ich wirklich. Wenn das überhaupt jemand kann … Fühlte mich trotzdem eine halbe Stunde lang ganz deprimiert … Als ich später mit den Vorbereitungen für das Hochzeitsfrühstück beschäftigt war – die Heimlichtuerei macht alles um so schwerer –, wurde ich durch einen Anruf von Peter gestört, der plötzlich ganz unleidlich war, weil es in der Nacht geregnet hatte und die Straßen glitschig seien und Harriet auf dem Weg nach Oxford ganz bestimmt ins Schleudern geraten und umkommen werde. Ich sagte ihm, er solle sich nicht aufführen wie ein Halbverrückter, und wenn er eine vernünftige Beschäftigung brauche, solle er herkommen und Emily helfen, den Zierat in den Vitrinen im Salon zu putzen. Kam aber nicht – dafür Jerry, ganz aus dem Häuschen vor Freude, daß er Brautführer sein darf, und zerbrach eine Schäferin aus Meißner Porzellan.
Später. – Peter und Jerry (Gott sei Dank) endlich von der Bildfläche und unterwegs nach Oxford. Vorbereitungen abgeschlossen, alle erwünschten Gäste verständigt und Transport für Unbemittelte arrangiert … Am Abend wütender Anruf von Helen aus Denver, die Telegramm von Peter erhalten hatte und wissen wollte, was dieses rücksichtslose Benehmen bedeuten soll. Habe ihr mit großem Vergnügen (und sehr ausführlich, weil auf ihre Kosten) auseinandergesetzt, daß sie sich dafür bei sich selbst und ihrer eigenen Taktlosigkeit bedanken darf.
8. Oktober. – Peters Hochzeitstag. Bin zu erschöpft, um mehr zu schreiben, als daß alles sehr gut geklappt hat. H. sah wirklich wunderhübsch aus, wie ein Schiff, das in den Hafen einläuft, tipptopp und voll geflaggt am – wo moderne Schiffe eben ihre Flaggen haben. Peter schrecklich blaß, der arme Junge, wie an dem Tag, an dem er seine erste Armbanduhr geschenkt bekam und nicht wußte, was er mit sich selbst anfangen sollte vor lauter Angst, sie könne ihm in den Händen kaputtgehen oder sich als unecht entpuppen oder sonstwas – aber er riß sich zusammen und war besonders nett zu allen Gästen (ich glaube, er würde noch vor dem Inquisitionsgericht seine gesellschaftlichen Talente entfalten und den Henker bestens unterhalten) … Halb sechs wieder in der Stadt (Peters Gesicht Gold wert, als ihm klar wurde, daß er 60 Meilen weit über volle Straßen in einem geschlossenen Wagen mit jemand anderem am Steuer zurückfahren sollte. Aber man konnte ihn wirklich nicht mit Harriet im offenen Daimler fahren lassen, im vollen Hochzeitsstaat mit Zylinder!) … Habe sie um Viertel vor sieben aus dem Haus geschmuggelt – Bunter wartete mit dem Wagen auf der anderen Seite des Parks auf sie …
11 Uhr abends. – Hoffentlich hat wirklich alles geklappt – muß jetzt aufhören und ein bißchen schlafen, sonst bin ich morgen zum Auswringen. Finde Die Sterne blicken herab als Bettlektüre nicht beruhigend genug – werde mir noch einmal Alice hinter den Spiegeln vornehmen.
1
Frischvermählt
Ich stimme mit Dryden darin überein, daß » die Ehe ein nobles Wagnis « ist.
SAMUEL JOHNSON: TABLE TALK
Mr. Mervyn Bunter saß geduldig wartend auf der anderen Seite des Regent’s Park im Wagen und fand, daß es allmählich Zeit wurde. Im Fond des Wagens stand, in eine Daunendecke gewickelt, eine Kiste mit zweieinhalb Dutzend Flaschen erlesenen Portweins, und diesem galt seine Sorge. Nach schneller Fahrt würde er zwei Wochen lang ungenießbar sein, nach sehr schneller Fahrt sogar ein halbes Jahr lang. Er sorgte sich auch um die Vorbereitungen – beziehungsweise die fehlenden Vorbereitungen – in Talboys. Er konnte nur hoffen, daß sie alles in bester Ordnung vorfinden würden – denn wenn nicht, bekämen seine Herrschaften womöglich bis Gott weiß wann nichts zu essen. Zwar hatte er reichlich Proviant von Fortnum & Mason im Wagen, aber wenn es nun im Haus keine Messer und Gabeln und Teller gab? Er wünschte, er wäre doch, wie zunächst geplant, vorausgefahren, um nach dem Rechten zu sehen. Zwar fand Seine Lordschaft sich jederzeit mit etwas ab, was sich nicht ändern ließ, aber es gehörte sich einfach nicht, daß Seine Lordschaft sich mit irgend etwas abfinden müssen sollte – und außerdem war Ihre Ladyschaft noch sozusagen eine unbekannte Größe. Was Seine Lordschaft in den letzten fünf bis sechs Jahren alles von ihr hatte hinnehmen müssen, das wußte nur Seine Lordschaft allein. Aber
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