Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
weiß ich es.« Er stürzte sich auf das ornamentale Tonrohr, warf das Pampasgras hinaus und wollte es gerade nach vorn kippen, als Crutchley wieder hereinkam – diesmal mit dem Mann namens Bill – und auf die andere Bank zuging.
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, Chef.«
    Peter stieß das Rohr rasch wieder in seine Position zurück und setzte sich auf die Bank.
    »Doch«, sagte er. »Wir sind hier noch nicht fertig. Gehen Sie bitte. Wir brauchen irgend etwas zum Sitzen. Ich regle das mit Ihrem Arbeitgeber.«
    »Oh!« machte Bill. »Na ja – ist gut, Chef. Aber wir müssen heute fertig werden, klar?«
    »Werden Sie auch«, sagte Peter.
    George hätte vielleicht Schwierigkeiten gemacht; Bill aber besaß offenbar ein ausgewogeneres Temperament oder ein wacheres Auge für Chancen. Er sagte untertänig:
    »Geht in Ordnung, Chef«, dann ging er hinaus und nahm Crutchley mit.
    Als die Tür zuging, hob Peter das Rohr an. Auf seinem Boden lag, zusammengeringelt wie eine schlafende Schlange, eine Messingkette.
    Harriet sagte: »Die Kette ist den Schornstein heruntergekommen.«
    Peters Blick glitt an ihr auf und ab, als ob sie eine Fremde sei.
    »Eine neue Kette wurde angebracht und die andere im Schornstein versteckt. Warum?« Er hob die Kette hoch und sah den Kaktus an, der haargenau über der Mitte der Radiotruhe hing. Mr. Goodacre war mit jeder Faser gespannt.
    »Hm«, sagte er, indem er das Ende der Kette in die Hand nahm. »Sie sieht der ursprünglichen Kette erstaunlich ähnlich. Sehen Sie mal – sie ist zwar vom Ruß geschwärzt, aber wenn man daran reibt, glänzt sie darunter.«
    Peter ließ sein Ende der Kette los, so daß sie jetzt in der Hand des Pfarrers baumelte. Sein Blick fiel auf Harriet, und er fragte sie in einem Ton, als stelle er der offenbar aufgewecktesten Schülerin einer sonst nicht sehr hoffnungsvollen Klasse eine Aufgabe:
    »Als Crutchley den Kaktus goß, den er schon eine Woche zuvor gegossen hatte und der eigentlich nur einmal im Monat gegossen werden dürfte –«
    »– in der kühleren Jahreszeit«, sagte Mr. Goodacre.
    »– stand er hier auf der Trittleiter. Er wischte die Schale ab. Er stieg herunter. Er stellte die Trittleiter drüben bei der Uhr ab. Er kam hierher zur Radiotruhe zurück. Kannst du dich noch erinnern, was er danach getan hat?«
    Harriet schloß die Augen und versuchte sich das Zimmer noch einmal so vorzustellen, wie es an jenem denkwürdigen Morgen ausgesehen hatte.
    »Ich glaube –«
    Sie öffnete die Augen wieder. Peter legte die Hände, ganz langsam, beiderseits auf die Radiotruhe.
    »Ja – das hat er getan. Ich weiß es wieder. Er hat die Radiotruhe nach vorn gezogen, um sie genau mitten unter den Topf zu bringen. Ich saß ganz nah dabei, auf dieser Seite der Bank, darum ist es mir aufgefallen.«
    »Mir ist es auch aufgefallen. Und das war es, woran ich mich nicht mehr erinnern konnte.«
    Er schob die Truhe vorsichtig zurück und ging selbst mit so weit vor, bis der Kaktus genau über seinem Kopf hing, eine knappe Handbreit darüber.
    »Ach du meine Güte«, sagte Mr. Goodacre, der staunend begriff, daß hier etwas offenbar Wichtiges vor sich ging, »das ist ja alles sehr geheimnisvoll.«
    Peter antwortete nicht; er stand nur da, hob bedächtig den Deckel der Radiotruhe an und ließ ihn wieder fallen.
    »Etwa so«, sagte er leise. »Etwa so … Hier spricht London.«
    »Ich glaube, ich bin ziemlich dumm«, versuchte der Pfarrer einen neuen Anlauf.
    Diesmal sah Peter auf und lächelte ihn an.
    »Sehen Sie mal!« sagte er. Damit griff er nach der Kaktusschale und versetzte sie am Ende ihrer zweieinhalb Meter langen Kette in eine langsam schwingende Bewegung. »Es ist möglich«, sagte er. »Mein Gott, es ist möglich! Mr. Noakes war ungefähr so groß wie Sie, nicht wahr, Hochwürden?«
    »Ungefähr. Ungefähr. Ich bin vielleicht zwei Zentimeter größer, mehr aber nicht.«
    »Hätte ich selbst ein paar Zentimeter mehr«, sagte Peter bedauernd (denn seine Körpergröße war sein wunder Punkt), »hätte ich vielleicht auch etwas mehr Verstand. Aber besser spät als nie.« Sein Blick wanderte durchs Zimmer, streifte Harriet und den Pfarrer und blieb an Bunter hängen. »Sie sehen«, sagte er, »wir haben das erste und das letzte Glied der Gleichung – wenn wir jetzt nur noch die Mitte ausfüllen könnten!«
    »Ja, Mylord«, pflichtete Bunter ihm mit ausdrucksloser Stimme bei. Sein Herz hüpfte in die Höhe. Diesmal nicht die neue Frau, sondern der altvertraute

Weitere Kostenlose Bücher