Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
sein, aber nicht mehr. Ich hab auch noch ein schönes Stück schwarze Angelschnur gefunden, vielleicht sechs Meter lang, aber Sie suchen ja einen Bindfaden.«
    »Irrtum meinerseits«, sagte Peter. »Ich hätte natürlich Angelschnur sagen sollen. Klar, daß es Angelschnur war. Und schwarz. Geht ja nicht anders. Haben Sie die bei sich?«
    »Oh!« machte Mr. Puffett. »Wenn Sie Angelschnur suchen, warum sagen Sie das nicht gleich? Gut weggesteckt –«
    »Danke«, sagte Peter. Er schnappte geschwind das Knäuel schwarze Angelschnur aus den langsamen Fingern des Schornsteinfegers. »Ja, das ist sie. Die hält einen zwanzigpfündigen Lachs. Und ich wette, sie hat einen Senker an jedem Ende. Hab ich mir doch gedacht – ja.«
    Er führte das Ende der Schnur durch einen der Ringe am Schalenrand, brachte die beiden Enden mit ihren Senkern zusammen und reichte sie Bunter an, der sie wortlos nahm, auf die Trittleiter stieg und die doppelte Schnur über den Haken in der Decke führte.
    »Oh!« sagte Harriet. »Jetzt verstehe ich. Peter, wie entsetzlich!«
    »Hochziehen«, sagte Peter, ohne sie zu beachten. »Geben Sie acht, daß Sie die Schnur nicht verwickeln.«
    Bunter zog an der Schnur und ächzte leise auf, als sie ihm in die Finger schnitt. Die Kaktusschale, von unten durch Peters Hand gestützt, bewegte sich, hob sich, stieg weiter und weiter, bis er nicht mehr darankam, beschrieb einen großen Viertelkreis am Ende der eisernen Kette.
    »Nur zu«, sagte Peter. »Der Kaktus fällt schon nicht heraus. Der sitzt unverrückbar fest – wie Sie ja wissen. Weiterziehen!«
    Er ging hin und nahm das lose Ende der Schnur, als es über den Haken kam. Die Kaktusschale hing jetzt waagerecht unter dem Dachgebälk, der Kaktus selbst ragte seitlich daraus hervor, so daß er aussah wie ein ungeheurer Einsiedlerkrebs, der gierig aus seiner Schale winkte.
    Der Pfarrer, der von unten zusah, konnte sich eine Ermahnung nicht verkneifen:
    »Seien Sie vorsichtig, guter Mann. Wenn Ihnen das Ding aus den Händen gleitet und heruntergesaust kommt, kann es ohne weiteres jemanden erschlagen.«
    »Mit Leichtigkeit«, sagte Peter. »Das war mein Gedanke.« Er ging rückwärts zur Radiotruhe, die straff gespannte Angelschnur fest in der Hand.
    »Das Ganze dürfte ungefähr vierzehn Pfund wiegen«, sagte Bunter.
    »Das fühle ich«, antwortete Peter verbissen. »Wie kommt es eigentlich, daß Sie das Gewicht nicht bemerkt haben, als Sie und Kirk den Topf untersuchten? Er ist mit irgend etwas beschwert worden – Bleischrot, wie sich’s anfühlt. Die Sache muß schon länger geplant gewesen sein.«
    »Und so«, sagte Harriet, »hätte auch eine Frau einem großen Mann den Schädel einschlagen können. Eine Frau mit kräftigen Händen.«
    »Oder«, sagte Peter, »irgendwer sonst, der um die Tatzeit nicht da war. Jemand mit gußeisernem Alibi. Gott schuf die Kraft, Hochwürden, der Mensch die Maschinen.«
    Er führte die beiden Enden der Angelschnur bis zur Radiotruhe, bis wohin sie genau reichten. Er hob den Deckel an und schob sie darunter; dann drückte er den Deckel darüber zu. Der Federverschluß hielt dem Zug stand, und die Senker klemmten an der Randleiste fest; allerdings bemerkte Harriet, daß der schwere Topf dabei das eine Ende der Radiotruhe ein Stückchen vom Boden hob. Aber sehr hoch konnte es sich nicht heben, da die Füße sich gegen die Seite der Bank stemmten, über der die dünne schwarze Schnur sich straff und fast unsichtbar zu dem Haken im Deckenbalken spannte.
    Ein lautes Klopfen am Fenster ließ sie alle zusammenfahren. Kirk und Sellon standen draußen und winkten aufgeregt. Peter ging rasch hin und öffnete das Fenster, während Bunter von der Trittleiter stieg, sie zusammenklappte und ruhig an die Wand lehnte.
    »Ja?« fragte Peter.
    »Mylord!« rief Sellon mit aufgeregter Stimme. »Mylord, ich habe Sie nicht angelogen. Man kann die Uhr vom Fenster aus sehen. Mr. Kirk hat mir eben gesagt –«
    »Stimmt«, sagte Kirk. »Halb eins, deutlicher geht’s nicht mehr … Hallo!« fügte er hinzu, denn jetzt, nachdem das Fenster offen war, konnte er besser sehen. »Die haben ja den Kaktus runtergenommen.«
    »Nein«, sagte Peter. »Der Kaktus ist noch da. Kommen Sie am besten mal rein. Die Haustür ist zugeschlossen. Hier ist der Schlüssel, und schließen Sie hinter sich wieder ab … Ist schon gut«, flüsterte er Kirk dann noch ins Ohr.
    »Aber kommen Sie leise herein. Kann sein, daß Sie eine Verhaftung vornehmen

Weitere Kostenlose Bücher