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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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sagte Harriet, ein wenig erschrocken über diese Vorstellung. »Wir haben reichlich Proviant bei uns, und Mrs. Ruddle und unser Diener können uns für heute abend bestens versorgen. Wenn Sie uns nur eben die Schlüssel geben könnten –«
    »Die Schlüssel – ach ja, natürlich. Wie gräßlich für Sie, nicht einmal ins Haus zu kommen, und es ist so eine kalte Nacht für die Jahreszeit – was kann Onkel William sich nur dabei gedacht haben – und er hat noch gesagt – du meine Güte, sein Brief hat mich so durcheinandergebracht, daß ich kaum mitbekommen habe, was ich las – Ihre Flitterwochen, sagten Sie? Wie entsetzlich für Sie – und ich will doch wenigstens hoffen, daß Sie schon zu Abend gegessen haben? Kein Abendessen? Ich verstehe einfach nicht, wie Onkel so etwas – aber Sie nehmen doch sicher ein Stück Kuchen und ein Schlückchen von meinem selbstgemachten Wein.«
    »O nein, wir dürfen Ihnen wirklich keine Umstände –«, begann Harriet, aber Miss Twitterton kramte bereits in einem Schrank herum. Hinter ihrem Rücken führte Peter in einer stummen Geste erschrockener Resignation die Hand zum Kopf.
    »So!« sagte Miss Twitterton triumphierend. »Nach einer kleinen Erfrischung werden Sie sich bestimmt besser fühlen. Mein Pastinakwein ist dieses Jahr besonders gut. Dr. Jellyfield trinkt immer ein Gläschen, wenn er kommt – was nicht oft der Fall ist, darf ich sagen, weil ich mich einer außerordentlich robusten Gesundheit erfreue.«
    »Das soll mich nicht davon abhalten, trotzdem auf Ihre Gesundheit zu trinken«, sagte Peter, wobei er sein Glas mit einer Geschwindigkeit leerte, die man für Gier hätte halten können, auf Harriet aber eher den Eindruck machte, als wollte er das Zeug nur so kurz wie möglich auf der Zunge haben. »Darf ich auch Ihnen selbst ein Gläschen einschenken?«
    »Wie freundlich von Ihnen!« rief Miss Twitterton. »Also – es ist ja schon ziemlich spät am Abend – aber ich sollte wirklich auf das Glück des jungen Paares trinken, nicht? – Bitte nicht zuviel, Lord Peter. Der liebe Herr Pfarrer sagt immer, mein Pastinakwein ist nicht halb so harmlos, wie er aussieht – du meine Güte! – Aber Sie vertragen sicher noch ein bißchen mehr, ja? Die Herren haben doch einen stabileren Kopf als die Damen.«
    »Vielen, vielen Dank«, sagte Peter matt, »aber vergessen Sie nicht, daß ich meine Frau noch nach Paggleham zurückfahren muß.«
    »Ein Gläschen mehr schadet Ihnen bestimmt nicht. – Also gut, dann nur ein halbes, bitte sehr! Und jetzt möchten Sie natürlich die Schlüssel haben. Ich laufe gleich nach oben und hole sie – ich weiß, ich darf Sie nicht aufhalten – es dauert keine Minute, Lady Peter, also nehmen Sie doch bitte noch ein Stückchen Kuchen – er ist selbstgebacken – ich backe immer alles selbst – auch für Onkel – wenn ich doch nur wüßte, was in ihn gefahren ist!«
    Miss Twitterton eilte aus dem Zimmer, und die beiden sahen im Kerzenschein einander an.
    »Peter, mein armer, leidgeprüfter, tapferer Peter – gieß ihn auf die Aspidistra.«
    Wimsey betrachtete die Pflanze mit hochgezogener Augenbraue.
    »Sie sieht so schon ziemlich krank aus, Harriet. Ich glaube, ich habe von uns beiden die bessere Konstitution. Weg damit! Aber du könntest mir einen Kuß geben, um den Geschmack zu töten … Unsere Gastgeberin scheint eine gewisse feine Bildung zu haben (so nennt man das, glaube ich), die ich nicht erwartet habe. Sie hat auf Anhieb deinen richtigen Titel genannt, was ziemlich ungewöhnlich ist. In ihrem Leben war ein Funken Ehre. Wer war ihr Vater?«
    »Ich glaube, er war Kuhhirte.«
    »Dann hat er über seinem Stand geheiratet. Seine Frau war vermutlich eine geborene Noakes.«
    »Jetzt fällt mir wieder ein, daß sie Dorfschulmeisterin in irgendeinem Ort bei Broxford war.«
    »Das ist die Erklärung … Miss Twitterton kommt wieder herunter. An dieser Stelle erheben wir uns, schnallen den Gürtel des alten Ledermantels zu, ergreifen den Filzhut des Herrn und machen alle Anstalten unverzüglichen Aufbruchs.«
    »Die Schlüssel«, sagte Miss Twitterton, die atemlos mit einer zweiten Kerze nach unten kam. »Der große ist für die Hintertür, aber die werden Sie auch noch verriegelt finden. Der kleine ist für die Vordertür – es ist ein einbruchssicheres Patentschloß – Sie werden es vielleicht ein bißchen schwierig zu öffnen finden, wenn Sie nicht wissen, wie es funktioniert. Vielleicht sollte ich doch mitkommen und Ihnen

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