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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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noch ein paar Kerzen besorgen und Ihren Bert bitten könnten, Bunter beim Ausladen unseres Proviants aus dem Wagen zu helfen, machen wir ein Feuer an und –«
    »Feuer?« fragte Mrs. Ruddle in zweifelndem Ton. »Also, Sir – Mylord, meine ich –, ich bin nicht sicher, ob hier noch irgendwo ein Stäubchen Kohle zu finden ist. Mr. Noakes hat hier so lange kein Feuer mehr gemacht. Er sagt, die großen Kamine fressen zuviel von der Wärme. Ein Petroleumöfchen zum Kochen hatte Mr. Noakes, und daran hat er abends auch gesessen. Ich weiß gar nicht mehr, wann hier zuletzt ein Feuer gebrannt hat – vielleicht als wir im August vor vier Jahren dieses junge Paar hier hatten – das war so ein kalter Sommer, und sie kriegten das Feuer nicht in Gang. Muß ein Vogelnest im Kamin sein, haben sie gedacht, aber Mr. Noakes hat gesagt, er gibt kein gutes Geld aus, um die Schornsteine fegen zu lassen. Also, Kohlen. Im Ölschuppen sind keine, das weiß ich – es könnten höchstens noch ein paar in der Waschküche sein – aber die würden dann auch schon sehr lange da liegen«, schloß sie skeptisch, als ob die Qualität der Kohle durch lange Lagerung gelitten haben könnte.
    »Ich könnte doch ’nen Eimer Kohlen aus dem Cottage holen, Mama«, schlug Bert vor.
    »Das könntest du wirklich, Bert«, pflichtete seine Mutter ihm bei. »Mein Bert ist so ein heller Kopf. Das könntest du wirklich. Und ein bißchen Anmachholz dazu. Du kannst den kurzen Weg hintenrum nehmen – und paß mal auf, Bert – mach doch mal die Kellertür zu, wenn du daran vorbeigehst – da kommt so eine elende Zugluft rauf. Und noch was, Bert, ich glaub, ich hab tatsächlich den Zucker vergessen – im Schrank findest du ein Päckchen, das kannst du in die Tasche stecken. Tee wird sicher in der Küche sein, aber Mr. Noakes hat nie Zucker dazu genommen, nur Tee ohne was, und das ist nicht das Richtige für Ihre Ladyschaft.«
    Inzwischen hatte der findige Bunter die Küche nach Kerzen durchwühlt und sie auf ein paar messingne Kerzenleuchter (sie gehörten zu Mr. Noakes’ akzeptableren Besitztümern) gesteckt, die auf der Anrichte standen; soeben kratzte er mit der Miene eines Mannes, für den Ordnung und Sauberkeit selbst in Krisenzeiten an erster Stelle stehen, gewissenhaft das Tropfwachs von den Sockeln ab.
    »Und wenn Ihre Ladyschaft einmal mitkommen wollen«, sagte Mrs. Ruddle, indem sie zu einer Tür in der Wandtäfelung eilte, »zeige ich Ihnen die Schlafzimmer. Schöne Zimmer sind das, aber nur das eine wird natürlich benutzt, außer wenn Sommergäste da sind. Geben Sie auf die Stufen acht, Mylady – aber was denn, ich vergesse immerzu, daß Sie das Haus ja kennen. Ich hänge nur mal eben das Bettzeug vors Feuer, wenn wir es anhaben, aber feucht kann es ja eigentlich nicht sein, wo es doch bis vorigen Mittwoch benutzt worden ist, und die Laken sind schön durchgelüftet, obwohl sie aus Leinen sind, was die meisten Herrschaften ja lieber haben, wenn sie nicht gerade an Rheuma leiden. Hoffentlich haben Sie nichts gegen so ein altes Himmelbett, Miss – Madam – Mylady. Mr. Noakes wollte es ja verkaufen, aber der Herr, der hier war, um es sich anzusehen, hat gemeint, er nennt das kein Original mehr, weil es schon mal repariert worden war, wegen der Holzwürmer, und darum wollte er Mr. Noakes nicht den Preis bezahlen, den er dafür haben wollte. Häßliche alte Dinger sind das, sage ich – bei meiner Heirat hab ich zu meinem Mann gesagt: ›Messingknäufe oder nichts‹, hab ich gesagt, und weil er sich’s nicht mit mir verderben wollte, gab’s Messingknäufe, und schön waren sie.«
    »Wie hübsch«, sagte Harriet, als sie durch ein unbenutztes Schlafzimmer kamen, wo ein abgezogenes Himmelbett stand und ein starker Mottenkugelgeruch dem zusammengerollten Bettzeug entströmte.
    »Das kann man wohl sagen, Mylady«, antwortete Mrs. Ruddle. »Und manche Gäste haben solche altmodischen Sachen ja auch gern – das finden sie originell – und die Vorhänge werden Sie in bester Ordnung finden, wenn Sie sie brauchen, denn die machen Miss Twitterton und ich am Ende des Sommers immer schön frisch, und ich kann Ihnen versichern, Mylady, wenn Sie und Ihr lieber Mann – Ihr Herr Gemahl, meine ich – ein bißchen Hilfe im Haus brauchen, finden Sie Bert und mich immer gern bereit, wie ich eben erst zu Mr. Bunter gesagt habe. Ja, Mylady, danke sehr. Und hier –« Mrs. Ruddle öffnete die gegenüberliegende Tür – »das ist Mr. Noakes’

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