Hochzeit kommt vor dem Fall
Schornsteinfeger ist da!«
»O Freudentag! Ich komme! Schornsteinfeger am Morgen bannt alle Sorgen!« Er kam rasch die Treppe heruntergesprungen. »Wie unfehlbar du doch immer genau das Richtige sagst! Mein Leben lang habe ich darauf gewartet, diese herrlichen Worte zu hören: Peter, der Schornsteinfeger ist da. Mein Gott, wir sind verheiratet! Wir sind verheiratet! Ich hatte es mir schon fast einmal gedacht, aber jetzt weiß ich es.«
»Manche Leute sind schwer zu überzeugen.«
»Man traut sich eben nicht, an sein Glück zu glauben. Der Schornsteinfeger! Ich hatte meine keimenden Hoffnungen schon wieder erstickt. Ich sagte mir: Ach nein, das ist nur ein Gewitter oder ein kleines Erdbeben, höchstens aber eine altersschwache Kuh, die im Schornstein zentimeterweise vor sich hin stirbt. Ich wollte doch keine Enttäuschung erleben. Es ist so lange her, daß jemand mich des Schornsteinfegers wegen ins Vertrauen zieht. Meist schmuggelt Bunter ihn ins Haus, wenn ich ausgegangen bin, nur damit meine Lordschaft sich nicht belästigt fühlt. Niemand anders als eine Ehefrau kann mich mit der Respektlosigkeit behandeln, die ich verdiene, und mich rufen, damit ich mit eigenen Augen – großer Gott!«
Er hatte sich bei dieser Rede umgedreht, um Mr. Puffett anzusehen, von dem aber nur die Schuhsohlen sichtbar waren. Und in diesem Augenblick ertönte aus dem Kamin ein so lautes, langgezogenes Gebrüll, daß Peter ganz blaß wurde.
»Er wird doch nicht steckengeblieben sein?«
»Nein – das ist nur die Kraft, die er dahintersetzt. Der Kaminaufsatz ist von festgebackenem Ruß oder so etwas Ähnlichem verstopft, und das erschwert die Arbeit sehr … Ach Peter, ich wünschte, du hättest das Haus sehen können, bevor Mr. Noakes es so mit bronzenen Reitern und Bambusregalen und Aspidistras vollgestopft hat.«
»Pst! Kein Wort gegen die Aspidistras. Das bringt Unglück. Irgend etwas Schreckliches wird durch den Kamin herunterkommen und dich holen – huh! … O mein Gott, sieh dir dieses stachelige Scheusal da über der Radiotruhe an!«
»Manch einer würde für so einen schönen Kaktus ein Vermögen bezahlen.«
»Dann müßte er ein Mensch mit sehr wenig Phantasie sein. Das ist doch keine Pflanze – es ist ein krankhaftes Gewächs – etwas Heimtückisches, was man an den Nieren kriegt. Außerdem frage ich mich bei seinem Anblick, ob ich mich schon rasiert habe. Habe ich?«
»Hm – ja – wie Seide – halt, genug! Aber ich fürchte, wenn wir das abscheuliche Ding hinausschmeißen, geht es uns aus lauter Bosheit ein. Die sind nämlich sehr empfindlich, obwohl man’s nicht glauben sollte, und Mr. Noakes würde ihn sich in Gold aufwiegen lassen. Für wie lange haben wir diese gräßlichen Möbel gemietet?«
»Für einen Monat, aber wir können sie früher loswerden. Es ist schon eine Sünde, so ein schönes altes Haus mit solchem Unrat zu verschandeln.«
»Gefällt dir denn das Haus, Peter?«
»Es ist wunderschön. Wie ein herrlicher Körper, in dem ein böser Geist wohnt. Und damit meine ich nicht nur das Mobiliar. Ich habe gegen unsern Hauswirt, oder Mieter oder was er sonst ist, eine tiefe Abneigung gefaßt. Ich habe das Gefühl, daß er nichts Gutes im Schilde führt und das Haus froh sein wird, wenn es ihn los ist.«
»Ich glaube, es haßt ihn. Er hat es sicher vernachlässigt und gekränkt und schlecht behandelt. Sieh doch mal, sogar die Schornsteine –«
»Ach ja, natürlich, die Schornsteine. Meinst du, ich könnte mich unserm guten Hausgott bemerkbar machen, unsern kleinen lar familiaris? … Äh – entschuldigen Sie einen Augenblick, Mr. – äh –«
»Puffett heißt er.«
»Mr. Puffett – he, Puffett! Einen Augenblick, ja?«
»Na hören Sie mal!« entrüstete sich Mr. Puffett, indem er in der Hocke herumfuhr. »Was denken Sie sich dabei, einem Mann die eigenen Besenstangen in den Rücken zu bohren? Das ist nicht recht gegen den Mann und seinen Besen.«
»Ich bitte sehr um Vergebung«, sagte Peter. »Aber ich habe gerufen, und es ist mir nicht gelungen, Ihre werte Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.«
»Na ja, macht nichts«, sagte Mr. Puffett, offenbar der Flitterwochenstimmung einiges zugute haltend. »Dann sind Sie wohl Seine Lordschaft? Alles zum Besten, ja?«
»Danke, wir können nicht klagen. Aber dieser Schornstein scheint sich etwas unwohl zu fühlen. Atembeschwerden oder so.«
»Kein Grund, den Schornstein zu beschimpfen«, sagte Mr. Puffett. »Der Fehler steckt im Aufsatz, das
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