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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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seinen Stoßbesen, den er im Flur abgelegt hatte, und fragte, wo er anfangen solle.
    »Das Wohnzimmer wird als erstes benötigt«, sagte Mr. Bunter. »In der Küche komme ich für den Augenblick noch mit dem Petroleumofen aus. Hier entlang, Mr. Puffett, wenn ich bitten darf.«
    Mrs. Ruddle, für die Wimseys zumindest ein neuer Besen, hatte das Wohnzimmer einmal gründlich durchgefegt und die häßlicheren Möbelstücke alle besonders gewissenhaft mit Tüchern abgedeckt, die grellbunten Teppiche mit Zeitungspapier belegt, zwei ausnehmend scheußliche bronzene Reiter auf Sockeln, die beiderseits den Kamin flankierten und zu schwer zum Forttragen waren, mit Papierhüten bekleidet und das welke Pampasgras in dem bemalten Abflußrohr bei der Tür mit Staubtüchern zugedeckt, weil, wie sie dazu bemerkte, »diese Dinger solche Staubfänger sind.«
    »Ah!« sagte Mr. Puffett. Er zog den äußeren Pullover aus, und darunter kam ein blauer zum Vorschein; er breitete seine Utensilien auf der freien Fläche zwischen den Sesseln aus und tauchte unter der Sackleinwand durch, mit der die Feuerstelle zugehängt war. Strahlend vor Zufriedenheit kam er wieder heraus. »Was hab ich Ihnen gesagt? Voller Ruß ist dieser Schornstein. Der ist seit Jahr und Tag nicht mehr gefegt worden, schätze ich.«
    »Das vermuten wir auch«, sagte Mr. Bunter. »Wir würden über diese Schornsteine gern einmal mit Mr. Noakes ein Wörtchen reden.«
    »Ah!« wiederholte Mr. Puffett. Er stieß den Besen in den Schornstein empor und schraubte einen neuen Stab ans hintere Ende. »Wenn ich Ihnen –« der Besen zuckte aufwärts, und er schraubte einen weiteren Stab an – »ein Pfund für jeden Penny gebe, Mr. Bunter –« er schraubte ein neues Stück an – »für jeden Penny, den Mr. Noakes mir bezahlt hat –« noch ein Stab – »oder meinetwegen auch irgendeinem anderen Schornsteinfeger –« er schraubte wieder ein Stück an – »in den letzten zehn Jahren oder länger –« er schraubte noch ein Stück an – »fürs Fegen dieser Schornsteine –« er schraubte den nächsten Stab an – »dann sind Sie, auf mein Wort, Mr. Bunter –« er schraubte wieder ein neues Stück an und drehte sich in der Hocke herum, um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen – »keinen Penny reicher als vorher.«
    »Ich glaub’s Ihnen«, sagte Mr. Bunter. »Und je eher dieser Schornstein jetzt gefegt wird, desto glücklicher werden wir alle sein.«
    Er verzog sich in die Spülküche, wo Mrs. Ruddle, mit einer Schöpfkelle bewaffnet, kochendes Wasser aus dem Kupferkessel in eine große Kanne füllte.
    »Sie überlassen es besser mir, Mrs. Ruddle, die Badewannen die Treppe hinaufzubefördern. Sie können mir mit den Kannen folgen, wenn Sie so freundlich sein wollen.«
    Als die Prozession in der genannten Reihenfolge wieder durchs Wohnzimmer kam, sah Bunter zu seiner Erleichterung nur noch Mr. Puffetts ausladendes Hinterteil unter der Kaminverkleidung hervorschauen und hörte ihn laut ächzen und sich selbst anfeuern, daß es hohl durch die ziegelsteinerne Röhre klang. Es war doch immer wieder schön zu sehen, wenn ein Mitmensch noch schwerer schuften mußte als man selbst.
     
    Nirgends hat der Reigen der Zeit das Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern so verändert wie beim morgendlichen Aufstehen. Sofern die Frau keine Anhängerin moderner Schönheitskulte ist, hat sie kaum mehr zu tun, als sich zu waschen, irgendein Kleidungsstück überzuziehen und hinunterzugehen. Der Mann, nach wie vor Sklave von Kragenknopf und Rasiermesser, klebt am alten Ritual des Zeittotschagens und macht sich in Raten fertig. Harriet band sich schon die Krawatte, ehe aus dem Nebenzimmer auch nur ein Plätschern zu hören war. Also reihte sie ihre Neuerwerbung in die Kategorie der Saumseligen ein und machte sich auf jenen Weg, den Peter bereits mit mehr Treffsicherheit denn Schicklichkeit »Lokustreppe« getauft hatte. Diese führte auf einen schmalen Gang und dieser wiederum zu der oben erwähnten modernen Einrichtung, einem Schuhständer nebst Besenschrank und am Ende durch die Spülküche zur Hintertür.
    Der Garten war jedenfalls gut gepflegt. Hinterm Haus wuchsen Kohl und Sellerie und sogar Spargel in einem strohgedeckten Beet sowie ein paar fachmännisch gepfropfte Apfelbäume. Ein kleines Kalthaus beherbergte einen winterfesten Weinstock, an dem ein halbes Dutzend schwarzer Trauben hing, und ein paar halbwegs winterfeste Topfpflanzen. Vor dem Haus lieh ein buntes

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