Hochzeit kommt vor dem Fall
während dieses weitschweifigen Austauschs von Vorstellungen und Höflichkeiten kaum noch hatte an sich halten können, legte jetzt los, als ob die letzten Worte eine Sprungfeder gelöst hätten.
»Aber verstehen Sie denn nicht, Mr. Goodacre? Es ist einfach zu fürchterlich. Onkel hat mir nie ein Wort davon gesagt. Nicht ein Wort. Er ist einfach nach Broxford oder sonstwohin gefahren und hat das Haus so zurückgelassen, wie es ist!«
»Aber er kommt doch sicher zurück«, sagte Mr. Goodacre.
»Er hat zu Frank gesagt, daß er heute hier sein wollte – nicht wahr, Frank?«
Crutchley, der von der Trittleiter gestiegen war und damit beschäftigt zu sein schien, die Radiotruhe peinlichst genau unter die Hängeschale mit dem Kaktus zu rücken, antwortete:
» Gesagt hat er das, Miss Twitterton.«
Dann kniff er die Lippen fest zusammen, als wollte er in Gegenwart des Pfarrers die Bemerkung lieber nicht machen, die ihm auf der Zunge lag, und zog sich mit seiner Gießkanne ans Fenster zurück.
»Aber er ist nicht hier«, sagte Miss Twitterton. »Es ist alles so furchtbar verworren. Und der arme Lord Peter und die arme Lady Peter –«
Es folgte eine ebenso langatmige wie aufgeregte Schilderung der Ereignisse des vorigen Abends, worin die Schlüssel, die Schornsteine, Crutchleys neue Garage, das Bettzeug, der Zehnuhrbus und Peters Absicht, eine Elektroanlage zu installieren hoffnungslos durcheinandergeworfen wurden. Der Pfarrer machte hin und wieder einen Zwischenruf und ein immer verwirrteres Gesicht.
»Ärgerlich, sehr ärgerlich«, sagte er schließlich, nachdem Miss Twitterton sich atemlos geredet hatte. »Es tut mir ja so leid. Wenn meine Frau und ich irgend etwas für Sie tun können, Lady Peter, hoffe ich, daß Sie nicht zögern werden, uns in Anspruch zu nehmen.«
»Das ist überaus lieb von Ihnen«, sagte Harriet. »Aber wir kommen ganz gut zurecht. Eigentlich macht es sogar Spaß, so zu picknicken. Nur Miss Twitterton macht sich natürlich Sorgen um ihren Onkel.«
»Bestimmt ist er irgendwo aufgehalten worden«, meinte der Pfarrer. »Oder –« ein Geistesblitz durchzuckte ihn – »oder ein Brief ist fehlgeleitet worden. Verlassen Sie sich darauf, so war es. Die Post ist ja eine wunderbare Einrichtung, aber zuweilen schlummert selbst Homer. Sie werden Mr. Noakes sicherlich gesund und munter in Broxford finden. Sagen Sie ihm bitte, daß ich es bedaure, ihn nicht angetroffen zu haben. Ich war nämlich gekommen, um ihn um eine Spende für das Konzert zu bitten, das wir zugunsten des Kirchenmusikfonds geben wollen – das ist der Grund, warum ich Sie hier so überfallen habe. Wir Pfarrer sind leider manchmal arme Bettler.«
»Singt der Kirchenchor noch fleißig?« erkundigte sich Harriet. »Erinnern Sie sich noch, wie Sie einmal mit ihm nach Great Pagford gekommen sind, als wir das Erntedankfest und den Waffenstillstand gleichzeitig gefeiert haben? Da saß ich beim Tee im Pfarrhaus neben Ihnen, und wir haben leidenschaftlich über Kirchenmusik diskutiert. Singen Sie immer noch den guten alten Bunnett in F-Dur?«
Sie summte den ersten Takt. Mr. Puffett, der sich die ganze Zeit diskret im Hintergrund gehalten hatte und im Augenblick Crutchley half, die Blätter der Aspidistra abzuwischen, schaute auf und fiel mit machtvollem Dröhnen in die Melodie ein.
»Ah!« sagte Mr. Goodacre erfreut. »Wir haben inzwischen schöne Fortschritte gemacht. Wir sind schon bei Stanford in C-Dur angelangt. Und beim letzten Erntedank haben wir mit großem Erfolg das Halleluja vorgetragen.«
»Halleluja!« schmetterte Mr. Puffett mit Stentorstimme. »Halleluja! Hal-le-lu-ja!«
»Tom ist einer meiner begeistertsten Sänger«, sagte der Pfarrer entschuldigend. »Und Frank auch.«
Miss Twitterton warf einen Blick zu Crutchley, wie um zu sehen, ob er vielleicht ebenfalls Anstalten machte, in ausgelassenen Gesang auszubrechen, doch zu ihrer Erleichterung sah sie, daß er sich von Mr. Puffett abgesetzt hatte und soeben auf die Trittleiter stieg, um die Uhr aufzuziehen.
»Und natürlich Miss Twitterton«, sagte Mr. Goodacre, »die uns auf der Orgel begleitet.«
Miss Twitterton lächelte sanft und schaute auf ihre Finger.
»Aber«, fuhr der Pfarrer fort, »wir brauchen dringend neue Blasebälge. Die alten sind schon so oft geflickt, daß es nicht mehr geht, und seit wir die neuen Pfeifen eingebaut haben, genügen sie hinten und vorn nicht mehr. Das Halleluja hat unsere Schwächen deutlich aufgedeckt. Mit einem Wort, die
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