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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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anwenden.«
    Sprach’s und stolzierte mit finsterer Miene zu der Stelle, wo er seine abgelegten Pullover aufgehäuft hatte. Er hob den oberen auf. »Wenn’s der Besen nicht schafft, muß man mit der Leiter ran, nicht mit Sprengstoff.«
    »Aber Mr. Goodacre«, rief Miss Twitterton besorgt, »sind Sie sicher, daß es auch ganz ungefährlich ist? Schußwaffen im Haus machen mich immer so nervös. Diese vielen Unfälle –«
    Der Pfarrer beruhigte sie. Harriet sah zumindest die Hausbesitzer jeglicher Verantwortung für ihren Schornstein enthoben, dennoch hielt sie es für angezeigt, den Schornsteinfeger zu besänftigen.
    »Verlassen Sie uns nicht, Mr. Puffett«, bat sie. »Wir möchten doch nur Mr. Goodacre nicht kränken. Aber wenn etwas schiefgehen sollte –«
    »Haben Sie ein Herz, Puffett«, sagte Peter.
    Mr. Puffetts blitzende Äuglein blickten in Peters graue Augen, zwei Zwillingsteiche von durchsichtiger Klarheit und trügerischer Tiefe.
    »Na schön«, sagte Mr. Puffett langsam, »wenn ich Ihnen einen Gefallen damit tue. Aber sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt, Mylord. Ich halte von dieser Sache nichts.«
    »Der Schornstein wird doch nicht gleich zusammenstürzen, oder?« fragte Harriet.
    »Oh, der Schornstein stürzt davon nicht zusammen«, antwortete Mr. Puffett. »Also, wenn Sie dem alten Herrn seinen Spaß lassen wollen, geht das auf Ihre Kappe. Nur so eine Redensart, Mylady.«
    Peter hatte seine Pfeife endlich zum Ziehen gebracht und stand nun mit beiden Händen in den Hosentaschen da und beobachtete mit zufriedenem Gleichmut die Akteure auf der Bühne. Als Crutchley und Mrs. Ruddle mit dem Gewehr eintraten, begann er sich jedoch lautlos zurückzuziehen, wie eine Katze, die versehentlich in eine Pfütze verschütteten Parfüms getreten ist.
    »Mein Gott!« hauchte er leise. »Das war schon bei Waterloo dabei.«
    »Ausgezeichnet!« rief der Pfarrer. »Danke, danke, Martha. Jetzt sind wir gerüstet.«
    » Sie waren aber schnell, Frank«, sagte Miss Twitterton. Sie beäugte ängstlich die Waffe. »Sind Sie sicher, daß es nicht von selbst losgeht?«
    »Geht ein altes Maultier von selbst los?« fragte Peter.
    »Mir sind Schußwaffen immer unheimlich«, sagte Miss Twitterton.
    »Aber nicht doch«, sagte der Pfarrer. »Vertrauen Sie mir; es wird gar nichts Schlimmes passieren.« Er bemächtigte sich der Waffe und untersuchte Schloß und Sicherung wie jemand, für den die Theorie der Ballistik ein offenes Buch ist.
    »Es ist geladen und schußbereit, Sir«, sagte Mrs. Ruddle, stolz auf die Verläßlichkeit ihres Sohnes.
    Miss Twitterton stieß einen verhaltenen Quiekser aus, und der Pfarrer drehte rücksichtsvoll die Gewehrmündung von ihr fort und richtete sie damit unversehens auf Bunter, der soeben vom Flur hereinkam.
    »Verzeihung, Mylord«, sagte Bunter mit bewundernswerter Gelassenheit, doch wachsamem Blick, »da ist jemand an der Tür –«
    »Einen Moment, Bunter«, unterbrach ihn sein Herr.
    »Das Feuerwerk beginnt. Der Schornstein soll nämlich mittels natürlicher Gasausdehnung gereinigt werden.«
    »Sehr wohl, Mylord.« Bunter schien im stillen einen Kräftevergleich zwischen Flinte und Pfarrer vorzunehmen. »Verzeihung Sir, aber wollen Sie nicht lieber mir erlauben –?«
    »Nein, nein«, rief Mr. Goodacre. »Vielen Dank. Ich komme bestens zurecht.« Er tauchte, die Flinte in der Hand, mit Kopf und Schultern unter den Kaminvorhang.
    »Hm!« machte Peter. »Ihr seid ein bess’rer Mann als ich, Gunga Din.«
    Er nahm die Pfeife aus dem Mund und zog mit der freien Hand seine Frau zu sich. Miss Twitterton, die keinen Mann hatte, an den sie sich klammern konnte, suchte mit einem klagenden Schrei bei Crutchley Schutz:
    »O Frank! Ich weiß, das ich bestimmt schreien muß, wenn es kracht.«
    »Kein Grund zur Aufregung«, sagte der Pfarrer, der hinterm Vorhang hervorlugte. »So sind alle bereit?«
    Mr. Puffett setzte seine Melone auf.
    » Ruat coelum! «sagte Peter, und die Flinte ging los.
     
    Es donnerte wie beim Jüngsten Gericht, und die Flinte schlug (wie Peter sehr wohl vorhergesehen hatte) nach hinten aus wie ein Karrengaul. Gewehr und Schütze rollten, unentwirrbar mit den Falten des Kaminvorhangs verknäuelt, zusammen auf die Grundplatte hinaus. Als Bunter zur Rettung herbeisprang, kam der gelockerte Ruß der Jahrhunderte mit Getöse den Schornstein herunter; er prasselte mit sanfter, tödlicher Gewalt auf den Boden und puffte in einer stygischen Wolke wieder empor, gefolgt

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