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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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jemand, wie?‹ sag ich. ›Ich weiß nicht, woher du die Dreistigkeit nimmst, wenn man sich vorstellt, wie du dich bei der Geschichte mit Aggie Twittertons Hühnern blamiert hast. Nein‹, sag ich, ›wenn hier ein richtiger Polizist herkommt, kann er mich alles fragen, was er will. Aber du bilde dir bloß nicht ein, du könntest mich hier herumkommandieren‹, sag ich, ›wo ich alt genug bin, um deine Großmutter zu sein. Du kannst dein Notizbuch ruhig wieder wegstecken‹, sag ich, ›mach nur zu‹, sag ich, ›sonst muß ja meine alte Katze lachen, wenn sie dich sieht‹, sag ich. ›Keine Bange‹, sag ich, ›ich werde denen schon alles sagen, wenn’s soweit ist.‹ – ›Sie haben kein Recht‹, sagt er, ›einen Hüter des Gesetzes in der Ausübung seines Dienstes zu behindern.‹ – ›Hüter des Gesetzes?‹ sag ich. ›Wenn du das Gesetz hütest, kann das Gesetz mir gestohlen bleiben.‹ Knallrot ist er angelaufen. ›Sie hören noch von mir‹, sagt er. Und ich: ›Und du kriegst auch noch was zu hören‹, sag ich. ›Werd nur ja nicht frech. Die werden sich noch freuen, wenn sie hören, was ich ihnen zu erzählen hab, ohne daß du vorher hingehst und alles verdrehst‹, sag ich. Darauf er: –«
    In Mrs. Ruddles Ton lag so eine Mischung aus Bosheit und Triumph, daß Harriet sie sich mit der Hühnerepisode allein nicht erklären konnte. Aber in diesem Augenblick kam Bunter vom Flur herein.
    »Eine Empfehlung von Seiner Lordschaft, Mylady, und Polizeidirektor Kirk würde sich freuen, wenn er Sie kurz im Wohnzimmer sprechen dürfte, falls Sie einen Augenblick Zeit haben.«
    Polizeidirektor Kirk war ein ungeschlachter Mensch mit sanftem, nachdenklichem Gesicht. Er schien von Peter schon die meisten Informationen bekommen zu haben, die er brauchte, und stellte nur noch einige Fragen, um sich einzelne Punkte – zum Beispiel ihre Ankunftszeit in Talboys und den Zustand des Wohnzimmers und der Küche bei ihrem Eintreffen – bestätigen zu lassen. Was er eigentlich von Harriet haben wollte, war eine Beschreibung des Schlafzimmers. Mr. Noakes’ sämtliche Kleidungsstücke waren noch dagewesen? Seine Toilettengegenstände? Keine Koffer? Nichts, was darauf schließen ließ, daß er unverzüglich das Haus verlassen wollte? Nein? Nun, das bestätigte die Vermutung, daß Mr. Noakes zwar fortwollte, es aber nicht unmittelbar eilig zu haben schien. Zum Beispiel schien er nicht direkt mit einer unerfreulichen Begegnung an diesem Abend gerechnet zu haben. Der Polizeidirektor war Ihrer Ladyschaft sehr verbunden. Er würde es bedauern, Miss Twitterton stören zu müssen, und schließlich sei durch eine sofortige Untersuchung des Schlafzimmers nicht viel zu gewinnen, da sein Inventar ja alles andere als unberührt war. Das gelte natürlich ebenso für die übrigen Räume, leider. Aber daraus könne man ja wohl niemandem einen Vorwurf machen. Vielleicht werde Dr. Cravens Bericht sie ein Stückchen weiterbringen. Er könne ihnen vielleicht sagen, ob Mr. Noakes noch gelebt habe, als er die Kellertreppe hinunterfiel, oder ob er zuerst getötet und dann hinuntergeworfen worden sei. Es sei ja kein Blut geflossen, das sei der Haken, obwohl der Schlag den Schädel zertrümmert habe. Und nachdem so viele Leute den ganzen Abend und Morgen im Haus herumgelaufen seien, könne man auch kaum erwarten, Fußabdrücke oder Ähnliches zu finden. Man habe jedenfalls nichts gesehen, was auf einen Kampf schließen lasse? Nichts. Mr. Kirk dankte ergebenst.
    Keine Ursache, sagte Harriet und erwähnte nebenbei etwas von einem Mittagsimbiß. Der Polizeidirektor hatte keine Einwände; er sei fürs erste mit dem Wohnzimmer fertig. Er wolle nur noch rasch mit diesem Mr. MacBride ein Wörtchen über die finanzielle Seite der Angelegenheit reden, ihn aber dann sofort hereinschicken, wenn er mit ihm fertig sei. Er selbst lehnte es taktvoll ab, mit der Familie zu essen, nahm jedoch das Angebot eines Käsehappens in der Küche an. Wenn der Arzt fertig sei, wolle er die Vernehmungen im Lichte der eventuellen medizinischen Erkenntnisse abschließen.
     
    Jahre später pflegte Lady Peter Wimsey zu sagen, daß ihr die ersten Tage ihrer Flitterwochen als eine lange Folge verschiedenartigster Eindrücke im Gedächtnis geblieben seien, interpunktiert von den absonderlichsten Mahlzeiten. Die Erinnerungen ihres Gemahls waren noch unzusammenhängender: Er sagte, er habe immerzu das Gefühl gehabt, leicht betrunken zu sein und in einem Sprungtuch in

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