Hochzeit kommt vor dem Fall
ging zum Wohnzimmerkamin. »Jetzt zieht er prima, was? Ich hab ja gleich gesagt, daß dem Schornstein nichts fehlt. Ha! Wie gut, daß Mr. Noakes diesen Haufen Kohlen nicht sieht. Das ist ein Feuer, das jedem Schornstein Ehre macht.«
»Schon gut, Puffett«, sagte Peter abwesend. »Machen Sie nur weiter.«
Schritte auf dem Weg, und eine traurige kleine Prozession zog am Fenster vorbei: ein Polizeisergeant und noch ein uniformierter Polizist, dazwischen eine Bahre.
»Sehr wohl, Mylord.« Mr. Puffett sah aus dem Fenster und nahm seine Melone ab. »Und wohin hat seine ganze Knauserei ihn jetzt gebracht?« fragte er. »Nirgendshin.«
Er marschierte hinaus.
» De mortius « , sagte Peter. »Und so weiter.«
»Ja, der arme Alte scheint eine merkwürdige Sammlung von Nachrufen zu bekommen.«
Leiche und Polizei – da waren sie wieder; man wurde sie nicht los, egal wie man dazu stand. Da war es eben weitaus besser, man akzeptierte die Situation und versuchte das Beste daraus zu machen. Polizeidirektor Kirk kam ins Zimmer, gefolgt von Joe Sellon.
»So, so«, meinte Peter. »Und wo haben Sie die Daumenschrauben?«
»Die werden wir wohl nicht brauchen, Mylord«, antwortete Mr. Kirk leutselig. »Sie und Ihre Gattin hatten vorige Woche bestimmt etwas Besseres zu tun, als Morde zu begehen. Ist schon recht, Joe, kommen Sie nur rein. Zeigen sie mal, ob Sie noch ein bißchen stenographieren können. Meinen Sergeanten habe ich nach Broxford geschickt, um dort ein paar Erkundigungen einzuholen, und solange kann Joe uns helfen, die Aussagen aufzunehmen. Ich würde gern dieses Zimmer hier benutzen, wenn es Ihnen nicht ungelegen ist.«
»Keineswegs.« Peter sah den Blick des Polizeidirektors sich bescheiden auf ein dünnbeiniges Exempel edwardianischer Tischlerkunst richten und schob prompt einen kräftigen, hochlehnigen Sessel mit gichtigen Armlehnen und Beinen und üppiger Schnitzerei an der Lehne vor.
»Der dürfte Ihrem Gewicht angemessener sein.«
»Sehr eindrucksvoll«, sagte Harriet.
Auch der Dorfpolizist mußte etwas dazu sagen:
»Das war der Sessel vom alten Noakes.«
»Dann wird Sir Galahad auf Merlins Platz sich setzen«, sagte Peter.
Mr. Kirk, der gerade seine soliden zwei Zentner auf den Sessel niederlassen wollte, fuhr wie elektrisiert wieder hoch.
»Alfred Lord Tennyson«, sagte er.
»Auf Anhieb getroffen«, stellte Peter mit gelinder Überraschung fest. Aus den Ochsenaugen des Polizeibeamten schimmerte sanft die Glut der Begeisterung. »Sie scheinen ein belesener Mann zu sein, Herr Polizeidirektor.«
»Na ja, ich lese gern ein bißchen in der Freizeit«, gestand Mr. Kirk verschämt. »Es besänftigt das Gemüt.« Er setzte sich. »Ich denke oft, der Polizeialltag macht einen gern ein bißchen engstirnig und stumpf, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und wenn ich das merke, sage ich: James Kirk, was du jetzt brauchst, ist eine Begegnung mit einem großen Geist, so nach dem Abendessen. Lesen macht den ganzen Mann –«
»Das Gespräch den fertigen Mann«, sagte Harriet.
»Und Schreiben den genauen Mann«, ergänzte der Polizeidirektor. »Merken Sie sich das, Joe Sellon, und machen Sie mir die Aufzeichnungen so, daß man sie lesen und etwas damit anfangen kann.«
»Francis Bacon«, sagte Peter ein wenig verspätet. »Mr. Kirk, Sie sind ein Mann nach meinem Herzen.«
»Danke, Mylord. Bacon – den würden Sie doch als einen großen Geist bezeichnen, nicht? Und was noch mehr ist, er ist sogar Lordkanzler von England geworden, hat also auch ein bißchen was mit Recht und Gesetz zu tun. Na ja! Ich glaube, wir müssen jetzt zur Sache kommen.«
»Wie ein anderer großer Geist es so schön ausgedrückt hat: ›Wie sehr es auch entzücken mag, so ungehemmt durch einen Garten herrlicher Bilder zu wandeln, locken wir Euern Geist nicht fort von einem anderen Gegenstand, der kaum minder wichtig ist?‹«
»Woher ist denn das?« fragte der Polizeidirektor. »Das ist mir neu. ›Garten herrlicher Bilder‹, ja? Hübsch, das muß ich sagen.«
» Kai-Lung « , sagte Harriet.
» Die goldenen Stunden des « , ergänzte Peter. »Ernest Bramah.«
»Schreiben Sie mir das mal auf, Joe. ›Herrliche Bilder -‹ Genau das findet man ja in der Dichtung, nicht wahr? Bilder. Und dazu in einem Garten – man könnte sie wohl Blüten der Phantasie nennen. Na ja –« Er gab sich einen Ruck und wandte sich an Peter. »Wie gesagt, wir können uns an den schönen Phantasien jetzt nicht aufhalten. Nun zu dem Geld, das wir
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