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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ins Haus zurück, wobei er laut die Hintertür zuschlug.
    »Oh, Bunter«, sagte Harriet, »wie ich sehe, machen Sie uns etwas zu essen.«
    »Ja, Mylady. Ich konnte den Lieferwagen vom Kolonial abfangen und uns etwas Schinken für die Sandwichs besorgen. Wir haben auch noch etwas von der Leberpastete und dem Cheshirekäse, die wir aus London mitgebracht haben. Da an das Faßbier im Keller momentan nicht ohne weiteres heranzukommen ist, habe ich mir die Freiheit genommen, Mrs. Ruddle ins Dorf zu schicken, um ein paar Flaschen zu holen. Falls sonst noch etwas gewünscht werden sollte, haben wir auch noch ein Gläschen Kaviar im Korb, aber keine Zitronen, wie ich leider feststellen muß.«
    »Oh, ich glaube nicht, daß Kaviar hier angebracht wäre, Bunter. Was meinen Sie?«
    »Nein, Mylady. Soeben hat das Fuhrunternehmen Paterson das schwere Gepäck gebracht. Ich habe es im Ölschuppen abstellen lassen, bis wir die Muße finden, uns seiner anzunehmen.«
    »Das Gepäck! Das hatte ich ganz vergessen.«
    »Sehr verständlich, Mylady, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf … Die Spülküche«, fuhr Bunter mit kaum merklichem Zögern fort, »erschien mir passender als die Küche für – äh – die Arbeit des Mediziners.«
    »Aber natürlich«, bekräftigte Harriet.
    »Sehr wohl, Mylady. Ich habe Seine Lordschaft gefragt, ob er es unter Berücksichtigung aller Umstände wünscht, daß ich Kohlen bestelle. Er sagte, dies wolle er Ihnen anheimstellen.«
    »Das hat er schon. Sie können die Kohlen bestellen.«
    »Sehr wohl, Mylady. Ich hoffe, daß zwischen Mittag- und Abendessen Zeit genug bleibt, um auch den Küchenkamin zu fegen, sofern uns die Polizei nicht dazwischenkommt. Wünschen Eure Ladyschaft, daß ich mit dem Schornsteinfeger eine entsprechende Vereinbarung treffe?«
    »Ja, bitte. Ich wüßte wirklich nicht, was wir ohne Sie und Ihren klaren Kopf anfangen sollten, Bunter.«
    »Ich bin Eurer Ladyschaft sehr verbunden.«
    Die Abordnung der Polizei war inzwischen ins Wohnzimmer geführt worden. Durch die halboffene Tür hörte man Peter mit hoher, elegant dahinfließender Stimme eine klare Darstellung der ganzen unglaublichen Geschichte geben, immer wieder mit geduldigen Pausen für Zwischenfragen, oder um dem ungelenken Bleistift eines Konstablers das Mitschreiben zu ermöglichen. Harriet seufzte ungehalten.
    »Ich wollte, er müßte sich nicht mit so etwas abgeben. Es ist aber auch zu arg.«
    »Ja, Mylady.« Bunters Gesicht zuckte, als ob eine menschliche Regung durchzubrechen versuchte. Er sagte nichts weiter, aber etwas schien von ihm auszuströmen, was Harriet als Mitgefühl erkannte. Sie fragte spontan:
    »Sagen Sie, Bunter – finden Sie es richtig, daß ich Kohlen bestelle?«
    Es war wohl nicht ganz fair, Bunter mit so einem heiklen Problem zu befassen, aber er verzog keine Miene.
    »Das zu entscheiden steht mir nicht an, Mylady.«
    »Aber Sie kennen ihn viel länger als ich, Bunter. Wenn Seine Lordschaft nur an sich selbst zu denken hätte, meinen Sie, er würde dann fortgehen oder hierbleiben?«
    »Unter diesen Umständen, glaube ich, würde Seine Lordschaft sich zum Bleiben entschließen, Mylady.«
    »Das wollte ich nur wissen. Dann bestellen Sie am besten Kohlen genug für einen Monat.«
    »Sehr wohl, Mylady.«
    Die Männer kamen soeben aus dem Wohnzimmer und wurden vorgestellt: Dr. Craven, Polizeidirektor Kirk, Sergeant Blades. Dann wurde die Kellertür geöffnet; jemand brachte eine Taschenlampe zum Vorschein, und sie gingen alle zusammen hinunter. Harriet, auf die Frauenrolle des Wartens und Schweigens verwiesen, ging in die Küche, um bei der Zubereitung der Sandwichs zu helfen. Diese Rolle war zwar langweilig, aber wenigstens nicht unnütz, denn Mrs. Ruddle stand mit einem großen Messer in der Hand an der Tür zur Spülküche, als gedächte sie alles, was da aus dem Keller heraufkommen mochte, kunstgerecht zu zerlegen.
    »Mrs. Ruddle!«
    Mrs. Ruddle schrak so heftig zusammen, daß sie das Messer fallen ließ.
    »Mein Gott, Mylady! Haben Sie mir aber einen Schrecken eingejagt!«
    »Sie sollten das Brot dünner schneiden. Und schließen Sie bitte die Tür.«
    Langsame, schlurfende schwere Schritte. Dann Stimmen. Mrs. Ruddle unterbrach sich mitten in einer sprühenden Rede, um zu lauschen.
    »Ja, Mrs. Ruddle?«
    »Ach so, ja, Mylady. Ich sag also zu ihm: ›Du brauchst dir nicht einzubilden, daß du mich auf diese Weise drankriegst, Joe Sellon‹ sag ich. ›Du denkst wohl schon, du bist

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