Hochzeit mit Hindernissen
dich mit deinem Eigentum vertraut machen.”
Leicht beklommen kam Heather der Aufforderung nach, doch schon nach wenigen Minuten hatte sie die Gewissheit, dass die elegante kleine Villa genau dem entsprach, wie sie sich ihr Zuhause immer vorgestellt hatte.
Für ein frisch getrautes Ehepaar war es geradezu ideal, und auch für eventuellen Familienzuwachs bot es genügend Platz. Bis es so weit wäre, könnte sie Lorenzo auf seinen Reisen begleiten, um sich allmählich in die Firma einzuarbeiten. Und wenn er in Palermo zu tun hatte, könnten sie sich abends an diesen traumhaften Ort zurückziehen und die Zweisamkeit genießen.
Nachdem sie sich sämtliche Räume angesehen hatte, trat sie hinaus auf die Terrasse, vor der sich ein paradiesischer Garten erstreckte.
Im Schatten der jahrhundertealten Pinien blühten seltene Blumenarten, die durch ein ausgefeiltes System aus Brunnen und Fontänen mit frischem Wasser versorgt wurden.
Am Ende des Gartens führte der Weg zu einer Laube, die inmitten eines Rosengartens stand, dessen Farbenpracht atemberaubend war. Gekrönt wurde das Kunstwerk von einem Beet mit langstieligen roten Rosen, die an Schönheit und Anmut alles übertrafen, was Heather bislang gesehen hatte.
“Ich wusste, dass ich dich hier finde.” Unvermittelt stand Baptista an ihrer Seite und hakte sich bei ihr unter, während sie sich mit dem anderen Arm auf ihren Stock stützte. Gemeinsam gingen sie in die Laube.
“Ich komme oft hierher, wenn ich das Bedürfnis habe, allein zu sein”, sagte Baptista, nachdem sie sich gesetzt hatten.
“Hast du nicht gesagt, dass Federico hier als Gärtner …?”
“Hier hat mir
Fede
, wie ich ihn genannt habe, zum ersten Mal seine Liebe gestanden”, bestätigte Baptista Heathers Vermutung. “Den Rosengarten hat er angelegt, damit ich mich immer daran erinnere, dass es nie eine andere für ihn geben würde.”
“Und was ist aus ihm geworden?”
“Ich weiß es nicht”, erwiderte Baptista traurig. “Als mein Vater herausbekommen hat, was wir füreinander empfinden, hat er ihn sofort entlassen, und ich habe nie wieder etwas von ihm gehört. Jahrelang habe ich versucht, in Erfahrung zu bringen, was aus ihm geworden ist, doch er war wie vom Erdboden verschluckt. Manchmal denke ich, dass ich erst dann in Frieden sterben kann, wenn ich weiß, dass es ihm gut geht. Aber das muss wohl ein Wunsch bleiben.”
Baptistas Worte lösten in Heather Gefühle aus, wie sie sie noch nie empfunden hatte. Es schien ihr unvorstellbar, dass eine Frau einen Mann, den sie nicht liebte, heiraten und mit ihm eine Familie gründen konnte und doch dem Einzigen, den sie je geliebt hatte, auf ihre Weise treu geblieben war.
“Vielleicht ist das die wahre Liebe.” Heather erschrak regelrecht, weil Baptista ihre Gedanken erraten zu haben schien. “Nicht die Leidenschaft und Hingabe der Jugend, sondern dass man jemanden hat, mit dem man sich unterhalten kann, der dir ein Lächeln schenkt, wenn du es brauchst, der dir die Angst vor dem Alter nimmt – und die vor dem Tod.”
“Machen wir uns nichts vor.” Ihr Tonfall änderte sich schlagartig. “Ich bin eine alte Frau, und meine Tage sind gezählt. Deshalb möchte ich dich um etwas bitten. Zu meiner Beerdigung werden sehr viele Menschen kommen, die mir nie etwas bedeutet haben. Nur der nicht, der mir am allermeisten bedeutet hat. Würdest du mir eine von Federicos Rosen ins Grab legen?”
“Willst du nicht einen deiner Söhne darum bitten?”, fragte Heather verwundert und zugleich tief berührt.
Baptista schüttelte den Kopf. “Dafür ist es mir zu wichtig. Lorenzo würde es vor lauter Kummer vergessen, und Renato ist vieles, was mit Liebe und Gefühlen zu tun hat, fremd.”
Heather unterließ es tunlichst, Baptista zu widersprechen – vor allem, was die Einschätzung ihres ältesten Sohnes anging. “Es ist mir eine große Ehre, dass du mich darum bittest”, erwiderte sie stattdessen, “und ich gebe dir mein Wort.”
Sie saßen noch eine ganze Weile schweigend in der Laube, bis sie sich erhoben und zum Auto gingen.
Als Heather Lorenzo am Abend von der Schenkung erzählte, gratulierte er ihr zunächst, bevor sich seine Miene unversehens verfinsterte.
“Ich bin mal gespannt, was Renato dazu sagt. Er hat schon immer fest damit gerechnet, dass er eines Tages Eigentümer von
Bella Rosaria
wird.”
5. KAPITEL
Z wei Tage vor der Trauung setzte der Strom der Verwandten ein, die aus aller Herren Länder anreisten. Allmählich bekam
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