Hochzeit mit Hindernissen
Heather eine Vorstellung davon, was sie am Tag ihrer Hochzeit erwartete.
Trotzdem fieberte sie dem Ereignis voller Freude entgegen. Sie konnte es kaum erwarten, Lorenzos Frau zu werden – nicht zuletzt, weil sie hoffte, dass dann endlich die erotischen Träume aufhören würden, die sie seit dem Vorfall an Bord der
Santa Maria
verfolgten.
Damit nicht genug, sah sie sich selbst tagsüber unwillkürlich mit der Erinnerung an jenen Tag konfrontiert. So etwa, als ihr unter der Dusche ihre nicht ganz nahtlose Bräune aufgefallen war, die nicht zuletzt von dem Sonnenbad auf der Jacht herrührte.
Unwillkürlich hatte sie gemeint, Renatos Hand zu spüren, die sich zärtlich auf ihre Schulter legte, und selbst wenn er sie nur hatte eincremen wollen, erinnerte sie sich allzu gut an den Strudel der Gefühle, den seine Berührung in ihr ausgelöst hatte.
Wie leicht es ihm fiel, sie in Verlegenheit zu bringen, hatte sie schon bei ihrer ersten Begegnung im
Gossways
feststellen müssen. Doch sobald sie verheiratet wäre, würde es damit aus und vorbei sein. Mit der Hochzeitsnacht, so ihre Hoffnung, hätten sich ihre verbotenen Fantasien erübrigt.
Das Hochzeitskleid war ganz im mediterranen Folklorestil gehalten und bestand aus reiner Seide, die mit Brüsseler Spitze gesäumt war. Während es vorn relativ eng geschnitten war, weitete es sich hinten ab der Taille und mündete in eine Schleppe von beeindruckender Länge.
Als Heather sich im Spiegel betrachtete, den Angie ihr vorhielt, hatte sie zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl, nicht nur hübsch, sondern wirklich schön auszusehen. Wofür mehr noch als das hinreißende Kleid die Tatsache verantwortlich war, dass sie seit ihrer Ankunft auf Sizilien auch innerlich regelrecht aufgeblüht war. Und in wenigen Stunden sollte sich ihr Glück erfüllen. Sie liebte Lorenzo und er sie. Mehr konnte sie sich nicht wünschen.
“Hoffentlich ist ein Arzt unter den Hochzeitsgästen”, sagte Angie und lächelte schalkhaft. “Ich könnte mir vorstellen, dass dein Bräutigam vor Begeisterung lang hinschlägt, wenn er dich sieht.”
Angie trug ein schlichtes cremefarbenes Seidenkleid, das ihre Bräune betonte und sie noch anmutiger wirken ließ als ohnehin. Doch für Angie galt dasselbe wie für Heather: Auch aus ihr schien die Insel einen anderen Menschen gemacht zu haben, und aus dem Urlaubsflirt mit Bernardo hatte sich längst etwas Ernstes entwickelt.
Plötzlich klopfte es laut an der Tür. “Es wird höchste Zeit”, rief Renato, ohne ins Zimmer zu kommen. “Bernardo und Lorenzo sind schon vorgefahren. Ich warte unten auf euch.”
Angie reichte Heather den Brautstrauß aus weißen Rosen, bevor sie gemeinsam den Raum verließen und den langen Korridor entlanggingen. Kaum erreichten sie die große Treppe, brandete in der Eingangshalle Applaus auf. Sämtliche Angestellte hatten sich Heather zu Ehren versammelt und beobachteten mit Spannung, wie die Braut majestätisch die Stufen hinabschritt.
Renato kam ihr entgegen und reichte ihr die Hand. Sein Gesichtsausdruck war eigentümlich ernst, doch Heather schob es darauf, dass selbst ihm die Hochzeit seines jüngsten Bruders naheging.
Vor der Tür stand eine große Limousine bereit, und Heather nahm auf der Rückbank Platz. Es blieb Angie überlassen, dafür zu sorgen, dass dabei die Schleppe des Kleides nicht schmutzig wurde.
Nachdem auch Renato eingestiegen war, setzte sich der Wagen langsam in Bewegung. Während der Fahrt nach Palermo betrachtete Heather versonnen die Landschaft. Mit jeder Minute nahm die Aufregung sie immer mehr in Besitz. Unwillkürlich blickte sie zu Renato und erschrak, als sie jenen entrückten Gesichtsausdruck an ihm bemerkte, mit dem er sie schon an Bord der
Santa Maria
betrachtet hatte.
Doch weil sie unterdessen die Kathedrale erreicht hatten, blieb ihr keine Zeit, darüber nachzudenken, was in ihm vorgehen mochte. Kaum war der Wagen zum Stillstand gekommen, wurden auch schon die Türen geöffnet. Angie half Heather beim Aussteigen und kontrollierte den Sitz ihres Kleides.
Als Oberhaupt der Familie fiel Renato die Aufgabe des Brautführers zu. “Können wir?”, fragte er und reichte ihr höflich den Arm.
“Von mir aus”, erwiderte Heather verunsichert, weil sie spürte, dass ihr Tränen in die Augen traten. Dann hakte sie sich bei ihm unter und ließ sich zum Eingang der Kathedrale führen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis sich ihre Augen an das Dämmerlicht im Innern der Kirche gewöhnt
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