Hochzeit mit Hindernissen
“Lass mich sofort los!”, forderte sie, und zu ihrer Überraschung löste Renato den Griff, bis er seinen Arm schließlich sinken ließ.
“Dass Lorenzo vor der Kathedrale Reißaus genommen hat, ist das Beste, was dir passieren konnte”, sagte er ruhig. “Du wärst mit ihm nicht glücklich geworden. Das weißt du selbst ganz genau.”
Heather kam nicht umhin, Renato recht zu geben. Nur wissen lassen wollte sie es ihn um keinen Preis. “Und warum warst du dann so versessen darauf, dass wir heiraten?”
“Damals wusste ich nicht, was ich heute weiß”, erwiderte er, und sein Blick verriet deutlich, woran er dachte.
Bevor Heather der Versuchung erliegen konnte, ihm zu gestehen, dass sie genauso empfand, betrat Jocasta die Terrasse. Renato war augenblicklich wie verwandelt. Er begrüßte das Hausmädchen überschwänglich, und während sich die beiden angeregt unterhielten, bemühte sich Heather, ihrer Erregung Herr zu werden.
Dass sie sich mit Renato gestritten hatte, kaum waren sie länger als zwei Minuten zusammen, wunderte sie nicht. Eher schon die Tatsache, dass sie zum ersten Mal das Gefühl hatte, dass sich hinter der Leidenschaftlichkeit, mit der sie sich streiten konnten, etwas anderes, nicht weniger Leidenschaftliches verbarg. Das hätte auch die Ungeduld erklärt, mit der sie dem Wiedersehen entgegengefiebert hatte.
“Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen, Signore?”, fragte Jocasta freundlich.
“Nein, danke”, lehnte Renato ab. “Die Signora und ich haben noch etwas zu erledigen.”
“Das ist mir neu.” Heather sah ihn fragend an.
“Es wird höchste Zeit, dass du dich in deine Aufgaben als Besitzerin von
Bella Rosaria
einarbeitest”, erklärte Renato. “Luigi ist ein zuverlässiger Verwalter, aber um von ihm und den Mitarbeitern wirklich respektiert zu werden, musst du dich mit allem, was auf dem Gut geschieht, auskennen. Und die Pächter sind schon ganz neugierig auf die neue Herrin. Schließlich wollen sie wissen, was auf sie zukommt.”
“Aber …” Heather wollte ihm erklären, dass sie nicht vorhabe, lange Eigentümerin des Landgutes zu bleiben. Sie unterließ es, weil es hoffnungslos war. Wem auch immer sie das in den letzten Tagen und Wochen gesagt hatte – niemand schien ihr zuzuhören, und Renato schon gar nicht.
Im Gegenteil. Sobald sie in seinem Cabriolet saßen und er ihr die Weinberge, Olivenhaine und Obstplantagen zeigte, die zu ihrem Besitz gehörten, verlief die Unterhaltung überaus einseitig. Heather kam kaum mehr zu Wort, so begeistert erzählte Renato von der herausragenden Ernte, die das Gut Jahr für Jahr abwarf, und den Plänen, die die Firma Martelli für das kommende Jahr hatte.
Wo immer sie im Lauf des Nachmittags hielten, verwickelten ihn Landarbeiter in Fachgespräche, bei denen Heather kaum verstand, worum es ging. Doch zu ihrer Überraschung gab sich Renato alle erdenkliche Mühe, sie in die Gespräche einzubeziehen, um den Mitarbeitern klarzumachen, mit wem sie es zu tun hatten. Und zwischendurch erklärte er ihr das Wichtigste, ohne je ungeduldig oder gar herablassend zu werden.
Als sie am frühen Abend eine Schaffarm erreichten, schlug Heathers Herz höher. Sie stellte dem Verwalter zahlreiche Fragen, die er mit einem anerkennenden Nicken beantwortete.
“Woher weißt du das alles?”, erkundigte sich Renato überrascht.
“Mein Großvater war Schäfer”, erklärte Heather ihm. “Und weil ich in den Ferien häufig bei ihm war, habe ich das eine oder andere von ihm gelernt.”
Renatos Lächeln verriet eine derart übertriebene Freude, dass Heather ein eigentümlicher Verdacht kam. Der von dem genährt wurde, was sie in Ellona erwartete. Sämtliche Einwohner, so schien es, hatten sich auf der Dorfstraße eingefunden, um die neue Eigentümerin von
Bella Rosaria
kennenzulernen. Sogar der Pfarrer war eigens aus der Kirche gekommen, um Heather zu begrüßen.
Für die ungeheure Aufmerksamkeit, die man ihr zuteil werden ließ, musste es einen tieferen Grund geben, und mittlerweile meinte Heather, ihn zu kennen.
“Sollen wir morgen einen Ausritt machen?”, fragte Renato, nachdem sie die Villa erreicht hatten.
“Kommst du morgen denn wieder?”
“Das wird nicht nötig sein”, erwiderte er lächelnd. “Es sei denn, du hast etwas dagegen, dass ich über Nacht bleibe.”
“Von mir aus”, erwiderte Heather betont gleichgültig. “Ich sage Jocasta, dass sie dir ein Zimmer fertig machen soll.”
“Wie ich sie kenne, ist das schon
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