Hochzeit nach Plan B (German Edition)
was ich dann hörte, machte mir die Sache noch schwerer.
»Hannah ist wirklich ein nettes Mädchen«, sagte Erwin gerade. »Hättest du gedacht, dass wir mal so eine angenehme Schwiegertochter kriegen?«
Evelyn kicherte. »Wohl kaum. Wenn ich an ihre Vorgängerinnen denke, da war ja eine schlimmer als die andere. Allerdings ...«, sie machte eine kurze Pause, »... bin ich mir nicht ganz sicher, ob es wirklich eine gute Idee ist, an dem Hochzeitstermin festzuhalten. Noch können sie das Ganze doch aufs Frühjahr verschieben.«
»Bist du verrückt?« Erwin klang entrüstet. »Damit inzwischen irgendein anderer Kerl kommt und sie Ben wegschnappt? Neenee, wer nicht kommt zur rechten Zeit, muss essen das, was übrig bleibt. Und das gilt auch und besonders fürs Heiraten.«
»Du hast ja recht«, versuchte Evelyn ihren Mann zu besänftigen. »Aber denk doch mal dran, was der Arzt gesagt hat. In seinem Zustand verträgt Ben absolut keinen Stress, jede Aufregung wäre Gift für ihn. Und von stresslosem Heiraten habe ich noch nie etwas gehört.«
Das letzte, was ich hörte, war, dass Erwin etwas von »in ganz kleinem Kreis«, sagte. Den Rest konnte ich nicht verstehen, weil ich mich schon wieder wie ein Dieb zurück in mein Zimmer schlich.
Sosehr ich auch geschmeichelt war, dass die beiden mich anscheinend mochten, wäre es doch viel einfacher gewesen, wenn sie stattdessen kräftig über mich abgelästert hätten. Viel mehr aber beschäftigten mich Evelyns letzte Sätze. Ben vertrug momentan absolut keine Aufregung.
Ich ließ mich auf das Bett fallen und überlegte. War es ein Grund zum Aufregen, wenn sich die Frau, die man für seine Verlobte hielt und die sich gerade bei seinen Eltern einquartiert hatte, als Betrügerin herausstellte?
Natürlich war es das, sosehr ich mir die Sache auch schön beziehungsweise harmlos zu reden versuchte. Wenn ich also jetzt die Wahrheit sagte, würde sich sein ohnehin angeschlagenes Hirn vielleicht nie wieder von diesem Tiefschlag erholen. Und das war allein meine Schuld.
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, sagt man ja immer, aber ich würde wohl die langgezogene Variante wählen müssen: Ein ausgedehnter Schrecken mit einem noch schrecklicheren Ende.
Ich seufzte. Wie ich es auch drehte und wendete, es blieb mir wohl nichts anderes übrig, als das Spiel noch ein Weilchen weiterzuspielen.
Nachdem ich noch ein paar Mal tief durchgeatmet hatte, stand ich auf, packte meinen Koffer wieder aus und verschwand im Bad, um meine Beule zu überschminken.
Wenn ich schon lügen und betrügen musste, dann wenigstens in Würde.
Kapitel 10
Nachdem ich mich soweit hergerichtet hatte, dass ich es wagen konnte, wieder unter Menschen zu gehen, lief ich noch einmal in Richtung Küche.
Ein himmlischer Duft nach frisch gebrühtem Kaffee und Eiern mit Speck zog durch den Flur. Für mich war das eine völlig ungewohnte Situation, aber ich musste zugeben, dass ich noch jahrelang das Blaue vom Himmel runtergelogen hätte, wenn ich dafür jeden Morgen mit so einem Frühstück entschädigt wurde.
Als ich die Küche betrat, saß Erwin am Tisch und las entspannt Zeitung, während Evelyn am Herd stand, Eier briet und ganz nebenbei ein Waffeleisen mit Teig befüllte.
»Guten Morgen«, strahlte sie mich an. »Hattest du eine gute Nacht?«
Ich nickte. »Ich habe ganz wunderbar geschlafen und fühle mich heute schon viel besser.«
»Nachts sind alle Katzen grau«, kommentierte Erwin, ohne von seiner Zeitung aufzusehen.
Ich wusste nicht so ganz, was ich von seiner Aussage halten sollte, also warf ich Evelyn einen unsicheren Blick zu. Erleichtert registrierte ich, dass sie kopfschüttelnd abwinkte. Also sollte ich den Einwurf wohl einfach ignorieren.
»Mmh, das riecht aber gut«, sagte ich schwärmerisch. »Ist das Frühstück für die Pensionsgäste bestimmt?«
Evelyn lächelte. »Das ist es, aber unsere eigenen Gäste haben natürlich Vorrang. Was möchtest du haben?«
Ich entschied mich für Rührei mit Speck und anschließend eine der frisch gebackenen Waffeln. Mit einem Teller, der so voll beladen mit Ei war, dass locker eine vierköpfige Familie mitsamt Schäferhund eine Woche davon hätte leben können, und einem großen Becher dampfenden Kaffees setzte ich mich zu Erwin an den Tisch.
Der schob mir wortlos einen Teil seiner Zeitung rüber. Sofort meldete sich mein Gewissen mit einem knallharten siehst du, du solltest dich schämen! zu Wort. Obwohl es nur eine winzige
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