Hochzeit nach Plan B (German Edition)
Geste war, hatte ich das Gefühl, von ihm in die Familie aufgenommen worden zu sein, und das nagte mehr an mir als Evelyns fantastisches Frühstück.
»Wir müssen dich leider gleich allein lassen«, riss Evelyn mich aus meinen trüben Gedanken. »Ich muss das Frühstücksbuffet für die Pensionsgäste aufbauen und Erwin will in den Baumarkt. Bei so einem alten Haus liegen immer irgendwelche Reparaturen an. Eberhard ist übrigens auch schon weg. Er macht Besorgungen im Großmarkt.«
»Ich bemühe mich immer, in den Baumarkt zu fahren, wenn er nicht da ist«, brummte Erwin hinter seiner Zeitung. »Sonst kriege ich ihn nicht wieder aus der Sanitärabteilung raus.«
Ich grinste verstohlen. Ich konnte mir schon vorstellen, wie Eberhard vor dem Regal mit Klobrillen stand und die wildesten Pläne ausheckte, wie er die neuen Klobrillen gegen die benutzten irgendwelcher A-, B- und C-Promis austauschen konnte. Dabei konnte ich das Leuchten in seinen Augen beinahe vor mir sehen.
»Der Einzige, der dir noch über den Weg laufen könnte, ist Daniel«, hörte ich Evelyn sagen. »Er hat heute später Schule und kriecht immer erst in allerletzter Minute aus dem Bett. Kommst du denn allein klar?« Sie warf einen Blick auf meine Beule. Selbst mit meinem Super-Abdeckstift hatte ich sie nicht ganz zum Verschwinden gebracht.«
»Das ist überhaupt kein Problem«, versicherte ich schnell. Ganz im Gegenteil, fügte ich in Gedanken hinzu. Je weniger ich mit den Baumgartners zusammen war, umso geringer war auch meine Chance, mich zu verplappern. »Ich wollte nachher sowieso zu Ben ins Krankenhaus.«
»Vielleicht kann Eberhard dich fahren, wenn er wieder da ist«, schlug Evelyn vor, doch ich schüttelte den Kopf.
»Ich denke, das wird nicht nötig sein. Gesundheitlich geht es mir ja wieder gut.«
Evelyn schien nicht überzeugt. »Findest du denn den Weg dorthin?«
»Ja klar, das ist doch nicht so schwierig«, gab ich im Brustton der Überzeugung zurück. Hey, es war ihr Sohn, der an Amnesie litt, nicht ich. Erst bei ihrem nächsten Satz begriff ich überhaupt, worum es ging.
»Du scheinst ja einen bemerkenswerten Orientierungssinn zu haben, wenn du dich schon so gut auskennst«, erklärte Evelyn. »Ich meine, wo du doch gerade seit ein paar Tagen in Hamburg bist.«
Uups, warum hatte mir denn keiner gesagt, dass Bens Verlobte bisher woanders gewohnt hatte? Wahrscheinlich, weil sie es ja selbst am besten wissen musste!
»Äh – ich kenne mich ja gar nicht aus, aber mein Navi weiß glücklicherweise eine Menge über Hamburg«, brachte ich gequält hervor, und obwohl mein Tonfall nicht gerade überzeugend geklungen hatte, war ich doch völlig begeistert von meiner eigenen Schlagfertigkeit.
»Ach so, ja klar«, lächelte Evelyn, und ich atmete erleichtert auf. Aber noch etwas anderes brannte mir unter den Nägeln.
»Kann ich vielleicht nachher euer Telefon benutzen?«, fragte ich brav. »Ich muss mich dringend um einen neuen Job kümmern.«
»Aber da brauchst du doch nicht extra zu fragen«, gab sich Evelyn entrüstet, während Erwin mir den Zeitungsteil mit den Stellenanzeigen zuschob und etwas von »Arbeiten bringt Brot, Faulenzen Hungersnot« murmelte.
»Was hast du denn bisher gemacht? Beruflich, meine ich«, erkundigte sich Evelyn.
Ich kniff kurz die Augen zusammen. War das eine Fangfrage? Hatte Ben von seiner Verlobten erzählt und sie wollten jetzt überprüfen, ob ich auch die Wahrheit sagte? Ich hoffte nicht, und wenn hätte ich kaum die Chance, den Beruf von seiner richtigen Verlobten spontan zu erraten. Von Nageldesignerin bis Herzchirurgin war schließlich alles möglich.
»Ich habe in einem Architekturbüro gearbeitet«, antwortete ich daher wahrheitsgemäß.
»Na, da müsste sich doch etwas für dich finden lassen. In Hamburg gibt es davon doch genug«, meinte Evelyn zuversichtlich, während Erwin nachhakte: »Als was denn? Technische Zeichnerin? Bürokraft? Kaffeeköchin?«
»Ich würde sagen, von allem ein bisschen«, antwortete ich schnell, ehe er noch die Putzfrau hinzufügen konnte. Zum Glück gab er sich mit der Antwort zufrieden. Anscheinend war ich überzeugend genug gewesen.
Trotzdem war ich erleichtert, als sich die beiden kurz darauf verabschiedeten und mich in ihrer Küche meinem Schicksal überließen. Genüsslich an meiner unglaublich leckeren Waffel mümmelnd machte ich mich über die Zeitung her.
Erst nachdem ich ganz in Ruhe alle Artikel gelesen hatte, die halbwegs mein Interesse fanden ( wie?
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