Hochzeit zu verschenken
mir die vermeintlich guten Gründe wie schlechte Witze vor. Mum und Dad haben keine Ahnung, was das Plaza überhaupt ist. Warum sollten sie in eine Millionenstadt zu irgendeinem piekfeinen Hotel fliegen wollen, das sie vorher noch nie gesehen haben? Warum sollten sie darauf verzichten wollen, die Hochzeit auszurichten, von der sie immer geträumt haben? Ich bin ihre einzige Tochter. Ich bin ihr einziges Kind.
Also... was soll ich tun?
Ich starre auf das Papier, atme schwer und lasse meine Gedanken die Schlacht austragen. Verzweifelt suche ich nach einer Lösung, nach einem Schlupfloch. Ich will nicht aufgeben, bevor ich nicht alles versucht habe. Meine Gedanken kreisen und kreisen. Sie drehen sich im Kreis. Sie kreisen und kreisen wie... ein Kreisel.
»Becky?«
Mum kommt herein, und ich fahre schuldbewusst zusammen und zerknülle die Liste.
»Hi!«, sage ich fröhlich. »Ah! Kaffee! Super!«
»Das ist koffeinfreier«, sagt Mum und reicht mir einen Becher mit dem Aufdruck Mach dir keine Sorgen um deine Hochzeitsvorbereitungen - das macht deine Mutter schon. »Ich dachte, du trinkst zurzeit vielleicht koffeinfreien.«
»Nein«, sage ich überrascht. »Aber macht nichts.«
»Wie fühlst du dich?« Mum setzt sich neben mich, und mein Papierknäuel wandert ständig von einer Hand zur anderen. »Ein bisschen müde? Ist dir vielleicht auch etwas übel?«
»Ach, es geht.« Ich seufze etwas tiefer, als ich eigentlich vorhatte. »Aber das Essen an Bord war natürlich mal wieder unter aller Kritik.«
« Du musst sehen, dass du bei Kräften bleibst!« Mum drückt meinen Arm. »So. Und jetzt - habe ich was für dich, Becky!« Sie reicht mir ein Stück Papier. »Was sagst du?«
Ich falte das Papier auseinander und betrachte es perplex. Das ist die Beschreibung eines Hauses. Eines Hauses mit sechs Zimmern in Oxshott, um genau zu sein.
»Hört sich gut an, oder?« Mum strahlt. »Guck doch mal, was das alles hat!«
»Wollt ihr etwa umziehen?«
»Doch nicht wir, du Dummerchen! Das ist für euch! Dann könntet ihr ganz in unserer Nähe wohnen! Guck mal, da gibt es einen gemauerten Grill, zwei Schlafzimmer mit eigenem Bad...«
»Mum, wir wohnen in New York.«
»Ja, im Moment. Aber ihr werdet doch wohl nicht ewig in New York bleiben wollen, oder? Langfristig kommt ihr doch bestimmt wieder?«
Plötzlich klingt ihre Stimme regelrecht alarmiert, und obwohl Mum immer noch lächelt, verraten ihre Augen die innere Spannung. Ich mache den Mund auf, um zu antworten - und dann fällt mir zu meiner eigenen Überraschung auf, dass Luke und ich noch nie ernsthaft darüber gesprochen haben, wo wir langfristig leben wollen.
Wahrscheinlich bin ich stillschweigend immer irgendwie davon ausgegangen, dass wir irgendwann nach England zurückkehren. Aber wann?
»Ihr wollt doch wohl nicht für immer da bleiben, oder?«, fragt sie noch einmal nach und lacht nervös.
»Ich weiß es nicht«, antworte ich verstört. »Ich weiß nicht, was wir vorhaben.«
»Aber in der winzigen Wohnung ist doch kein Platz für eine Familie! Für eine Familie braucht ihr ein Haus mit Garten. Und zwar am besten hier in England. Und am besten sofort.«
»Wieso sofort?«
»Na, weil...« Sie macht ein seltsame Geste vor ihrem Bauch.
»Was?«
»Ach, Becky.« Mum seufzt. »Ich verstehe ja, dass du dich ein bisschen... scheust, es zu erzählen. Aber das ist doch völlig in Ordnung, Liebes! Heutzutage ist das absolut akzeptabel. Es ist kein Stigma mehr.«
»Stigma? Wovon -«
»Wir müssten nur wissen...« Sie hält inne. »Um wie viel das Kleid weiter gemacht werden soll.«
Das Kleid weiter machen? Was zum...
Moment!
»Mum! Du glaubst doch wohl nicht etwa, dass ich... dass ich...« Ich mache die gleiche seltsame Geste vor meinem Bauch wie sie vorher vor ihrem.
»Nein?« Ich sehe Mum die Enttäuschung an.
»Nein! Natürlich nicht! Wie kommst du denn bloß darauf?«
»Du hast gesagt, du müsstest etwas Wichtiges mit uns besprechen!«, sagt Mum und trinkt fast schon schmollend einen Schluck Kaffee. »Es ging nicht um Luke, es ging nicht um deinen Job, und es ging nicht um deine Bank. Und Suzie bekommt ja auch ein Kind, und ihr beiden Mädchen habt doch immer alles zusammen gemacht, darum dachten wir...«
»Falsch gedacht. Und Drogen nehme ich auch keine, bevor du danach fragst.«
»Ja aber, was willst du denn dann mit uns besprechen?« Sie stellt ihren Becher ab und sieht mich besorgt an. »Was ist denn so wichtig, dass du extra herkommen müsstest?«
Es
Weitere Kostenlose Bücher