Hochzeit zu verschenken
Hochzeit«, merkt Dad an. »Ich finde ja, dass die Leute heutzutage viel zu viel Aufhebens darum machen. Es reicht doch völlig aus, wenn man alles in letzter Minute organisiert.«
»Allerdings!«, stimme ich erleichtert zu. »Da bin ich absolut eurer Meinung!«
Gott sei´s getrommelt und gepfiffen. Ich lasse mich im Autositz zurücksinken und spüre, wie die Anspannung von mir abfällt. Das macht es ja alles bedeutend leichter. Wenn sie noch gar nicht viel unternommen haben, können sie ja ganz schnell alles wieder rückgängig machen. Es hört sich sogar fast so an, als wenn sie gar keine große Lust auf das alles hätten. Das ist ja hervorragend! Alles wird gut! Ich habe mir ganz umsonst Sorgen gemacht!
»Suzie hat übrigens angerufen«, sagt Mum. Wir sind jetzt schon fast zu Hause. »Sie hat gefragt, ob du Lust hättest, dich heute Nachmittag mit ihr zu treffen. Ich habe ihr gesagt, dass du bestimmt Lust hättest... Ach, und ich muss dich warnen.« Mum dreht sich zu mir um. »Tom und Lucy.«
»Ja?<- Jetzt kommen bestimmt wieder detaillierte Schilderungen ihrer allerneuesten Küche oder etwas darüber, wie oft Lucy inzwischen befördert worden ist.
»Die beiden haben sich getrennt.« Mum sagt das ganz leise, obwohl wir drei doch völlig unter uns sind.
»Sie haben sich getrennt?« Fassungslos glotze ich sie an. »Im Ernst? Aber die sind doch erst... wie lange verheiratet?
»Noch nicht mal zwei Jahre. Janice ist fix und fertig. Kannst du dir ja vorstellen.«
»Aber wie ist das denn gekommen?«, frage ich bestürzt, und Mum schürzt die Lippen.
»Lucy ist mit einem Drummer durchgebrannt.«
»Mit einem Drummer?«
»Von einer Band. Angeblich hat er ein Piercing in...« Sie hält missbilligend inne, und schon fallen mir alle möglichen und unmöglichen piercebaren Stellen des menschlichen Körpers ein, von denen meine Mutter bestimmt nicht die leiseste Ahnung hat. (Offen gestanden, die hatte ich auch nicht, bis ich ins West Village zog.) »Der Brustwarze«, sagt sie schließlich, und ich bin ein wenig erleichtert.
»Moment, jetzt noch mal langsam zum Mitschreiben, ja? Lucy ist durchgebrannt... mit einem Drummer... mit einem Piercing in der Brustwarze.«
»Er wohnt in einem Wohnwagen«, fügt Dad noch hinzu, als er nach links blinkt.
»Nach all der Arbeit und Mühe, die Tom in den schönen Wintergarten gesteckt hat.« Mum schüttelt den Kopf. »Manche Frauen sind ja so etwas von undankbar.«
Ich fasse das einfach nicht. Lucy arbeitet bei der Wetherby´s Investment Bank. Sie und Tom wohnen in Reigate. Ihr Sofa ist mit dem gleichen Stoff bezogen, aus dem auch ihre Vorhänge sind. Wo zum Teufel hat sie einen Drummer mit einem Piercing in der Brustwarze kennen gelernt???
Und dann fällt mir das Gespräch ein, das ich letztes Mal als ich hier war, zufällig im Garten mitbekam. Da klang Lucy nicht gerade glücklich. Aber sie klang auch nicht so, als wenn sie in Kürze mit einem anderen Kerl durchbrennen würde.
»Und wie geht‘s Tom?«
»Er kommt zurecht«, sagt Dad. »Ist zurzeit zu Hause bei Janice und Martin, der arme Teufel.«
»Also, wenn du mich fragst, konnte ihm gar nichts Besseres passieren«, bemerkt Mum spitz. »Aber Janice tut mir so wahnsinnig Leid. Nach dieser wunderbaren Hochzeit, die sie für die beiden ausgerichtet hat. Dieses Mädchen hat sie einfach alle hinters Licht geführt.«
Wir halten vor unserem Haus, und zu meiner Überraschung sind in der Einfahrt zwei weiße Lieferwagen geparkt.
»Was ist denn hier los?«, frage ich.
»Nichts«, sagt Mum.
»Die Klempner«, sagt Dad.
Aber irgendwie gucken die beiden komisch. Mums Augen funkeln, und auf dem Weg zur Haustür wirft sie Dad verstohlene Blicke zu.
»Seid ihr bereit?«, fragt Dad ganz lässig. Er steckt den Schlüssel ins Schloss und stößt die Tür auf.
»Überraschung!!«, rufen Mum und Dad unisono, und mir fällt fast die Kinnlade herunter.
Die alte Tapete im Flur ist weg. Der alte Teppich im Flur ist weg. Alles strahlt in hellen, frischen Farben, auf dem Boden liegt Sisal, und überall hängen neue Lampen. Ungläubig lasse ich den Blick schweifen. Oben auf der Treppe sitzt ein unauffälliger Mann in einem Overall und streicht das Geländer. Auf dem Treppenabsatz stehen noch zwei Männer auf einer Trittleiter und hängen einen Leuchter auf. Es riecht nach Farbe. Es riecht... neu. Es riecht nach horrenden Ausgaben.
»Ihr lasst das Haus renovieren«, piepse ich.
»Für die Hochzeit!«, strahlt Mum mich an.
»Aber ihr habt
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