Hochzeit zu verschenken
gesagt. »Das... das wusste ich ja gar nicht.«
»Ja also! Das ist doch nichts, was man seiner Tochter auf die Nase bindet! Also.« Jetzt schlägt sie wieder einen geschäftsmäßigen Ton an. »Hat Luke dir schon erzählt, dass wir einen Termin gefunden haben? Das war gar nicht so einfach, musst du wissen! Ist schon fast alles und fast jeder ausgebucht. Aber ich habe mit Peter von der Kirche gesprochen, und da bei ihm gerade ein anderes Paar wieder abgesagt hat, kann er uns um drei Uhr an dem Samstag reinquetschen. Sonst müssten wir bis November warten.«
»Bis November?« Ich verziehe das Gesicht. »November ist ja nun nicht gerade der Traum-Hochzeitsmonat.«
»Eben. Also habe ich ihm gesagt, er soll uns schon mal mit Bleistift eintragen. Ich hab‘s auch schon in unseren Kalender eingetragen, guck mal.«
Mums Kalender hängt am Kühlschrank und hat auf jeder Monatsseite ein neues Rezept mit Nescafe. Als ich ihn durchblättere, springt mir auf dem Juni-Blatt tatsächlich ein dickes, mit Filzstift eingetragenes »Beckys Hochzeit« ins Auge.
Ich starre die Worte an. Komisches Gefühl. Es ist wirklich wahr. Ich werde wirklich heiraten. Das ist kein Traum.
»Außerdem hatte ich gerade ein paar Ideen bezüglich des Festzeltes«, fahrt Mum fort. »In irgendeiner Zeitschrift habe ich ein richtig schönes gestreiftes gesehen, und da dachte ich nämlich noch: >Das muss ich Becky zeigen<...«
Sie dreht sich um und zaubert einen ganzen Stapel von Hochglanzmagazinen hervor. Brides. Modern Bride. Wedding and Home. Sie glänzen mich genau so prall und einladend an wie ein Teller voller glasierter Donuts.
»Wow!«, sage ich und muss mich beherrschen, mir nicht sofort eine zu krallen. »Ich habe noch keine einzige von diesen Brautzeitschriften gelesen. Ich weiß nicht mal, wie die überhaupt sind.«
»Ich auch nicht«, behauptet Mum prompt, während sie ziemlich geübt eine Ausgabe der Wedding and Home durchblättert. »Ich habe sie nur mal ganz schnell überflogen, um einen Eindruck zu bekommen. Im Grunde bestehen die ja sowieso nur aus Werbung...«
Zögernd streiche ich mit den Fingerspitzen über die Titelseite einer You and Your Wedding. Ich kann noch gar nicht glauben, dass ich diese Zeitschriften jetzt offiziell lesen darf. Ohne Heimlichtuerei! Ich muss mich nicht mehr neben dem Zeitschriftenständer verstecken, muss nicht mehr nur kurze, verstohlene Blicke hineinwerfen, als würde ich mir Kekse in den Mund stopfen und immer Angst haben, dass mich jemand sieht.
Aber ich habe mir das derart angewöhnt, dass es mir schwer fällt, aus dieser Gewohnheit auszubrechen. Obwohl ich einen Verlobungsring am Finger habe, tue ich so, als würden mich diese Zeitschriften gar nicht interessieren.
»Na, ein kurzer Blick kann ja wohl nicht schaden«, sage ich dann so unbeteiligt wie möglich. »Nur, um ganz grundlegend Bescheid zu wissen... um zu sehen, was es so gibt...«
Ach, was soll´s. Mum hört mir nicht mal zu, also kann ich auch genau so gut aufhören, so zu tun, als wenn ich nicht jede einzelne dieser Zeitschriften gierig von der ersten bis zur letzten Seite verschlingen würde. Überglücklich lasse ich mich mit einer Ausgabe der Brides in einen Sessel fallen, und die folgenden zehn Minuten laben Mum und ich uns schweigend an den wunderschönen Bildern.
»Da!«, ruft Mum plötzlich. Sie dreht die Zeitschrift herum, so dass ich das Foto von einem aufgeblähten, weiß-silber gestreiften Festzelt sehen kann. »Ist das nicht hübsch?«
»Sehr.« Ich lasse den Blick interessiert über die Bilder von den Brautjungfernkleidern wandern, dann über die Brautsträuße... und dann entdecke ich das Erscheinungsdatum.
»Mum!«, rufe ich. »Die ist ja von letztem Jahr! Wieso hast du denn letztes Jahr schon Brautzeitschriften angeguckt?«
»Keine Ahnung.« Die Frage ist ihr sichtlich unangenehm. »Vielleicht habe ich die... aus dem Wartezimmer beim Arzt oder so. Ist doch egal. Hast du schon ein paar Ideen?«
»Na ja... Ich weiß nicht«, antworte ich lahm. »Ich glaube, ich will einfach was ganz Schlichtes.«
Und schon schießt mir ein Bild von mir in einem üppigen weißen Kleid und einem glitzernden Tiara in den Kopf... wie mein Märchenprinz auf mich wartet... die Menschen am Straßenrand uns zujubeln...
Okay, es reicht. Ich werde nicht durchdrehen. Das hatte ich doch beschlossen.
»Ganz deiner Meinung«, sagt Mum. »Du willst etwas, das elegant und geschmackvoll ist. Oh, guck doch mal, Weintrauben mit goldenem Laub. Das
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