Hochzeit zu verschenken
Erins Umkleideraum.
»Wenn Sie es wenigstens mal probieren würden -«, höre ich Erin sagen.
»Sie wissen genau, dass ich diese Farbe nie trage!« Die Stimme wird lauter, und ich erstarre.
Die Stimme hat einen britischen Akzent.
»Ich habe keine Lust, hier meine Zeit zu verschwenden! Wenn Sie mir Sachen bringen, die ich nicht tragen kann -«
Mir ist, als würden mir winzige Spinnen über den Rücken laufen. Das glaube ich nicht. Das kann doch nicht »Aber Sie wollten doch einen neuen Look!«, sagt Erin hilflos.
»Rufen Sie mich an, wenn Sie etwas Entsprechendes gefunden haben!«
Und bevor ich mich aus meiner Starre löse, ist sie auch schon da. Schreitet groß und blond und makellos wie immer aus Erins Umkleideraum, die Lippen bereits zu einem hochnäsigen Lächeln geschwungen. Ihre Haare sind glatt, ihre blauen Augen funkeln - sie sieht besser aus denn je.
Alicia Billington.
Alicia Biest-Langbein.
Ich begegne ihrem Blick, was eine Wirkung wie ein Elektroschock auf mich hat. Ich spüre, wie meine in einer maßgeschneiderten grauen Hose steckenden Beine anfangen zu zittern. Ich habe Alicia Billington jetzt seit gut einem Jahr nicht mehr gesehen. Ich sollte in der Lage sein, mit der Situation umzugehen. Aber plötzlich ist es, als sei diese lange Zeitspanne zu einem Nichts zusammengeschrumpft. Ich kann mich immer noch erschreckend klar an unsere damaligen Begegnungen erinnern, und ich empfinde immer noch den gleichen Schmerz dabei. Wenn ich daran denke, was sie mir angetan hat. Und was sie versucht hat, Luke anzutun.
Sie sieht mich jetzt genau so herablassend an wie damals, als sie noch ein PR-Püppchen war und ich frisch gebackene Reporterin. Und obwohl ich mir selbst mit fester Stimme einrede, dass ich seitdem viel erwachsener und reifer geworden bin, dass ich eine starke und beruflich erfolgreiche Frau bin, die sich mit niemandem messen muss... merke ich, wie ich innerlich zusammenfalle. Wie ich wieder zu dem Mädchen werde, das sich immer ein bisschen spleenig vorkam und das nie so recht wusste, was es sagen sollte.
»Rebecca!«, sagt sie und sieht mich amüsiert an. »Wer hätte das gedacht!«
»Hi, Alicia«, sage ich und ringe mir ein höfliches Lächeln ab. »Wie geht‘s?«
»Ich hatte ja gehört, dass du jetzt in einem Laden arbeitest, aber das hatte ich eigentlich für einen Witz gehalten.« Sie lacht kurz auf. »Aber da bist du ja. Tja... Passt ja auch wie die Faust aufs Auge.«
Ich arbeite nicht einfach nur in einem Laden!, will ich sie wütend anschreien. Ich bin persönliche Einkaufsberaterin! Das ist ein Beruf, der eine hohe Qualifikation erfordert! Ich helfe Menschen!
»Und du bist immer noch mit Luke zusammen, ja?« Sie sieht mich pseudo-besorgt an. »Ist seine Firma denn jetzt endlich wieder auf Kurs? Er muss ja eine schlimme Zeit durchgemacht haben.«
Ich fasse es einfach nicht. Diese Frau. Sie war es, die versucht hat, Lukes Firma kaputtzumachen. Sie war es, die eine rivalisierende PR-Firma gründete, die inzwischen bankrott ist. Sie war es, die das gesamte Vermögen ihres Verlobten in den Sand gesetzt hat. Und sie war es, die nur gegen eine von ihrem Vater gestellte Kaution auf freien Fuß gesetzt wurde.
Und jetzt führt sie sich auf wie die große Siegerin.
Ich muss mehrmals schlucken und versuche, eine passende Antwort zu finden. Ich weiß, dass ich Alicia überlegen bin. Ich müsste eigentlich in der Lage sein, eine perfekte, höfliche und doch schlagfertige Antwort zu produzieren. Aber es fällt mir keine ein.
»Ich lebe jetzt auch in New York«, erzählt sie blasiert. »Das heißt, wir werden uns in Zukunft wohl öfter über den Weg laufen. Vielleicht verkaufst du mir ja mal ein Paar Schuhe.« Sie bedenkt mich mit einem letzten herablassenden Lächeln, schwingt sich ihre Chanel-Tasche über die Schulter und verlässt unsere Abteilung.
Als sie weg ist, herrscht einen Moment absolute Stille.
»Wer war das denn?«, fragt Laurel schließlich, die in halb angezogenem Zustand aus dem Umkleideraum gekommen war, ohne dass ich es bemerkt hatte.
»Das war... Alicia Biest-Langbein«, sage ich noch leicht benommen.
»Wohl eher Alicia Biest-Fettarsch«, sagt Laurel. »Ich sage ja immer, es geht nichts über ein vollblütiges englisches Biest. Dagegen können alle anderen einpacken.« Sie nimmt mich in den Arm. »Machen Sie sich wegen der bloß keine Sorgen. Ganz gleich, wer sie ist - sie ist nur eifersüchtig.«
»Danke«, sage ich und schüttele den Kopf, um wieder einen klaren
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