Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)
sehnsuchtsvoll in Richtung Nebenraum schaute, in den seine Frau verschwunden war.
Dorthin wollte ich auch gerade gehen, als mich plötzlich jemand am Arm festhielt. Ich drehte mich um.
»Hanna, hast du meinen Brief bekommen?«, fragte Stefan. Er hatte ein rotes Gesicht und schwitzte heftig. Allerdings nicht vom Herumhopsen, sondern von der Arbeit.
Mist. Dabei hatte ich gedacht, ich könnte ihm heute aus dem Weg gehen.
»Ja. Hab ich.« Ich lächelte bemüht. »Bin leider noch nicht dazu gekommen, dir zu antworten«, sagte ich überflüssigerweise.
»Das habe ich schon gemerkt. Deswegen frage ich ja.«
Eigentlich müsste ich ihm jetzt sagen, dass er nicht in Frage kam. Aber irgendwie brachte ich es nicht übers Herz.
»Du Stefan, ich muss mir das alles erst durch den Kopf gehen lassen. So eine Heirat ist ja kein Pappenstiel.«
Er nickte.
»Natürlich. Das versteh ich schon. Aber ich dachte, das wäre doch was. Du und ich …« Als er plötzlich schüchtern lächelte, bemerkte ich sein Grübchen in der linken Wange. Dieses Grübchen hatte mir schon damals gefallen. Und jetzt wusste ich auch wieder, warum er der erste Junge war, der mich geküsst hatte. Er war damals richtig süß gewesen.
»Wir reden mal in den nächsten Tagen, okay?«
»Gut. Ich muss jetzt auch wieder weiterarbeiten.« Damit drehte er sich um und ging. Erleichtert schloss ich kurz die Augen und atmete tief ein. Jemand tippte mir auf die Schulter. Was wollte er denn noch?
»Ich freue mich sehr, dass du zur Hochzeit gekommen bist.« Die Stimme war rauchig und tief und gehörte eindeutig nicht Stefan, sondern der Zacherin.
»Danke für die Einladung!«, sagte ich höflich.
»Komm doch bitte mal mit, Hanna, ich möchte gerne mit dir sprechen!«
Ich folgte ihr in den Gastraum, der momentan so gut wie leer war. Wir setzten uns an einen Tisch am Fenster.
»Wie geht es deiner Mutter?«, fragte Zenta mich und schaute mir dabei tief in die Augen. Ihre Augen hatten mich schon als Kind fasziniert. Sie hatten unterschiedliche Farben. Das linke Auge war grün mit kleinen grauen Flecken, das andere hellgrau.
»Der geht es gut.«
»Sie war früher oft bei mir. Zusammen mit dir. Erinnerst du dich?«
Ich nickte. »Sie hat nochmal geheiratet und ein Mädchen bekommen.«
»Das weiß ich alles, Hanna. Ich wusste es schon vorher.«
»Vorher?«, fragte ich und ahnte, dass sie mit »vorher« vor dem Tod meines Vaters meinte.
»Hast du in den Karten gesehen, dass mein Vater so früh sterben wird?«, fragte ich atemlos.
»Über den Tod darf ich nicht sprechen. Aber über die Liebe. Ich habe ihr gesagt, dass sie noch einmal eine große Liebe finden wird.«
Und das war so. Dieter und Mama waren ein wundervolles Paar.
Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf.
»Kannst du mir auch die Karten legen?«
Sie lächelte.
»Auf diese Frage habe ich gewartet. Du willst wissen, ob du deinen Traummann heiraten wirst.«
»Ja, und ob …«, ich traute mich nicht weiterzusprechen.
»Und ob es einer der Männer ist, die sich auf dein Inserat gemeldet haben?«
Ich war baff. Woher wusste sie, dass ich das wissen wollte?
Obwohl … wenn sie das mit dem Inserat und meinen Heiratsplänen wusste, wie so ziemlich jeder im Ort, konnte sie ja eins und eins zusammenzählen. Das war keine Hexerei.
Die Zacherin griff in ihre kleine Handtasche und holte einen Satz Tarotkarten heraus.
»Wir werden sehen …«, sagte sie, während sie das abgegriffene Blatt sorgfältig mischte.
Sie ließ mich abheben und legte dann die Karten nacheinander in einem großen Rechteck aus. Eine Weile lang schaute sie auf das Blatt und sagte nichts. Ich wurde unruhig. Was las sie denn nur?
Plötzlich hob sie den Kopf und schaute mich seltsam an.
»Du wirst einen Mann heiraten, der sich nicht auf dein Inserat gemeldet hat.«
»Nicht auf das Inserat …?«, fragte ich und spürte, wie mich schlagartig eine große Enttäuschung überkam. Alex würde damit wegfallen.
»Die Entscheidung für den richtigen Mann wird dir sehr schwer fallen. Und du kannst sie auch erst dann treffen, wenn …«, sie verstummte.
»Wenn was?«, drängte ich sie, mir mehr zu erzählen.
Doch sie schüttelte den Kopf.
»Das darf ich dir nicht sagen, Hanna«, meinte sie bedauernd.
Wie? Und das war es dann jetzt mit ihrer Wahrsagerei? Sie konnte mir doch nicht einfach so vor den Latz knallen, dass der einzige Mann, der mich interessierte und in den ich verliebt war, nicht in Frage kam?! Und wo bitteschön sollte
Weitere Kostenlose Bücher