Hoehenfieber
reichen, um ihm die Gewissheit des Versagens mit in den Tod zu geben, ehe sein Körper im Inferno zerfetzt würde?
Er wünschte sich Quinn an seine Seite. Könnte er sie in den Armen halten, seine Stirn an ihre pressen, ihren Atem auf seinen Lippen spüren, würde ihm der endgültige Abschied vom Leben keinen Schmerz bereiten.
Wie viel schöner es allerdings wäre, noch viele Jahre mit ihr gemeinsam zu verbringen, wagte er sich nicht auszumalen. Die vergebliche Hoffnung würde ihn innerlich so zerreißen, wie es die Explosion jeden Moment mit seinem Körper tun würde.
Die Zeit zog sich wie Kaugummi. Rannen Sekunden oder Minuten an ihm vorüber? Befand er sich schon in dem Tunnel, an dessen Ende Sterbende ein helles Licht erwarten sollte? Noch immer fühlte er sich wie volltrunken an einem steilen Abgrund entlangtorkeln. Der Schwindel wollte einfach nicht nachlassen.
Er versuchte, sich aufzurichten. Augenblicklich trat ihm kalter Schweiß auf die Stirn. Warum konnte er sich nicht bewegen? Sein Oberkörper gehorchte keinem Befehl, den das Gehirn erteilte.
Virge versuchte, die Beine an sich zu ziehen. Nichts. Nicht einmal den kleinen Finger schaffte er, zu bewegen.
Das Gefühl von Panik verstärkte sich, raubte ihm den Atem.
Plötzlich fühlte er sich wie ein Tier, das von einem Augenblick auf den anderen der Freiheit entrissen in einem viel zu engen Käfig zu sich kam. Sein Geist tobte und rebellierte, versuchte, die unfassbare Erkenntnis zu verarbeiten.
Er war von Kopf bis Fuß gelähmt.
Hatte er sich bei dem Sturz das Rückgrat verletzt?
Virgin öffnete den Mund, um dem Schrei, der sich tief aus seinem Brustkorb drängte, Raum zu geben. Kein einziger Ton entwich seinen geöffneten Lippen. Anstelle dessen spürte er, wie ihm Speichel aus den Mundwinkeln lief.
Er schloss und öffnete die Lider. Warum funktionierte das, aber kein anderer Bewegungsimpuls? Verzweifelt blickte er nach rechts und links, nur sein Kopf folgte den Bewegungen der Augen nicht. Alles in ihm schrie in dem vergeblichen Versuch, eine Regung zu erzwingen oder einen Ton herauszubringen.
Der Boden des Flugzeuges erzitterte. Geräusche, die Virgin bisher nur dumpf, beinahe unterbewusst, wahrgenommen hatte, verstärkten sich. Wieder versuchte er, den Kopf zu heben; wieder ohne Erfolg.
Seine Augen brannten, doch sie fühlten sich trocken an – wie ausgebrannt. Die sengende Hitze in seinem Inneren, die er mit immer stärkerer Konzentration zum Lodern gebracht hatte, während frostige Kälte durch seine Handflächen geflossen war, hatte schon seit seinem Sturz schlagartig nachgelassen. Zurück blieb ein ähnliches Gefühl wie das auf den Augäpfeln: ausgebrannte Leere.
„Virgin!“ Dix kniete neben ihm nieder, hob seinen Oberkörper an und zog ihn auf den Schoß. „Virge, hörst du mich?“
Zuerst versuchte er automatisch, ein „Ja“ hervorzubringen, im nächsten Moment ein Nicken. Als auch das scheiterte, schlug er die Lider nieder und öffnete sie wieder.
Dix verstand die Geste sofort. Sein blasses und leicht bläulich verfärbtes Gesicht verlor vollends an Farbe. Ein Maskenbildner beim Film für einen Zombiestreifen wäre arbeitslos geworden.
„Holy cow!“
Durch die erhöhte Position auf Dix’ Beinen gelang es Virgin, den Gang entlangzublicken. Sein Herz schlug schneller, als er Nash erkannte, der Quinn auf den Armen trug. Gleich hinter ihm folgte Vanita, gestützt von einem der Sky Marshals.
Oh Gott! War Quinn okay? Warum schaffte sie es nicht, auf eigenen Füßen zu laufen? Das konnte nur bedeuten, dass er sie umgebracht hatte. Sein Aufstöhnen blieb wie ein Kloß in seinem Hals stecken, lähmte seine Atmung, bis ihm schwarz vor Augen wurde.
Fuck, fuck, fuck! Er durfte nicht schlappmachen. Obwohl er spürte und wusste, dass er am Ende seiner Kräfte war, versuchte er, noch einmal Energie zu sammeln. Es musste nur zum Weiteratmen reichen.
„Atme, verdammt!“ Dix schlug ihm rechts und links ins Gesicht.
Es schmerzte nicht. Er fühlte überhaupt nichts mehr. Nervenzellen, die ihm eben noch die Vibrationen übermittelt hatten, stellten sich tot. Das musste sein endgültiges Ende sein. Wie lange hielt das Gehirn ohne Sauerstoff durch? Zwei Minuten?
„Atme!“
Atme !, befahl er sich selbst.
Das Torkeln geriet zu einem Schlingern, riss ihn in einen Strudel, trieb ihn über den Abgrund, hinab in tiefste Schwärze.
Ein Körper drückte sich an ihn. Jemand strich ihm über die Wange, tupfte den Schweiß von seiner
Weitere Kostenlose Bücher