Hoehepunkte der Antike
philhellenische Haltung bekannt waren, wie Nero (54–68 n. Chr.) und Hadrian (117–138 n. Chr.),
engagierten sich für Delphi. Ohnehin lässt sich ein Aufschwung der Orakelstätten im 2. nachchristlichen Jahrhundert feststellen.
Erst die Maßnahmen des christlichen Kaisers Theodosius I. in der Zeit nach 391 n. Chr. bewirkten, dass Delphi geschlossen
wurde. Neben dem Christentum, das langfristig keine anderen Kulte dulden konnte und das in den Orakelstätten einen Hort des
Widerstands gegen die Christianisierung erkannte, ist auf den Herrschaftsanspruch der spätantiken Kaiser zu verweisen, die
jegliches Wissen um die Zukunft für sich beanspruchten und alle, die selbständig Weissagung betrieben, mit Strafe, Folter
und Tod verfolgten.
In der Antike hob sich Delphi durch sein berühmtes Orakel, die prachtvollen Weihgeschenke und seine Funktion als Zentralort
von allen anderen Stätten der Mittelmeerwelt ab. Die einzigartige Lage am Berghang prägte den Ort. So betonte auch Pausanias,
wie beschwerlich der Weg nach Delphi war (Pausanias 10,5,5). Von den steil aufragenden Felsen der Phaidriaden stürzten mehrfach
Felsbrocken in das Areal des Heiligtums; möglicherweise reflektieren die Mythen über den Omphalos und den Stein, den Kronos
ausgespien hatte, das Erlebnis eines Felsabgangs. Suchen wir nach anderen berühmten Bergen des antiken Griechenland, so ist
zum einen der mit 2911 Meter höchste Berg Griechenlands zu nennen, der Olymp, zum anderen der Berg Ida auf Kreta, an dem Zeus
seine Kindheit verbracht haben soll; mit einer Höhe von 2456 Meter ist der Berg Ida genau um einen Meter niedriger als der
Parnassos. Delphi war nicht nur die bedeutendste Orakelstätte der griechischen Welt, sondern dürfte auch das am höchsten gelegene
Orakel gewesen sein: In religiöser, kultureller, politischer und nicht zuletzt auch geographischer Hinsicht war Delphi einer
der Höhepunkte der Antike.
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|39| Vom Areopag zur Agora: Die Entstehung der Demokratie
CHARLOTTE HUBERT
Diese Geschichte fängt am Ende der Adelszeit Athens an. Die Stadt wurde in jener Epoche von einer Tyrannenfamilie beherrscht,
die herkömmlichen Institutionen wie Volksversammlung, Ämter und Adelsrat (Areopag) existierten noch, wurden aber von der Tyrannenfamilie
kontrolliert.
Griechische Helden
Die Hauptfiguren auf dem Weg, der die Athener von der Tyrannis zur Demokratie führte, zeigen ein klassisches Muster: Die Athener
glaubten nämlich, dass ihre Demokratie dem heroischen Akt eines Liebespaares zu verdanken sei. Ein älterer Liebhaber namens
Aristogeiton und sein jüngerer Gefährte Harmodios, beide aus hochadligem Geschlecht, auf der einen Seite und Hipparchos, einer
der attischen Tyrannen, ebenfalls verliebt in den jungen Harmodios, auf der anderen Seite. Aristogeiton fürchtete, seinen
Geliebten an den Tyrannen zu verlieren und zettelte zusammen mit seinen Freunden eine Verschwörung gegen die Tyrannen an.
Ziel war die Ermordung des Hipparchos, aber auch die seines älteren Bruders Hippias. Das große Stadtfest zu Ehren der Göttin
Athena, das so genannte Panathenäenfest, bot eine günstige Gelegenheit zum Losschlagen. Wie oft bei solchen Aktionen wurden
die Freunde verraten. Der Tyrann Hipparchos wurde zwar noch mit einem Dolch erstochen, doch sein Bruder Hippias blieb am Leben
und rächte sich grausam an den Verschwörern. Erst einige Jahre später, als die Spartaner mehrmals eine militärische Invasion
nach Attika führten, konnte das Tyrannenregime gestürzt werden (510/09 v. Chr.). Obwohl so eigentlich die Spartaner die Entwicklung
ins Rollen brachten, die Athen dann zur Demokratie führte, glaubten die Athener selbst, dass das Liebespaar Harmodios und
Aristogeiton ihnen die Demokratie gebracht |40| habe: Sie ehrten sie in Trinkversen, die Nachkommen genossen noch Verehrung und vor allem errichtete man den beiden – die
man dann die Tyrannentöter nannte – verschiedene Denkmäler. Das berühmteste ist die von den Bildhauern Kritias und Nesiotes
477/76 v. Chr. errichtete, in römischen Marmorkopien erhaltene Statuengruppe. Sie wurde auf der Agora aufgestellt, jenem zentralen
Wohnort und Marktplatz am Fuße des Burgbergs Akropolis und des Areshügels, dem Sitz des Areopags. Seit dem Sturz der Tyrannen
verlagerten sich die bürgerlichen und politischen Tätigkeiten der Athener: Auf der Agora versammelte sich der Rat der Fünf
hundert, das zentrale
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