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Hoehepunkte der Antike

Titel: Hoehepunkte der Antike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Brodersen
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Regierungsorgan der Demokratie, dort fanden die zahlreichen Gerichtsverhandlungen statt, die die Zeitgenossen
     später als das Kernstück des demokratischen Lebens in Athen betrachteten.
    Es war den Athenern sicher nicht angenehm, dass sie ihre Tyrannen nicht aus eigener Kraft verjagt hatten, sondern vielmehr
     erst die Spartaner zu Hilfe kommen mussten, um dies zu vollbringen. Ein romantisches Liebespaar, unglücklich und grausam ermordet,
     befriedigte demgegenüber die antike Sehnsucht nach Helden, nach heroischem Mut, und so kamen Harmodios und Aristogeiton den
     Athenern sehr zupass. Überhaupt ist die athenische Geschichte in der Epoche ihrer Höhepunkte – gemeinhin Klassik genannt –
     erstaunlich voll von unglücklichen Helden. Es sind die großen Figuren, die erfolgreichen Feldherren und Politiker, die stürzen,
     die zu Verrätern und Abtrünnigen werden und sich mit dieser Ambivalenz durch die Geschichten und Geschichtsbücher quälen:
     Kleisthenes, der große Reformer, sehr schnell von der politischen Bühne verschwunden, vielleicht sogar ein Kollaborateur des
     persischen Feindes. Miltiades, Retter der Athener in der Schlacht bei Marathon, stirbt elendiglich in einem attischen Kerker.
     Themistokles, der mit Genie und List bei Salamis nicht nur das Volk von Athen, sondern alle Griechen vor der barbarischen
     Knechtschaft bewahrt hatte, wird als vogelfreier Verräter von seinen Mitbürgern durch ganz Griechenland gejagt, bis er bei
     dem persischen Erzfeind wohlwollende Aufnahme findet. Themistokles, Aristeides, Perikles, Alkibiades – früher oder später
     sind alle diese glanzvollen Herren von ihren Feinden und Neidern, am Ende aber doch vor allem von der breiten Masse des attischen
     Volkes in der Volksversammlung und vor Gerichten als Verräter und Betrüger verurteilt und verbannt worden.
    |41| Trotzdem treten gerade sie als die Protagonisten in unseren Quellen auf, die die attischen Bürger aus einer aristokratisch
     geprägten Lebenswelt in die Demokratie, die Herrschaft des Volkes, führen. Am Anfang gab es alles andere als die Aussicht
     auf Erfolg: Sparta lauerte auf der einen Seite, die Perser auf der anderen. Die Schnelligkeit war damals wie heute in der
     Rückschau der Historiker atemberaubend: Vom Sturz der Tyrannis bis zur unumschränkten Herrschaft der Athener in und um die
     gesamte Ägäis, von den ersten Schritten der Demokratie bis zur voll entwickelten Herrschaft der Masse vergingen gerade einmal
     fünfzig Jahre!
    Die eigentlichen Umwälzungen, die Athen so nachhaltig veränderten, begannen erst in den Jahren, als die Spartaner die Tyrannen
     zum Abzug aus Athen gezwungen hatten und anfingen, sich in Athen festzusetzen. Der Kopf der Reformen war Kleisthenes, ein
     Adliger aus der uralten Familie der Alkmeoniden, einer der ältesten attischen Adelsfamilien. Diese Familie hatte seit dem
     6. Jahrhundert v. Chr. immer wieder die Geschicke Athens bestimmt und auch Kleisthenes selbst hatte schon lange eine maßgebliche
     Rolle in Athen gespielt, sei es in Kooperation mit den Tyrannen, sei in Gegnerschaft zu ihnen. Er hatte die Spartaner zu ihren
     Aktionen veranlasst und versuchte nun, seine Führerschaft in Athen fest zu etablieren. Dies gelang ihm nicht, er unterlag
     bei der Wahl zum höchsten Amt, dem Archontat, einem adligen Mitbewerber, dem ansonsten völlig unbekannten Isagoras. In diesem
     Moment wird ein entscheidender Wendepunkt in der athenischen Geschichte sichtbar: Kleisthenes hat diese Niederlage nicht hingenommen,
     sondern – wie es in den Quellen heißt – sich mit dem attischen Volk verbündet. Das politische Programm, das er in dieser Auseinandersetzung
     präsentierte und das in den folgenden Jahren zügig realisiert wurde, war die so genannte Kleisthenische Phylenreform.
    Isagoras versuchte offensichtlich eine Art elitärer Adelsherrschaft einzurichten mit einer Begrenzung aller politischen Privilegien
     auf 300 seiner Anhänger. Die Tendenz dieser Politik wurde besonders deutlich, als Isagoras sich während der Auseinandersetzung
     zusammen mit den Spartanern auf der Akropolis verschanzte und in bewährter Manier versuchte, wie die Tyrannen sein Regime
     von dieser Burgfestung aus aufrechtzuerhalten.
     
     
    |42| Die Reform des Kleisthenes
     
    Es war Kleisthenes, der, nachdem er in dem politischen Wettkampf schon unterlegen war, die überaus folgenreiche Wendung in
     seiner Politik vollzog. Er versuchte mit einer neuen Konzeption das Volk von Athen im

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