Hoehepunkte der Antike
Anspruch erkennen: Für beide Gebäude werden dorische Säulen verwendet,
eine Säulenform, die bis dahin den sakralen Bauten vorbehalten war. Wir sehen hier die ersten einer langen Reihe von grandiosen |44| Bauten einer spezifischen, öffentlichen Architektur in Athen, die nur noch öffentlich-politische Funktionen haben (Dionysos-Theater,
Odeion, Parthenon, Propyläen). Der religiöse Kontext wird nicht ganz aufgelöst, denn die rituell-kultische Einbindung der
Politik blieb in der gesamten Antike bestehen. Aber es entsteht nicht nur politisch und ideell ein neues Zentrum: Mit dem
Haus für den Rat der Fünf hundert ist auch ein Gravitationszentrum der Demokratie geschaffen worden.
Athenische Sieger und weibliche Perser
Man sieht in der politischen Entwicklung Athens deutlich, wie zunehmend die Frage nach der Macht innerhalb der Polis-Bürgerschaft
hervortritt. Die große Auseinandersetzung mit den Persern, die unter der Führung von Athen und Sparta zurückgeschlagene Invasion
des Perserheeres in Griechenland, brachte hier die entscheidende Wende. Der Sieg bei Marathon 490 v. Chr. wurde von den Athenern
allein gewonnen. In offener Feldschlacht stürzten die bronzegepanzerten attischen Soldaten (Hopliten) unter der Führung des
Miltiades gegen die persischen Truppen, metzelten sie nieder und drängten den Rest ins Meer. Danach erst – einen Tag zu spät
– kamen die Spartaner zu Hilfe: vergebens, denn Athen hatte aus eigener Kraft einen der ruhmreichsten Siege der Antike errungen.
Danach zeigten sich in Athen innen- und außenpolitisch neue Tendenzen. Wahrscheinlich schon vor der Schlacht bei Marathon,
ganz sicher aber danach haben die Athener mit einem gewaltigen Flottenbauprogramm begonnen, um sich für den erwarteten, erneuten
Großangriff der Perser zu rüsten. Als dieser dann zehn Jahre nach Marathon tatsächlich erfolgte, war die gewaltige attische
Flotte, 200 Schiffe, die regulär eine Besatzung von etwa 40 000 Ruderern erforderte – eine für damalige griechische Verhältnisse nie da gewesene Größe –, die Grundlage für den berühmten
Seesieg bei Salamis über die persische Flotte. Die Initiative hierzu, nicht nur für das Flottenbauprogramm, sondern für die
Gesamtstrategie der Ausrichtung auf eine Seemachtspolitik, ging auf Themistokles zurück. Man kann in ihm gut den Vertreter
eines neuen Selbstbewusstseins sehen: ganz eng gebunden an die hervorragende Rolle Athens bzw. seiner Flotte in dem Kampf
gegen die Perser, nicht nur 480 v. Chr. bei Salamis, sondern auch und vor allem in der folgenden |45| Zurückdrängung der Perser aus der Ägäis und den ionischen Griechenstädten in Kleinasien.
Der Kontrast zu den Persern – öfter als verweichlichte, weibische Asiaten und Barbaren bezeichnet und gern in Frauenkleidung
dargestellt – diente zur Herausarbeitung dieser spezifischen Eigenschaften: Der Kampf gegen die Tyrannis, die Bewährung im
Krieg trotz der schlechteren Voraussetzungen, das mannhafte Ertragen von Armut und Härten sind die Charakteristika dieses
neuen Selbstbewusstseins in Athen, das sich in der erfolgreichen Abwehr und Bekämpfung der Perser entwickelt und bestätigt
hat. Die Auseinandersetzung mit den Persern war das entscheidende Moment in der Entwicklung der demokratischen Ideologie Athens.
Einerseits war die persische Tyrannis das perfekte Gegenbild, an dem sich das neue Selbstbewusstsein des attischen Volkes
hochstilisieren konnte, andererseits gaben die Siege über die Perser den Athenern und ihrer im griechischen Raum recht neuartigen
Verfassung die entscheidende Legitimation. Innenpolitik wurde durch Außenpolitik bestätigt.
Eine besondere Wendung nimmt dabei das Schicksal des Themistokles. Er hatte die Grundlagen für den Sieg bei Salamis gelegt,
ja wahrscheinlich geht der Plan auf ihn zurück, die Perser mit ihrer Flotte in den Sund zwischen der Insel Salamis und dem
attischen Festland zu locken, wo man die persische Flotte vernichtend schlug. Einige Jahre nachdem er von allen Griechen triumphal
gefeiert worden war, verbannten ihn seine Mitbürger allerdings. Durch weitere Missgunst verfolgt, musste er schließlich nach
einer abenteuerlichen Flucht quer durch Griechenland bei dem Sohn und Nachfolger des von ihm geschlagenen Perserkönigs um
Asyl bitten. In Magnesia am Mäander verbrachte er schließlich, hoch geehrt von seinen ehemaligen Feinden, seinen Lebensabend.
Scherben als
Weitere Kostenlose Bücher