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Hoehepunkte der Antike

Titel: Hoehepunkte der Antike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Brodersen
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Machtkampf mit Isagoras auf seine Seite
     zu ziehen. Ziel dieser neuen Konzeption, die man als
isonomia
bezeichnete, war eine gerechte Verteilung der politischen Macht, d. h. eine Verteilung auf alle Bürger. Konkret bedeutete
     dies wohl eher auf eine größere Menge der Bürger als bis dahin. Allerdings wurde die gesamte Bürgerschaft grundlegend neu
     organisiert. Dies führte vor allem zu einer neuen politischen Geographie Athens. Kleisthenes richtete zehn Phylen ein, Bezirke,
     die man mit Landkreisen vergleichen könnte – der Vergleich hinkt etwas; es wird gleich gesagt werden, warum – und die nun
     nicht mehr von den alten Adelsgeschlechtern dominiert wurden.
    Die Basis und kleinste Einheit bildete die Gemeinde, die Deme, –
demos
bedeutet im Griechischen sowohl Volk als Gesamtvolk als auch Dorf bzw. Gemeinde – kleine, lokale Einheiten, Dörfer, von unterschiedlicher
     Größe. Diese Einteilung in Demen betraf die Stadt Athen und das umliegende Land von Attika gleichermaßen. Wir wissen nicht,
     wie viele solcher Dörfer es zu Kleisthenes’ Zeiten in Attika gegeben hat. Jedenfalls hatten sie eigene Versammlungsorgane
     und Beamte und konnten sich somit in unabhängiger Eigenregie verwalten.
    Diese Dörfer wurden in den Phylen zusammengefasst. Weiterhin schuf Kleisthenes dreißig Unterabteilungen, die so genannten
     Trittyen („Drittel“), von denen jeweils drei einer Phyle zugeordnet waren. Wie viele Demen auf eine Trittys/ein Drittel kamen,
     war unterschiedlich und hing wohl von der Größe der Demen ab. An dieser Zusammensetzung der Trittyen zeigt sich, warum der
     Vergleich mit den Landkreisen hinkt: Eine Phyle setzte sich nämlich aus drei Trittyen, drei Teilen zusammen, wobei jedes Drittel
     zu einer anderen geographischen Region Attikas gehörte. Diese drei Regionen waren die Stadt, die Küste und das Landesinnere.
     Die Drittel lagen z. T. weit auseinander, manche durch Bergzüge getrennt. Es wäre etwa so, wenn man einen Landkreis aus einem
     Stadtteil Münchens, einer Region Oberbayerns und einer Region Niederbayerns zusammensetzen würde oder auch: aus einer Region
     Oberbayerns, einer hessischen und einer brandenburgischen. Daran ist |43| gut zu erkennen, warum der Begriff Landkreis, also der rein regional abgegrenzte Bezirk, nicht auf die Phyle zutrifft. Diese
     Zusammensetzung aus Phylen und Trittyen war ein hochkompliziertes, organisatorisch die Regionen nach einem Zahlprinzip vermischendes
     Gebilde, das die politischen Formen der attischen Demokratie für die folgenden Jahrhunderte entscheidend prägen sollte.
    Die Wahlen zu dem politischen Zentralorgan, dem Rat der Fünf hundert, liefen entsprechend nach repräsentativem Grundsatz von
     unten nach oben: über eine Vorwahl der zehnfachen Zahl der benötigten Ratsmitglieder in den Demen (nach Trittyen zusammengefasst)
     und eine Auslosung der eigentlichen Zahl aus den Vorgewählten nach Phylen. Am Ende dieses Auswahlverfahrens stellte jede der
     zehn Phylen fünfzig Ratsmitglieder. Da sich die fünfzig aber nicht nur aus den Demen, sondern aus den Demen innerhalb der
     Trittyen rekrutierten, also aus den Dritteln der drei Regionen, waren immer auch die Regionen Stadt, Binnenland und Küste
     gleichmäßig in das repräsentative System integriert.
    Die attischen Bürger waren so einerseits fest an ihre Demen gebunden – im Gegensatz zur früheren Bindung an Abstammung und
     Adelsherren. Andererseits verhinderte die Vermischung der Regionen in den Phylen eine Ausprägung politischer Parteien, die
     sich auf bestimmte ökonomische, geographische oder aristokratische Privilegien stützen konnten.
    Die soziale und regionale Bindung des Einzelnen lag ausschließlich in seiner Gemeinde, demgegenüber wird die Stadt zum politischen
     Zentrum. Die Zentralorgane befinden sich dort, die politischen Entscheidungen werden dort getroffen, auch die religiösen Akte,
     soweit sie die politische Gesamtheit der Bürger betreffen, werden dort durchgeführt, genauer gesagt: auf der Agora. Während
     die Akropolis zunehmend auf religiöse Festakte reduziert wird, konzentrieren sich die neuen Aktivitäten der attischen Bürger
     auf der Agora. Neben anderen Gebäuden errichtet man nun zum ersten Mal regelrechte Amtsgebäude: einen Versammlungsort für
     den Rat der Fünf hundert und die so genannte Königliche Stoa (
Stoa Basileios
) für die Amtshandlungen des höchsten Archonten (
Archon Basileus
). Die Ausstattung dieser Gebäude lässt einen neuen

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