Hoehepunkte der Antike
Regionen,
insulae
und Nummerierung der Hauseingänge zurück.
Nach der sechsten Welle am Morgen des 25. August nach acht Uhr kam eine fahle Sonne zum Vorschein, die Erdstöße hielten noch
an. Die Landschaft war „mit einer hohen Ascheschicht wie mit Schnee bedeckt“ (Plinius,
Briefe
6,20). Manche Menschen kehrten in den nächsten Tagen zurück, entweder um noch etwas von ihrer Habe zu retten oder um zu |187| plündern. Das Forum wurde wohl staatlicherseits abgeräumt, denn nicht ein einziges Reiterstandbild konnte entdeckt werden,
lediglich die Sockel blieben zurück. Rund 15 Jahre später schrieb der Dichter am Hofe Domitians, Publius Papinius Statius:
Dies, Marcellus, sei Dir an Neapels Ufern gesungen, wo der Vesuv noch immer verhaltenen Grimm in die Luft wirft, wenn er,
den Flammen des Ätna gleichend, Brände erzeuget. Werden, o Wunder, Geschlechter, die kommen dereinst es wohl glauben, wenn
dann von neuem die Saat, wenn wieder die Wüstung wird grünen, dass darunter verschüttet liegen Städte und Völker, dass Fluren
der Ahnen zur
Gänze im Schlamm hier versanken. (Statius,
Silvae
4,4,79–85)
Die verschütteten Städte und Menschen bewahrten für die nachgeborenen Generationen einen unermesslichen Schatz an Funden des
alltäglichen Lebens, nicht aber eine Momentaufnahme des Alltags. Die ausgegossenen Opfer zeugen von der Not im Schrecken des
Untergangs, ihrer Art der Bewältigung, ihrem Gemeinschaftsgefühl und ihrer Einsamkeit im Sterben.
Alltag in einer römischen Stadt
Um den Alltag einer römischen Stadt, aber auch den Tod der Menschen für uns heute vorstellbar zu machen, soll als Beispiel
ein von Straßen umschlossenes Wohnquartier (
insula
) näher betrachtet werden. Es ist dies die
insula
10 in der
regio
I, in deren Mittelpunkt das so genannte Haus des Menander liegt. Es steht exemplarisch für ein reiches Wohnhaus mit seinem
Lebensstil, seiner Infrastruktur, seiner sozialen Vielfalt und seinen finanziellen Möglichkeiten. Seinen Namen erhielt es
durch ein Fresko in einer Nische des Peristyls, das den griechischen Dichter Menander darstellt. Die
insula
wurde zwischen 1926 und 1932 ausgegraben. Die im nachstehenden Text in Klammern gegebenen Zahlen beziehen sich auf den publizierten
Plan des Hauses (s. Seite 189).
Die Front des Hauses war durch ihre Bemalung – weiß mit einem durchlaufend roten Sockel mit Quaderung – deutlich abgrenzt
von den Nachbarn. Neben dem Haupteingang (I) besaß das Haus noch zwei weitere Eingänge (II und III), aber ohne Verbindung
zur
domus
. Der Haupteingang |188| öffnete sich auf einen hohen, schmalen Gang (
fauces
), der in das Atrium, einem nach oben offenen Lichthof, führte. Das Dach neigte sich hier über einem Becken (
impluvium
) nach innen und war mit Wasserspeiern geschmückt (
compluvium
). Das aufgefangene Regenwasser wurde in eine Zisterne abgeleitet. Die Blickachse führte dann weiter zu einer Art Durchgangsraum
(
tablinum
), der durch einen Vorhang oder Schiebetüren aus Holz zum Atrium hin verschlossen werden konnte. In alten Zeiten stand hier
das Ehebett (
lectus genialis
), später diente es dem Hausherrn als Empfangszimmer.
Ein reicher Angehöriger der städtischen Elite, wie es der Besitzer dieses Hauses war, besaß immer eine mehr oder weniger große
Zahl von Abhängigen (
clientes
), die ihm für eine Vermittlung, ein Essen oder ein Körbchen mit Lebensmitteln (
sportula
) die Aufwartung machten. Sie warteten zur Morgenvisite auf den steinernen Sitzbänken links und rechts vom Portal. Ein Portier
(
ostiarius
), dem ein eigener Raum (1) zur Verfügung stand, ließ die Wartenden ein. Sie wurden entweder im
tablinum
empfangen oder begleiteten ihren Patron durch die Straßen zum Forum, um so sein Ansehen zu erhöhen. Ebenfalls der Repräsentation
diente die Zurschaustellung des Reichtums im Atrium, sei es durch massive Truhen, sei es durch das auf einem Tisch am Impluvium
ausgestellte Familiensilber. Reichtum und Ansehen garantierten Einfluss oder eine erfolgreiche Politik in der Stadt.
Mit der Wandbemalung der Repräsentationsräume dokumentierte der Besitzer seine Bildung und seinen Geschmack. Dies zeigt z.
B. der offene Raum links, genannt
ala
(2), mit Szenen vom Ende Troias. Fußboden- und Wandgestaltung stehen generell für einen exquisiten Lebensstil, der ein bestimmtes
Lebensgefühl zum Ausdruck bringt. Die von den Reichen vorgelebten Dekorationen waren auch für die so
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