Höhepunkte
mit einem Mund so schwarz und so groß, mit Augen so voller Wollust, mit Füßen, die lautlos über das Kopfsteinpflaster huschen, mit Armen, die sich um seinen Hals legen, und mit einer rauhen, sanften Stimme, die in sein Ohr flüstert: »Ach, Liebster. Ach schau... der Mond. Ach sieh nur, wie ich zittere...«
»Brauchen Sie etwas?« fragte Renata, die sich über das lange Schweigen der Baronessa allmählich wunderte und der es peinlich wurde, so betrachtet zu werden, so ohne Scham, mit diesem besonderen Lächeln, das die Baronessa in den Augen hatte.
»Ein Brot«, sagte die Baronessa schnell. Sie deutete auf eines der Brote, die aus ungesalzenem Weizenmehl gebacken waren, aber eine dunkle, fast schwarze, harte Kruste hatten, unter der das Innere um so heller, um so feuchter und lockerer war. »Keiner macht diese Brote wie dein Carlo, Renata. Sein Vater war lange nicht so ein guter Bäcker.«
Renata nickte. »Ein Brot oder zwei?«
»Ich nehme gleich zwei. Gib her. Ich trage sie in diesem Korb. Vera hat heute so viel zu tun, da habe ich gesagt, ich gehe selbst. Es ist schön, einmal wieder ins Dorf zu kommen. Bei uns oben ist es jetzt ein wenig langweilig...« Sie schaute Renata an und glaubte, für einen Augenblick ein Aufflackern in ihren Augen zu entdecken. »Es passiert so wenig. Den ganzen lieben langen Tag kein Mensch. Kein Fremder verirrt sich zu uns herauf. Höchstens am Abend ein oder zwei Leute. Mal ein Liebespärchen«, die Baronessa lachte leicht, als sie sah, wie Renatas Gesicht bleicher wurde. »Aber das interessiert mich nicht. Was gehen mich die Liebesgeschichten anderer Leute an? Da bleibe ich lieber in meinem Pavillon und zähle die Sterne.« Sie seufzte plötzlich, als sie Renatas großen festen Busen sah. »Obwohl es nicht leicht ist, auf einmal nur Zuschauer zu sein. Nur von der Erinnerung zu leben. Auch wenn sie noch so süß ist, die Erinnerung. Der gelebte Tag ist immer schöner als die schönste Erinnerung.« Sie nahm das Brot und sagte, fast schon im Hinausgehen: »Genieße dein Leben, Renata, genieße deine Jugend. Sei klug.«
Renata wollte etwas erwidern, aber ihr fiel nichts ein. Sie lief hinter der Baronessa her aus dem Laden und blieb, wie geblendet von der gleißenden Sonne, in der Türöffnung stehen, schaute zu, wie die Baronessa ihren Sonnenschirm aufspannte und zwischen den Radfahrern und Mopeds hindurch im Torbogen verschwand. »Was hat sie nur gewollt?« murmelte Renata. »Was hat das alles zu bedeuten?«
Carlo war auf einmal hinter ihr, legte ihr seine feste Hand auf die Schulter und sagte: »Eine komische Frau, die Baronessa. Wird immer verrückter, je älter sie wird. Kann sie nicht leiden, diese reiche Hure, die glaubt, sich alles kaufen zu können. Ihr Vater, ja, der war noch ein richtiger Grande! Der hatte noch Stil! Vor dem hat man sich noch in Ehrfurcht verbeugt! Aber sie«, er spuckte einmal aus, »sie ist nichts als eine verschrobene alte Frau.«
»So alt«, sagte Renata, »ist sie noch gar nicht. Vielleicht fünfzig, da gibt es Frauen, die sich noch sehr jung fühlen, in den Jahren...«
»Aber nicht so jung wie du, mein Vögelchen.« Von hinten umfaßte Carlo sie mit seinen großen, festen Händen, preßte ihre Brüste und drückte ihren prallen Hintern an sich. »Weißt du, daß ich jetzt gleich könnte?« Er atmete tief und schwer. »Was ist? Wollen wir nicht schließen? Jetzt kommt ohnehin keiner mehr!«
»Ach Carlo! Was für ein Unsinn! Mitten am Tag! Was soll deine Mutter sagen!«
»Meine Mutter! Meine Mutter! Immerzu kommst du mit meiner Mutter! Sie sitzt in ihrem Zimmer und strickt. Was soll sie sagen! Nichts wird sie sagen! Wir sind schließlich verheiratet, oder?« Als Carlo sie in den Laden zurückzog, bemerkte Renata, wie gegenüber ein Fensterladen klappte. Wieder einmal wurden sie beobachtet, wieder einmal spürte sie die neugierigen Blicke von Rosetta, ihre hellen, kalten Augen. Renata haßte Rosetta, haßte ihr dummes Geschwätz, mit dem sie die Frauen beim Einkäufen unterhielt, ein klatschsüchtiges Weib, dem nichts entging, was in Azzuro passierte.
Renata streckte die Zunge heraus, und sofort verschwand das Gesicht mit den strohgelben Haaren hinter der Gardine. »Ein schreckliches Dorf«, murmelte Renata, »ein Dorf, das nur aus Augen besteht, nur aus Spionen, aus Klatsch und Tratsch. Carlo, wenn wir in unser Zimmer gehen, schließe bitte die Fensterläden.«
»Alles, was du willst, cara mia«, flüsterte Carlo, der es eilig hatte. Als sie
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